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ForumDie Mütter und Väter der Wohnungsmisere

Forum / Die Mütter und Väter der Wohnungsmisere
 Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Die langandauernde Wohnungsmisere in Luxemburg ist nicht einfach vom Himmel gefallen, sondern wurde nachweislich durch gewichtige politische Entscheidungen eingeleitet und gefestigt. An erster Stelle steht die reaktionäre Stadtentwicklungspolitik der hauptstädtischen Entscheidungsträger während der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts. 

In der Tat, die Politikermannschaft um die Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) mit ihren Mitarbeitern im Hintergrund brachten das Kunststück fertig, dass, einmalig in Europa, die Wohnbevölkerung einer Hauptstadt abnahm. Durch eine offensichtliche und konsequente Missachtung der kommunalen Bauleitplanung und des Mietgesetzes kam es in vielen Stadtquartieren zur regelrechten Bevölkerungsverdrängung. Auf illegale Weise wurden tausende Wohnungen auf dem Hauptstadtgebiet in lukrativere Büroflächen umgewidmet, sodass die Bevölkerung zwischen den Jahren 1981 und 1991 von 78.900 auf 77.500 Einwohner zurückging.

Damit sich eine derartige Negativentwicklung nicht wiederholt, sollte zwingend für jede Stadt ein Stadtentwicklungsplan und für jede Ortschaft ein Dorfentwicklungsplan mit klaren Zielvorstellungen und einem siedlungspolitischen Maßnahmenkatalog erstellt werden, bevor der normative Bebauungsplan (PAG) in Ausarbeitung gegeben wird.

Zweiter im Bunde ist der ehemalige Innenminister Michel Wolter (CSV). Er ließ das Urbanisierungsgesetz von 1937 durch seine Mitarbeiterin, die Architektin Maryse Scholtes (LCR, dann LSAP), abschaffen und durch ein neues Regelwerk ersetzen. Eine kurze, flexible Satzung wurde durch ein komplexes, den Amtsschimmel reitendes Gesetz ersetzt. Co-Autor war offiziös der ehemalige Vorsitzende der staatlichen Planungskommission und spätere Distriktskommissar von Grevenmacher, der Jurist Jean-Pierre Sinner (LSAP). Was der Chose aber zum Verhängnis wurde, war die Tatsache, dass der Co-Autor Sinner gleichzeitig Berichterstatter des Gesetzesprojekts im Staatsrat war. So versteht es sich von selbst, dass die juristische Kakofonie, die das Gesetz vom 19. Juli 2004 über die Gemeindeplanung und die urbane Entwicklung wie einen roten Faden durchzieht, von der hohen Körperschaft unentdeckt blieb und das Projekt sang- und klanglos durch die Abgeordnetenkammer gepeitscht werden konnte.

Bislang musste das Gesetz bereits zehnmal abgeändert werden. Ein herber Schlag für die Wohnungswirtschaft, da alle Anstrengungen für eine rapide Wiederherstellung des Gleichgewichts von Angebot und Nachfrage an Wohnraum zunichtegemacht wurden. Noch fataler aber ist der Fakt, dass ein wertvolles Instrument des alten Gesetzes nicht in die neue Legislatur übernommen wurde. In der Tat, besagte Artikel 21 des Gesetzes vom 12. Juni 1937, dass der Entwurf eines PAP, auch noch Lotissement genannt, Folgendes begreift: „ein Bebauungsplan, ein Bauprogramm und ein Bedingungsheft für die Verkäufe oder Vermietungen“. Der Gemeinderat konnte demnach auch bei der Wohnungspreisgestaltung des Siedlungsentwicklers sein Wörtchen mitreden. Unverständlich, dass links kolorierte Politiker im Jahre 2004 auf ein derartiges wohnungsbaupolitisches Instrumentarium verzichteten, um heute lautstark und publikumswirksam nach der Mietpreisbremse zu schreien.

Letztendlich ist die Hortung von Grund und Boden durch Kommunen, allen voran die Stadt Luxemburg, und des Staates, insbesondere des Fonds Kirchberg, sowie die Genehmigungslethargie vieler Entscheidungsträger mitverantwortlich für die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt. Durch gezielte Interventionen der öffentlichen Hand in das Marktgeschehen hätte längst das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nach Wohnraum wiederhergestellt werden können. Dies gilt hauptsächlich für den sozialen Mietwohnungsbau, der lautstark von vielen Politikern foto- und telegen in Sonntagsreden gefordert wird – aber möglichst in der Nachbargemeinde.