Während Mario Mutsch und seine Jungs nach Spielschluss noch auf dem Platz feierten und begeistert von den Zuschauern applaudiert wurden, spielte der Stadionsprecher „We Are The Champions“ – und etwas schelmisch, „Football’s Coming Home“ lautstark durch das Wiltzer Stadion. Ganz so weit ist es noch nicht – denn die Konstellation der Gruppen ist derart komplex, dass keiner definitiv sagen konnte, ob es für die Endrunde jetzt schon reicht.
Die jungen „Roten Löwen“ begannen gut. Von Beginn an waren sie präsent und ließen sich nicht in die eigene Hälfte drängen. So entwickelte sich eine unterhaltsame erste halbe Stunde, da die „Three Lions“ ihrem Favoritenstatus gerecht werden wollten und permanent den Weg zum Tor suchten.
Obwohl die individuelle Klasse der Engländer unbestreitbar war, glichen die Luxemburger die spielerische Lücke durch bemühtes Anlaufen und cleveres Verschieben aus. So kamen die Jungs von Tom Curtis in der Anfangsphase kaum zur Entfaltung und Keeper Cardoso musste nur einmal gegen Mendel-Idowu eingreifen (5.). Luxemburg wurde mit dem weiteren Spielverlauf mutiger, Pereira traute sich aus 25 Metern und gab den ersten Torschuss für die Hausherren ab. Nicht ungefährlich für Manchester-City-Jugendtorwart Grant (21.).
Sechs Minuten später dann die Überraschung. Lohei zirkelte einen Freistoß nahe der Eckfahne in den englischen Strafraum, wo Agostinelli von seinem Gegenspieler Tezgel gefoult wurde. Schiedsrichter Nuza stand goldrichtig und entschied auf Strafstoß. Der 16-jährige Flick von der U17 der Frankfurter Eintracht schnappte sich den Ball, musste jedoch wegen einer Verletzungspause vier Minuten warten („Ich habe die ganze Zeit versucht, nicht auf den Torhüter zu schauen“, so Flick), um dann ganz cool zur Führung zu verwandeln (31.). England war geschockt. In dieser Spielphase lief bei den Gästen nicht viel zusammen. Im Gegenteil, die zahlreichen Zuschauer sahen noch eine gefährliche Offensivaktion der Luxemburger, Souchard mit einem Volleyversuch im Strafraum nach Flanke von Irigoyen (45.+3.). Das erste Anzeichen von Luxemburger Nervosität folgte jedoch zugleich. Nach einem Patzer von Keeper Cardoso bekam Tezgel den Ball auf dem Silbertablett serviert, aber der junge Engländer traf das leere Tor nicht (45.+4).
Die erste Chance direkt nach dem Seitenwechsel gehörte dem eingewechselten Alves. Keeper Cardoso hatte sich gut von seinem Fauxpas erholt und parierte stark (46.). Luxemburg schien auf die Druckphase der Engländer vorbereitet und setzte sensationell einen drauf. KSC-Spieler Souchard erhöhte in einem Eins-gegen-eins auf 2:0 (52.). Die Ereignisse überschlugen sich nun. England warf alles nach vorne, scheiterte jedoch mehrmals an Cardoso (66., 76. und 84.) oder an einem Verteidiger, der auf der Linie retten konnte (75.). Es sollte noch härter für die Inselbewohner kommen. Sie verloren in der Schlussphase die Nerven und beendeten die Partie mit nur neun Spielern.
Frankreich qualifiziert sich als Sieger der Gruppe 5 für die Endrunde in Israel im Mai. Luxemburg beendet die Gruppe auf Platz zwei und könnte zu den besten Gruppenzweiten gehören. Ob es reicht, wird sich herausstellen.
Stimmen
Mario Mutsch (Trainer Luxemburg): „Ich bin unheimlich stolz auf die Jungs und sie können auch stolz auf sich sein. Im Spiel gegen Frankreich haben wir uns auch bemüht, aber da hatten wir zu viel Respekt. Dann haben wir die Woche gut trainiert und konnten dagegenhalten. Auch spielerisch haben wir überzeugt und nicht andauernd lange Bälle gespielt. Sehr gut hat mir die Mischung gefallen, manchmal Kurzpassspiel, dann einen langen Ball, um die Linien auseinanderzuziehen. Für die Weiterentwicklung waren beide Spiele ein immenser Schritt nach vorne. Wir haben unseren Job gemacht, jetzt haben wir keinen Einfluss mehr auf das, was noch geschieht. Wie es auch ausgehen sollte und ob wir uns noch belohnen, ist nicht klar, aber wir arbeiten weiter und versuchen, die Spieler weiterhin auszubilden, damit Herr Holtz mal sagen kann, den einen oder anderen kann ich gebrauchen.“
Tim Flick (Luxemburg): „Wir haben versucht, mit Ballbesitz zu spielen und haben früh gemerkt, dass das Spiel in die Tiefe gut klappt und wir mit schnellem Passspiel mithalten können. Wenn es mit der Qualifikation klappt, wäre das sensationell. Das würde uns alles bedeuten, wenn wir Luxemburger Fußballgeschichte schreiben könnten!“
Statistik
Luxemburg: Cardoso – Irigoyen, Agostinelli, Ikene, Lohei (90.+6 Moreira) – Afonso, Flick – Lima, Machado, Souchard – Pereira
England: Grant – Ogunneye (32. Scanlon), Samuels-Smith, Batty (69. Donley) – Castledine, Kyerematen (69. Ballard), Feeney, Mainoo, Mendel-Idowu (46. Alves) – O’Reilly (58. Gray), Tezgel
Schiedsrichter: Nuza – Selimaj (beide KOS), Haukasen (NOR)
Gelbe Karte: Afonso, Pereira, Machado, Souchard, Flick – Tezgel, Castledine
Rote Karte: Castledine (88. grobes Foulspiel), Donley (89. grobes Foulspiel)
Torfolge: 1:0 Flick (31., Foulelfmeter), 2:0 Souchard (52.)
Zuschauer: 463 zahlende
Die Rechenspielchen
Bei den Verantwortlichen der U17 war die Freude über diesen 2:0-Erfolg natürlich riesengroß. Dass mit so einem Szenario nicht unbedingt gerechnet worden war, stellte sich bereits während des Duells gegen England heraus – als die Fragen über einen möglichen Einzug in die Endrunde losgingen. „Wir rätseln selbst noch“, gab Co-Trainer Jean-Claude Freichel lachend zu, als er sich nach Spielende bei Manuel Cardoni erkundigte. „Wir müssen abwarten.“ Die Komplikationen entstanden nämlich mit den UEFA-Sanktionen gegen Russland, das der Luxemburg-Gruppe 5 zugelost worden war. Damit alle Teilnehmer gerecht behandelt werden, hat der europäische Verband den Modus in allen Gruppen geändert: Neben den acht Gruppensiegern qualifizieren sich ebenfalls die besten sieben Zweiten für die Endrunde in Israel im Mai. Gewertet werden dafür allerdings nur die Duelle gegen den Gruppensieger und den Gruppendritten. Genau wie die „Roten Löwen“ haben beispielsweise auch die Türkei und Bulgarien in diesem Fall 3 Punkte gesammelt (bei einem Torverhältnis von +-0). Die Gelben Karten sprechen allerdings gegen die Luxemburger. Eine Entscheidung könnte bereits am Mittwoch in der Gruppe 1 fallen, sollten die Niederlande gegen Griechenland gewinnen. Die Gruppe 6 wird dagegen erst ab dem 20. April ausgetragen. (chd)
Glückwünsche aus Zenica
FLF-Nationaltrainer Luc Holtz hatte am Dienstagmittag noch ein Telefonat mit U17-Trainer Mario Mutsch geführt. „Ich freue mich extrem für ihn, weil ich weiß, wie viel Arbeit dahintersteckt“, sagte der 52-Jährige. „Es sind schon ein paar Spieler im Ausland, so etwas gibt ihnen großes Selbstvertrauen. Am Mittwoch hat man nach der Niederlage gegen Frankreich gesehen, wie niedergeschlagen die Jungs waren. Dass sie so zurückgekommen sind, ist beeindruckend. Sollte es für die Endphase reichen, wäre das grandios, sie sollen das genießen!“
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