Anfänglich wollten die CFL-Oberen lediglich die Anpassungen der CFL-Gesellschaft an die Liberalisierungsrichtlinien der Europäischen Union in ihrem historischen Kontext darstellen. Glücklicherweise ließen sie sich überzeugen, die Entwicklungen im nationalen Eisenbahnwesen während der zurückliegenden 75 Jahre globaler anzugehen, auch wenn ein Hauptfokus auf der Liberalisierung im Güterverkehr und den dementsprechenden Entwicklungen liegt.
Liberalisierung im Eisenbahnbereich
Die europäischen Verträge gründen auf der freien und ungezügelten Konkurrenz, in praktisch allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen. Gemäß diesem liberalen Dogma und entsprechender Richtlinien wurden nach und nach die öffentlichen Dienstleistungsbetriebe in den einzelnen Ländern liberalisiert und privatisiert. Die nationalen Eisenbahnnetze wurden in der Folge der Konkurrenz geöffnet, die Gesellschaften aufgesplittert und zum Teil privatisiert. Die Folgen dieser Entwicklung sind hinlänglich bekannt. Im Gegensatz zum Anspruch der Europäischen Kommission, dass infolge der Liberalisierung die Transporte auf der Schiene zunehmen würden, ist das Gegenteil passiert. Viele Transporte, die vorher von den Eisenbahnen bewerkstelligt wurden, sind auf die Straße abgewandert. Bei den europäischen Eisenbahnen wurden viele Arbeitsplätze abgebaut und die Sozialbedingungen haben sich verschlechtert.
Sowohl in der digitalen Ausstellung als auch in dem zu erscheinenden Jahrbuch wird die Umsetzung der Liberalisierungsrichtlinien, auf nationaler Ebene, in den schönsten Farben dargestellt. Verschwiegen wird u.a., dass Anfang der 2000er Jahre ein Plan auf dem Tisch lag, um die CFL in insgesamt sieben Filialen aufzusplittern. Das Personalstatut der Eisenbahner wäre definitiv abgeschafft worden. Als Landesverband mobilisierten wir gegen diese Pläne und wir konnten den Syprolux überzeugen, sich 2003 an einem 24-stündigen Streik zu beteiligen. Die Organisation dieses Streiks war nicht einfach, da von Direktionsseite versucht wurde, diesen Streik als illegal darzustellen, was wir widerlegen konnten. Der Streik verlief äußerst erfolgreich, worauf die desaströsen Pläne in der Schublade verschwanden.
Eisenbahn-Tripartite
Der Streik bewirkte nicht nur die Rücknahme der Restrukturierungspläne, sondern auch eine Regierungsumbildung nach den Legislativ-Wahlen von 2004. Die DP war die Verliererin dieser Wahlen, was bewirkte, dass die LSAP ins Regierungsboot aufgenommen wurde und den Transportminister stellte. Die Voraussetzungen für Dreiergespräche über die Zukunft der Eisenbahn erschienen nun in einem weit positiveren Licht.
Allerdings konnten wir in dieser Tripartite-Runde unsere Vorstellungen nicht integral durchsetzen. Entsprechend den Vorschlägen einer französischen Beraterfirma forderten wir, dass die Kosten des Verschiebebahnhofs in Bettemburg sowie die Kosten für die Kontrolle der Züge, durch die Wagenmeister, vom Staat als öffentliche Dienstleistung übernommen würden. Dies hätte es ermöglicht, den Einzelladungsverkehr und die Bedienung der kleineren Kunden aufrechtzuerhalten. Der Güterverkehr über längere Distanzen hätte so in Zusammenarbeit mit den traditionellen Eisenbahngesellschaften aus den Nachbarländern organisiert werden können.
Dennoch war der Kompromiss, der in der Dreierrunde gefunden wurde, weitaus besser als die Restrukturierungspläne, die 2003 auf dem Tisch lagen. Die nationale Eisenbahngesellschaft blieb als integrierter Betrieb erhalten. Lediglich die Gütersparte wurde in eine gemeinsame Filiale mit der Stahlindustrie ausgelagert. Das Personalstatut konnte so für die Beschäftigten der Muttergesellschaft, Infrastruktur und Betrieb, abgesichert werden. Die neu Eingestellten bei CFL-Cargo erhielten ein privatrechtliches Statut, für welche wir einen Kollektivvertrag aushandelten.
Die Verlagerung Schiene Straße geht weiter
In Bezug auf den Gütertransport muss als positiv hervorgehoben werden, dass der Gütertransport beibehalten wurde, was anfänglich nicht offensichtlich war. Die CFL-Cargo hat auch im Ausland expandiert und dort Filialen gegründet. Im Inland wurden allerdings die kleineren Kunden aufgegeben, so dass sich diese Transporte auf die Straße verlagert haben. Aber auch was die Transporte der Stahlindustrie betrifft, ist feststellbar, dass immer mehr dieser Transporte auf die Straße abwandern. Dies betrifft u.a. den Arcelor/Mittal- Standort in Bissen, welcher früher regelmäßig mit der Schiene bedient wurde. Heute ist die Bedienung dieses Standortes mit Lastwagen zur Regel geworden. Dies, obwohl der Stahlkonzern zu 1/3 an der Cargo-Gesellschaft beteiligt ist und noch immer Staatshilfen erhält. Angesichts dieser Tatsachen wären politische Interventionen dringend geboten, ansonsten auch das Versprechen, den Eisenbahntransport, angesichts des drohenden Klimawandels zu fördern, als hohle Phrase angesehen werden muss. Aber vielleicht wollen auch verschiedene Politiker die Strecke zwischen Ettelbrück und Bissen abschaffen, um hier einer Fahrradpiste Platz zu machen.
* Der Autor ist ehemaliger Präsident des FNCTTFEL-Landesverbands
Als die Nordstrecke Anfang der 1980er Jahre auf der Kippe stand, war es leichter, Widerstand zu leisten. Heute geschieht der Abbau in kleinen Schritten ohne großes Aufhebens. Die Güterhöfe wurden der Reihe nach abgeschafft, und auch der Güterbahnhof in Luxemburg-Stadt ist mittlerweile Geschichte.
In Sandweiler-Contern fährt die Eisenbahn an einer großen Industriezone vorbei. Kein einziger Betrieb ist an die Schiene angeschlossen. Daran erkennt man, was die schönen Versprechen der Politiker wert sind.