Mittwoch31. Dezember 2025

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TschechienDie Regierung Fiala ist im Amt

Tschechien / Die Regierung Fiala ist im Amt
Tschechiens neuer Premierminister Petr Fiala Foto: Miln Kammermayer/AFP

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Seit dem Wochenende ist in Prag die neue Regierung unter Petr Fiala im Amt. Trotz etlicher Vorbehalte kam Staatspräsident Miloš Zeman nicht umhin, die Fünf-Parteien-Koalition zu vereidigen. Damit wurde der Agrar- und Medienmilliardär Andrej Babiš abgelöst. Der ANO-Chef könnte künftig noch mit juristischen Verfahren konfrontiert werden.

Das Tauziehen in Prag um die Bildung einer neuen Regierung hätte noch länger dauern können. Zur Überraschung vieler hatte am vergangenen Freitag Staatspräsident Miloš Zeman dann doch das Kabinett von Petr Fiala (ODS) auf seinem Sommersitz Schloss Lany vereidigt. Nun kann die Koalition aus fünf Parteien, Bürgerdemokraten (ODS), Christdemokraten KDU-ČSL, der neoliberalen TOP09 – die drei Parteien hatten als Bündnis SPOLU die Wahl für sich entscheiden können –, der Bürgermeisterpartei STAN und den Piraten, ihre Arbeit aufnehmen. Die bunte Koalition einigt zwei Dinge: zum einen die Gegnerschaft zur bisherigen Regierung bestehend aus ANO und Sozialdemokraten; zum anderen ihre bürgerlich-konservative Einstellung. Etliche Differenzen, zum Beispiel zwischen der ODS und den Piraten, werden die Koalitionäre beilegen müssen, wollen sie die Legislaturperiode erfolgreich überstehen.

An erster Stelle steht dabei die Bewältigung der vierten Coronawelle, die Tschechien ebenso im Griff hat wie die Nachbarstaaten. Aktuell liegt die Sieben-Tage-Inzidenz landesweit bei 704. Schon die Babiš-Regierung hatte eine Impfpflicht für alle Bürger über dem 60. Lebensjahr für den kommenden März avisiert. Der neue Gesundheitsminister Vlastimil Válek hatte zwar angekündigt, diese Pläne aufgeben zu wollen, doch angesichts einer sich ausbreitenden Infektionswelle mit der Omikron-Variante bleibt abzuwarten, ob die Anti-Covid-Maßnahmen im Lande nicht noch verschärft werden müssen. Unter den wirtschaftlichen Folgen hat das Land schon derzeit massiv zu leiden, es wird nicht die leichteste Aufgabe sein, diese zu konsolidieren.

Fiala setzte auf schnelle Kabinettsbildung

Angesichts der großen Herausforderungen setzte Wahlgewinner Petr Fiala auf eine schnelle Regierungsbildung. Bereits am Wahlabend, dem 9. Oktober, hatten sich Fiala und seine Partner vom Bündnis SPOLU für einen Wandel in Tschechien ausgesprochen. Dafür boten sie den im Parlament vertretenen Parteien STAN und Piraten Koalitionsgespräche an.

Doch Präsident Zeman – in gewohnt störrischer Manier – wollte die Regierungsbildung wiederum dem ANO-Chef Babiš anloben, als Vertreter der stärksten Einzelpartei bei den Parlamentswahlen. Der Agrar- und Medienmilliardär Andrej Babiš konnte im Abgeordnetenhaus jedoch keine Partner finden, mit denen er ein mehrheitsfähiges Kabinett hätte aufstellen können. Weder die bisherigen Koalitionspartner der Sozialdemokratie noch die Kommunisten, die die Minderheitsregierung Babiš II toleriert hatten, sind im neuen Abgeordnetenhaus vertreten.

So blieb Zeman, der sich ohnehin wegen einer chronischen Lebererkrankung seit geraumer Zeit im Krankenstand befindet, nichts weiter übrig, als den früheren Politikwissenschaftler Petr Fiala im November mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Noch Anfang Dezember versuchte Zeman die Kabinettsbildung zu torpedieren, indem er die Bestellung Jan Lipavskys (Piraten) zum neuen Außenminister ablehnte. Am vergangenen Montag suchte der neue Premier Fiala den Präsidenten zu einem entscheidenden Vieraugengespräch in Lany auf. Zuvor hatte Fiala Zeman mit einer Verfassungsklage gedroht, sollte der Präsident seinen Widerstand gegen die Ministerliste nicht aufgeben.

Tschechien übernimmt im zweiten Halbjahr 2022 die Ratspräsidentschaft in der EU. Bis dahin werden die europäischen Partner genau verfolgen, wie die neue Prager Regierung die vor ihr liegenden Aufgaben bewältigen wird. Wirtschaftlich wird sie das Problem der wachsenden Inflation bei ohnehin schon vorhandener Überziehung des Budgets zu lösen haben. Geplante Sparmaßnahmen könnten auf den Unmut in der Bevölkerung stoßen, da darunter auch dringende Sozialmaßnahmen fallen dürften. Ein weiteres vorrangiges Problem dürfte die Energiewirtschaft sein. Auch die neue Regierung setzt auf den Ausbau der Kernenergie, was nicht den Beifall der europäischen Nachbarn finden dürfte.