GIZ zahlt bleibewilligen afghanischen Ortskräften Jahresgehalt
Die deutsche Entwicklungshilfeagentur GIZ zahlt afghanischen Ortskräften, die das Land nicht verlassen wollen, ein Jahresgehalt im Voraus. Einen entsprechenden «Spiegel»-Bericht bestätigte das Entwicklungsministerium am Sonntag. Es machte aber auch deutlich, dass die afghanischen Mitarbeiter damit nicht zum bleiben gedrängt werden sollen.
Aus rechtlichen Gründen müssten sie zwar im Gegenzug versichern, sich nicht in das Programm für die Rückführung von Ortskräften aufnehmen zu lassen. «Sollten die Ortskräfte aber ihre Meinung ändern, insbesondere wenn sich die Gefährdungslage ändert, dann können sie sich immer noch auf die Ausreiseliste setzen lassen», sagte ein Ministeriumssprecher der Deutschen Presse-Agentur. (dpa)
Den britischen Angaben zufolge starben im Gedränge vor dem Airport bereits sieben Menschen. Der Sky-Reporters Stuart Ramsay sagte, einige der Menschen seien erdrückt worden. Viele Menschen in der Menge seien zudem «dehydriert» und hätten «große Angst».
Verteidigungsminister Wallace sagte der «Mail on Sunday», dass «keine Nation dazu in der Lage sein» werde, bis zur Frist am 31. August alle Schutzbedürftigen zu retten. Pessimistisch hinsichtlich des Schicksals tausender afghanischer Ortskräfte äußerte sich auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Bis Ende des Monats 60.000 Menschen auszufliegen, wie die USA dies planten, sei «mathematisch unmöglich», sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
Borrell forderte eine Verlängerung des Evakuierungseinsatzes des US-Militärs. «Wenn die Amerikaner am 31. August abziehen, haben die Europäer nicht die militärische Kapazität, den Militärflughafen zu besetzen und zu sichern, und die Taliban werden die Kontrolle übernehmen.»
10 Tage, um 75.000 Menschen zu evakuieren
Die USA wollen ihren Truppenabzug aus Afghanistan bis Ende August abschließen. Präsident Joe Biden hat allen US-Bürgern in Afghanistan zugesagt, sie außer Landes zu bringen. Nach Angaben des Weißen Hauses befinden sich jedoch noch bis zu 15.000 US-Bürger und bis zu 60.000 afghanische Mitarbeiter von Nato-Staaten in Afghanistan.
Die Bundeswehr flog am Samstag mehr als 200 Menschen aus Afghanistan aus. Ihren Angaben zufolge wurden damit mehr als 2100 Menschen aus insgesamt 38 Nationen in deutschen Rettungsflügen aus Afghanistan in Sicherheit gebracht. Trotz der «schwierigen» und «dynamischen» Lage am Kabuler Flughafen sollten die Evakuierungsflüge demnach auch am Sonntag fortgesetzt werden. Seit Samstag verfügt die Bundeswehr in Kabul über zwei Hubschrauber, die für Evakuierungen in der Stadt genutzt werden können.
Die US-Botschaft in Kabul warnte ihre Bürger am Wochenende ausdrücklich davor, zum Flughafen zu kommen. Grund seien «Sicherheitsbedrohungen». Ein US-Regierungsvertreter sagte später, Biden sei darüber informiert worden, dass die Sicherheitslage am Flughafen unter anderem durch mögliche Anschläge der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bedroht sei.
Taliban geben USA schuld am Chaos
Die Taliban warfen ihrerseits den USA vor, für die dramatische Lage am Flughafen verantwortlich zu sein. «Amerika mit all seiner Macht und seinen Möglichkeiten scheitert daran, am Flughafen Ordnung zu schaffen», sagte der ranghohe Taliban-Vertreter Amir Chan Mutaki. «Im ganzen Land» herrschten «Frieden und Ruhe» – «nur am Flughafen Kabul herrscht Chaos».
Seit ihrer Machtübernahme vor einer Woche geben sich die Taliban betont moderat. Viele Afghanen befürchten allerdings eine Rückkehr zur Schreckensherrschaft der Islamisten der Jahre 1996 bis 2001. Seit Samstag führt der Taliban-Mitbegründer Mullah Abdul Ghani Baradar in Kabul Gespräche mit Dschihadistenführern, traditionellen Führern und anderen Politikern über eine Regierungsbildung. An den Gesprächen beteiligt sind auch Vertreter des berüchtigten Hakkani-Netzwerks, das von den USA als «Terrororganisation» eingestuft wird.
Während die Taliban einen Großteil der afghanischen Provinzen kampflos einnehmen konnten, halten die Gefechte im nördlich von Kabul gelegenen Pandschir-Tal an. Ein Sprecher der Anti-Taliban-Bewegung NRF sagte AFP, die Bewegung stelle sich auf einen «langfristigen Konflikt» ein. Die NRF sei aber auch zu Verhandlungen mit den Taliban über eine inklusive Regierung bereit, die «soziale Gerechtigkeit, Gleichheit, Rechte und Freiheit für alle garantiert».
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen forderte alle Mitgliedsländer zur Aufnahme schutzbedürftiger Afghanen auf. Die EU-Kommission werde finanzielle Unterstützung für Aufnahmeländer zur Verfügung stellen, versicherte sie beim Besuch eines Erstaufnahmelager in Spanien.
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