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GastbeitragVertretung in der Grundschule: Leicht verdientes Geld oder schwere Arbeit?

Gastbeitrag / Vertretung in der Grundschule: Leicht verdientes Geld oder schwere Arbeit?
Die Tätigkeit der Lehrkraftvertretung ist nicht selten mit negativen Stereotypen belastet  Foto: dpa/Sebastian Gollnow

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„Als leicht verdientes Geld ohne viel Arbeit“ hat ihn jüngst ein junger Blogger in einem kontroversen Video-Podcast beschrieben. In einem im Tageblatt veröffentlichten Leserbrief spricht Claude Gengler von einem der anstrengendsten, wichtigsten und schönsten Berufe. Doch was macht den Beruf der Lehrkraftvertretung aus?

Nicht erst seit Covid-19-Zeiten herrscht in den Luxemburger Grundschulen ein Lehrkraftmangel. Um diesen zumindest teilweise aufzufangen und um Krankheitsfälle zu ersetzen, wird in der Regel auf eine Vertretung zurückgegriffen. In Luxemburg oft als „Ersatz“ oder als „Remplaçant.e“ bezeichnet, ist es die Aufgabe dieser Person, den Unterricht während einer bestimmten Zeit zu gewährleisten. Auf den ersten Blick scheint dieser Ansatz sinnhaft. Doch wirft man einen Blick in die Schulen, fällt auf, dass die Praxis oftmals nicht so reibungslos verläuft wie angedacht.

Was sind die Voraussetzungen, um Vertreter*in werden zu können?

Klammern wir die Covid-Periode aus, so sind die akademischen Voraussetzungen für den Beruf als „Remplaçant.e“ schnell angeführt. Es bedarf eines Sekundarabschlusses sowie eines vierwöchigen Praktikums. Dieses Praktikum sieht vor, dass man jede Woche in einem anderen Zyklus Unterrichtseinheiten vorbereitet und durchführt.

Am Ende dieses vierwöchigen Praktikums entscheiden die jeweiligen Lehrpersonen sowie die Direktion dann darüber, ob die Fähigkeiten der angehenden Vertretung den Anforderungen genügen oder nicht. Verläuft diese Entscheidung positiv, kann die Person als Vertretung in den Schulen eingesetzt werden. Dass es dabei qualitative Unterschiede gibt, liegt in der Natur der Sache. Doch treiben die Lehrkräfte einige Schwierigkeiten um, die, wenn auch vereinzelnd, immer wieder auffallen.

Aus der Sicht der Lehrkräfte

Sicherlich ist die Mehrzahl der Vertretungskräfte engagiert und will die nach ihrem Ermessen bestmögliche Arbeit verrichten, doch hört man immer wieder von Unzufriedenheit vonseiten der Lehrpersonen. „Manchmal wirkten die Vertretungen unmotiviert.“ Es würden keine Verbesserungen gemacht und oft säßen die „Remplaçant.e.s“ nur am Pult mit ihrem Smartphone, heißt es von einigen Lehrkräften. Zudem fehle es vermehrt an Kommunikationsbereitschaft mit den Lehrpersonen vor Ort. Man könnte den Eindruck gewinnen, die Vertretungen wären nur da, um sicherzustellen, dass die Kinder sich nicht „gegenseitig auf den Kopf hauen“, aber tiefgründiger würde ihre Arbeitsbereitschaft nicht gehen.

Des Weiteren würde der Unterricht oft nicht vorbereitet und es würde sich damit zufriedengestellt, Mandalas zu malen. „Natürlich ist die Mehrheit nicht so, doch die negativen Beispiele fallen einem immer am meisten auf“, so eine Lehrkraft aus dem Osten des Landes. Immer wieder verbringe man mehr Zeit, die Arbeit der Vertretung aufzuarbeiten, als dass man als Lehrperson wirklich vertreten worden sei, fährt sie fort. Allerdings gebe es auch viele gute Beispiele, bei denen man wisse, dass die eigene Klasse in guten Hände sei.

Perspektive der Vertretung

Doch die Unzufriedenheit herrscht nicht nur bei vielen Lehrpersonen, sondern auch auf der anderen Seite. Man fühle sich oft alleine gelassen, so eine Vertretung im Süden des Landes, die anonym bleibt, da sie weiterhin den Beruf ausübt. „Dies ist nicht mal ein Vorwurf an die Schule oder an die Lehrkräfte, sondern an die Struktur.“ Man sei im Unklaren, was man „dürfe“ und was man „müsse“. Tatsächlich fehlt es an einer Formation bezüglich des legalen Rahmens des Berufes.

Welche Verpflichtungen man habe und wer gesetzlicher Vorgesetzter sei, sei für viele keineswegs erklärt worden. Außerdem würde man oft für Aufgaben verantwortlich gemacht, die sich der eigenen Arbeit entziehen. Die Vertretung erläutert dies anhand von zwei Beispielen. In beiden Fällen sollte sie einen bereits geplanten Ausfall ersetzen: Bei Ersterem handelte es sich um eine Operation, bei Letzterem um einen Schwangerschaftsurlaub. Beide Male ging es um eine Dauer von drei Wochen. „Das eine Mal hat mir die Lehrperson sämtliches Unterrichtsmaterial für die drei Wochen zur Verfügung gestellt mit einem präzisen Plan, was ich zu welchem Zeitpunkt mit der Klasse erarbeiten sollte.“ Dies vereinfachte nicht nur die Arbeit, sondern man habe auch gemerkt, dass die Kinder die Struktur und den Arbeitsablauf kannten.

Im Gegensatz dazu steht der andere angesprochene Fall. „Hier verlangte die Lehrperson von mir, dass ich alles vorbereite.“ Die Vertretung fühlte sich überfordert, da die didaktische und fachliche Ausbildung fehlt: „Die besagte Lehrkraft entgegnete mir, dass das mein Problem sei und dass ich ja gut bezahlt werde. Dass ich aber eben nicht für die Vorbereitung bezahlt wurde, interessierte niemanden.“

Tatsächlich wurde die Vertretung in diesem Fall nur für die Präsenzstunden in der Schule entgeltet. Vorbereitungsstunden waren somit weder bezahlt noch vorgesehen. Die Vertretung gab schließlich nach, da sie keinen Konflikt innerhalb der Schule anzetteln wollte. „Klar ist die Bezahlung gut, doch dies legitimiert nicht, dass man zusätzliche Stunden arbeiten muss. So wurde ich am Ende dieser drei Wochen nicht mal für die Hälfte der Stunden bezahlt, die ich eigentlich investieren musste. Wenn man unerwartet erkrankt und nichts vorbereiten kann, dann übernehme ich das gerne. Allerdings scheint es mir unverantwortlich, einem Laien die ganze Vorbereitung unterzujubeln, wenn man Monate im Voraus über das eigene Fehlen Bescheid weiß.“

In die gleiche Kerbe schlägt eine Studentin der Erziehungswissenschaften. „Manchmal werde ich behandelt, als sei ich das Mädchen für alles. Wenn ich dann anmerke, dass ich Erziehungswissenschaften studiere, wird mir entgegnet, ich könne ja die Vorbereitung übernehmen. Das wäre schließlich eine gute Übung.“ In der Regel mache sie sehr angenehme Erfahrungen, doch es wären eben solche Einzelfälle, die einem die Lust am Beruf nehmen würden.

Zusätzlich zu den gelegentlichen Ungereimtheiten mit Lehrkräften sieht die Vertretung Verbesserungsbedarf in der Formation sowie der Struktur des Berufs. „Als Vertretung, die regelmäßig in Schulen aktiv ist, sollte man Weiterbildungen angeboten bekommen und es sollte eine Struktur geben, die der Ernsthaftigkeit und dem Engagement der eigenen Arbeit Rechnung trägt.“ Man sei plötzlich mit administrativen, organisatorischen und technologischen Herausforderungen konfrontiert, die man ohne Hilfe oder Erklärungen kaum bewältigen könne. Bei Fragen und Unsicherheiten könnte man sich zwar an andere Lehrkräfte wenden, doch gerade bei internen potenziellen Konfliktpunkten fehle es an Bezugspunkten. Schnell habe man das Gefühl, alleine dazustehen.

Strukturelle Probleme

Es bleibt anzumerken, dass sowohl Lehrkräfte als auch Vertreter*innen versichern, dass es in den meisten Fällen gut bis sehr gut in den Schulen abläuft. Allerdings geben auch beide Seiten an, dass die negativen Beispiele offen angesprochen werden müssten. Eine Referenzperson, an die man sich wenden könne, und eine klare Aufgabenaufteilung scheinen hilfreich. Außerdem würden Formationen im Bereich des Arbeitsrechts helfen, die Pflichten der Lehrkräfte und deren Vertretungen für alle Beteiligten klarer zu definieren. Diese Aufgabenstellung richtet sich demnach in Richtung des Ministeriums. Weiterführende Formationen im Bereich von Didaktik und Schulorganisation würden Kritikpunkte von sowohl Lehr- als auch Vertretungskräften angehen.

„Wenn man konkrete Verpflichtungen definiert, an die sich Vertretungen und Lehrpersonen halten müssen, dann ist es einfacher, zu kontrollieren, wo keine gute Arbeit geleistet wird“, so die Vertretung. Schlussendlich wären sich alle Akteure, denen die Schüler*innen am Herzen liegen, einig und dies könne „eine bessere Arbeit für die Kinder“ ermöglichen und würde „die Schule qualitativ besser“ machen. Dann wäre es auch leichter, „faule Äpfel“ aus dem Beruf der Vertretung auszuschließen.

Auf der anderen Seite scheint es momentan im Auge des Betrachters oder der Person mit Deutungshoheit zu liegen, was alles in den Aufgabenbereich der Vertretung fällt. Diese Probleme scheinen allerdings bei Bereitschaft der Verantwortlichen lösbar. „Falls das Ministerium es dann noch hinbekommt, den Lohn mit weniger als drei Monaten Verzug auszubezahlen, dann wären fast alle meine Kritikpunkte abgedeckt“, so die Vertretung abschließend.

* Andy Schammo studiert Erziehungswissenschaften an der Universität Luxemburg und schreibt seine Abschlussarbeit zum Thema „Institutionelle Diskriminierung im Luxemburger Bildungswesen“. Er setzt sich privat gegen Diskriminierung und Ungleichheiten ein. 

trotinette josy
26. Januar 2021 - 18.58

Und wie steht es um die pädagogische/psychologische Ausbildung zur Ausübung dieses verantwortungsvollen Berufes , der eine gewisse Berufung verlangt und voraussetzt?