Nun ist es fix. Bob Jungels wird in den kommenden zwei Saisons für das Team Ag2r Citroën fahren, wie der Rennstall ab 2021 heißen wird. Die französische Equipe will sich nach dem Weggang von Romain Bardet nicht mehr so sehr auf das Gesamtklassement bei der Tour de France fokussieren, sondern ist darauf bedacht, große Rennen zu gewinnen. Das kann Jungels, wie er mit seinem Sieg bei Liège-Bastogne-Liège 2018 gezeigt hat. Der 27-Jährige wird im Team von Vincent Lavenu nicht nur Mannschaftskollege seines Landsmannes Ben Gastauer, er wird wohl auch eine andere Rolle einnehmen als zuletzt bei Deceuninck – Quick Step.
2016 wechselte Jungels von Trek zu den Belgiern, um seinen Traum weiterzuleben und sich auf die großen Rundfahrten zu konzentrieren. Das tat er erfolgreicher, als so mancher Experte es ihm zutraute. 6. Platz beim Giro 2016, Rang 8 im Jahr darauf. Jedes Mal trug er vorübergehend das Rosa Trikot, gewann die Nachwuchswertung und holte sich 2017 noch einen Etappensieg. 2018 schrammte der Luxemburger bei der Tour de France mit Platz 11 knapp an den Top Ten vorbei. Sein Team-Manager Patrick Lefevere wollte Jungels aber vor allem auf den für sein Team so wichtigen Flandern-Klassikern sehen. Dort, wo man den Juniorensieger von Paris-Roubaix zu Beginn seiner Karriere schon vermutet hätte. Er sorgte bei seiner ersten kompletten Flandern-Kampagne 2019 auch gleich für Furore, gewann Kuurne-Brüssel-Kuurne und überzeugte auch in den großen Rennen.
Hartnäckigkeit
Beim Giro im gleichen Jahr folgte die Ernüchterung: Platz 33 im Gesamtklassement. Damit war eigentlich klar, dass er bei Quick-Step keine Unterstützung mehr bekommen würde, um als Leader in eine Grand Tour zu gehen. Jungels selbst hat dieses Ziel aber noch nicht abgeschrieben. Obwohl er vom Körperbau her gegenüber den anderen Rundfahrtspezialisten im Nachteil ist. „Ich mag Herausforderungen und arbeite gerne an mir. Es wäre zu einfach, zu sagen, dass die großen Rundfahrten nichts für mich sind, weil ich zu schwer bin“, so Jungels im Tageblatt-Interview in diesem Winter. Diese Herausforderung kann er bei Ag2r wieder in Angriff nehmen. Sein neuer Teamchef Vincent Lavenu ist bereit, dem Luxemburger seine Freiheiten bei den großen Rundfahrten zu lassen. „Er wird zu den Leadern unser Klassiker-Mannschaft gehören, genau wie bei den Etappenrennen. Wir werden ihm unsere Erfahrung auf diesem Gebiet zur Verfügung stellen und ihn mit jungen Bergfahrern unterstützen“, so Lavenu.
Jungels will es sich und seinen Kritikern, die ihn nicht unbedingt als großen Rundfahrer sehen, noch einmal zeigen. Diese Hartnäckigkeit, die ihn seit Beginn seiner Karriere auszeichnet, könnte ihn allerdings den einen oder anderen prestigeträchtigen Sieg kosten. Der 27-Jährige ist einer der vielseitigsten Fahrer im Profi-Peloton und hat das Potenzial, in so gut wie jedem Rennen um den Sieg mitzufahren. Um bei den dreiwöchigen Rundfahrten allerdings mithalten zu können, muss er einen hohen Aufwand betreiben und hatte all die Jahre Probleme, im Anschluss wieder seine Leistung abzurufen. Die wiedergefundene Freiheit bei Ag2r ist demnach nicht ohne Risiko.
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