Schon vor der Corona-Krise waren viele Menschen hierzulande armutsgefährdet, auch viele die ein geregeltes Arbeitsverhältnis hatten. Eine gerechtere Umverteilung des geschaffenen Reichtums zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmer wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Die seit langem geforderte strukturelle Erhöhung des Mindestlohnes würde nicht nur Geringverdiener vom Armutsrisiko befreien, sondern hätte auch positive Auswirkungen auf das gesamte Lohn- und Gehältergefüge.
Eine gerechtere primäre Umverteilung über Löhne und Gehälter müsste durch eine sozial gerechte und ökologische Steuerreform ergänzt werden. Diese angekündigte Steuerreform muss in erster Linie genügend Einnahmen für die öffentliche Hand generieren, damit Staat und Gemeinden über die notwendigen Mittel verfügen, um allen Menschen, die hier wohnen und arbeiten, gute soziale und öffentliche Dienstleistungen anbieten zu können. Die sanitäre Krise hat gezeigt, dass unter anderem bei der Pflege und bei der medizinischen Versorgung Nachholbedarf besteht. Des Weiteren sollten die Gering- und Mittelverdiener entlastet und die wirklichen Großverdiener, die nicht nur ihre Einkommen aus der Lohnarbeit beziehen, sondern unter anderem aus Kapitalvermögen, stärker belastet werden.
Arbeitszeitverkürzung
Infolge der sanitären Krise sind die Arbeitslosenzahlen angestiegen und werden aller Voraussicht nach weiter ansteigen. Ein probates Mittel, um diesem Problem entgegenzuwirken, bestand und besteht in einer allgemeinen Arbeitszeitverkürzung. Die letzte allgemeine Arbeitszeitverkürzung geht auf 1975 zurück, wo die 40-Stunden-Woche bei uns generalisiert wurde. Seitdem gab es enorme Produktivitätsfortschritte und die Beschäftigung von Frauen hat stark zugenommen, was in vielen Familien dazu führt, dass Beruf und Familie oft schwer vereinbar sind. Hinzu kommt, dass in Luxemburg die Regelarbeitszeit höher ist als in den Nachbarländern und dass bei uns in vielen Bereichen Überstunden geleistet werden. Eine Begrenzung der Überstunden und das Einleiten einer Diskussion in Richtung allgemeiner Arbeitszeitverkürzung würden sich in der aktuellen Situation aufdrängen.
In der aktuellen Situation sind auch der Staat, die öffentlichen Betriebe und die Gemeinden gefordert, verstärkt sinnvolle Arbeitsplätze im öffentlichen Dienstleistungsbereich zu schaffen und anzubieten. Aufgrund der sanitären Krise wurde bei essenziellen Tätigkeiten die tägliche und wöchentliche Höchstarbeitszeit erhöht. Eine Aufstockung der Effektive und eine Aufwertung der Laufbahnen in diesen Bereichen würden sich demnach aufdrängen. Leider wird staatlicherseits zurzeit nur die Werbetrommel für die Armee gerührt. Trotz aller Klagen, wegen anscheinend klammer Staatskassen aufgrund der Corona-Krise, soll weiter verstärkt in die Rüstung und Aufrüstung investiert werden.
Ökologischer Neustart
Der versprochene ökologische Neustart nach der sanitären Krisen resümiert sich in erhöhten Subventionen für die energetische Sanierung von Wohnungen und erhöhten Prämien für Elektroautos. Die energetische Sanierung der Wohnungen ist aus ökologischer und sozialer Sicht sicher sinnvoll. Allerdings gibt es bei diesen Beihilfen keine sozialen Abstufungen, sodass für viele Geringverdiener diese Sanierungen trotz der Zuschüsse nicht machbar sein werden, während Besserverdienende, die nicht auf diese Subventionen angewiesen sind, hiervon profitieren werden.
Die Prämien beim Kauf eines Elektroautos steigen ihrerseits von 5.000 auf 8.000 Euro, ohne irgendwelche soziale Kriterien. Hier wird die individuelle Mobilität im Interesse der Besserverdienenden gefördert, wobei eine viel konsequentere Förderung des Gemeinschaftstransportes dringend geboten wäre. In der Motivation zum Gesetzesprojekt wird die Erhöhung der Prämien mit den gesunkenen Spritpreisen begründet. Hier stellt sich die Frage, ob, wenn die Spritpreise weiter sinken, die Prämien dann weiter erhöht werden oder ob bei steigenden Preisen dieselben wieder gekürzt werden.
Außer den hier zitierten Beispielen hat auch die Abstimmung über das CETA-Freihandelsabkommen während der sanitären Krise bewiesen, dass die politischen Entscheidungsträger einen positiven sozialen, ökologischen und demokratischen Neustart nicht wirklich eingeplant haben.
* Der Autor ist ein ehemaliger Präsident des FNCTTFEL-Landesverbandes.
Wenn jetzt kein Neubeginn, resp. Umdenken, wann dann?
den Auteur huet hei den Têppelchen op den I gesaat
do geséit ee jo genau wat hei leeft
an dat déi Grêng den CETA-Accord mat gestêmmt hun
war déi läscht Drêps, d'Faass ass am gaang iwwer ze laafen
an d'Regierung hält hiiren Trott béi
mat Schäiklappen
eng mat der Päitsch
a viirun ouni Kompass
a lass duerch d'Arena vun der gudder Hoffnung
onverständlêch
Ein toller Beitrag. Auch wenn ich die Gewerkschaft mit den unausprechlichen Namen nicht besonders mag, weil zuviel ein Urgestein der alten Garde, wo Gewerkschaften wie ein Selbstbedienungsladen auftraten anstatt das Gemeinwohl der Gesellschaft nachzugehen, Zeugen die Gedanken dieses Autors von Weitblick und Vernunft.