Harte Kerle, längst auch ähnlich toughe Frauen, bändigen bärenstarke Einzylinder und lassen im direkten Vergleich mit röhrenden Motoren den Dreck fliegen. Der Motorrad-Geländesport hat ein raues Image. Doch am Ende der Saison steht plötzlich die Solidarität, die Mannschaft, die gemeinsame Leistung im Vordergrund.
Von Chrëscht Beneké
Zurück geht diese schöne Tradition auf die allererste Veranstaltung der internationalen Motorradsport-Vereinigung. Nach dem Modell des 1903 in Großbritannien erstmals durchgeführten „Six Days’ Reliability Trial“ standen so 1913 bei den ersten internationalen „Six Days“ ein britisches und ein französisches Team sowie viele Einzelfahrer zu einer harten Zuverlässigkeitsfahrt durchs Gelände am Start.
Noch heute sind diese „Six Days“ der absolute Höhepunkt der Enduro-Saison und für manche zählt der eigene Weltmeistertitel weniger als der Trophy-Titel der besten Nationalmannschaft von sechs Fahrern über die sechs Tage. Schließlich hat mehr als einmal der dramatische Ausfall eines zweiten Fahrers oder Motorrads am letzten oder vorletzten Tag für spektakuläre Ranking-Umbrüche in letzter Minute gesorgt.
Christian Daleiden ist mit 19 Teilnahmen viertfahrenster «Trial des nations»-Fahrer und könnte bereits 2021 (kleine) Sportgeschichte schreiben (Foto: Chrëscht Beneké)
Sechs Fahrer hat das Großherzogtum dabei nie stellen können, doch zumindest in dem Nebenwettbewerb der kleineren Clubmannschaften haben sich bereits einige verwegene Luxemburger an der größten Herausforderung des Enduro-Sports versucht.
Erst 1980 erfolgte dabei eine Umbenennung des „International Six Days Trial“ in „International Six Days Enduro“, damit man den Wettbewerb nicht mit dem akrobatischeren Trialsport verwechselte. Inspiriert von dessen Erfolg, und wahrscheinlich noch stärker vom 1947 erstmals ausgetragenen „MX des nations“, führte der Trialsport 1984 auch eine eigene Mannschaft-Weltmeisterschaft ein. Da weltweit aber nur wenige Fahrer die absurd schweren Hindernisse und Zonen der weltbesten Motorradakrobaten überhaupt bewältigen konnten, führte der internationale Verband FIM 1995 auch eine „internationale“ Kategorie auf niedrigerer Schwierigkeitsstufe ein. Plötzlich öffnete sich in der Randsportart auch für die luxemburgischen Fahrer um den umtriebigen Trial-Club Warken, immerhin Ausrichter einiger WM-Läufe, die große internationale Bühne.
Letzten Platz vermeiden
1998 starteten im italienischen Chiesa erstmals vier luxemburgische Fahrer beim „Trial des nations“. Unter ihnen Christian Daleiden und Ken Mousty, die dieses Wochenende wieder das Großherzogtum vertreten werden. „Eigentlich haben wir auf internationaler Ebene nichts verloren, aber seit zwanzig Jahren stehen wir in einer Reihe und in den Zonen auf Augenhöhe mit den Weltbesten. Niemand wird belächelt, es ist ein großes Saisonabschlussfest“, zeigt sich Ken Mousty auch noch vor seiner 19. Teilnahme begeistert und überzeugt vom Konzept. Dem luxemburgischen Team geht es dabei wie jedes Jahr darum, den letzten Platz in der Klasse B zu vermeiden. Was dieses Jahr aber besonders schwierig wird, da einige Konkurrenten im Kampf gegen die rote Laterne wie Venezuela, Brasilien oder auch Portugal den Sprung auf die Balearen-Insel scheuen.
Der erste Platz der A-Klasse ist jedoch ziemlich sicher fest in einer Hand. Seit einigen Jahren stammt der Weltmeister und gelegentlich sogar die fünf Ersten der Weltmeisterschaft aus Spanien. Seit dem Heimrennen 2004 in Cordoba und voraussichtlich auch auf ihrer Ferieninsel stellt das Team um den überragenden 32-jährigen Toni Bou, seines Zeichens seit 2007 ununterbrochener 26-facher Einzelweltmeister, meist mit überaus deutlichem Abstand den Sieger. 1999 war das allerdings anders: Da fand das Trial der Nationen in Ettelbrück statt und überaus knapp sicherten sich die Briten die Krone.
Um diese kümmert sich Ken Mousty weniger: „Es ist einfach toll, dass es solch eine Veranstaltung gibt. Auch wenn man selbst in seiner Klasse für Podiumsplatzierungen überhaupt nicht in Frage kommt, kann man trotzdem mitmachen.“
Rekordknacker
Dabei wollte der zweifache Familienvater letztes Jahr nach 20 Jahren im tschechischen Sokolov eigentlich aufhören: „Noch die nötige Motivation zu finden ist nicht immer einfach und man muss sich schon anders als auf einen kleinen nationalen Trial vorbereiten. Auch die Gefahren nehme ich mittlerweile anders wahr und denke viel mehr über mögliche Gefahren nach.“ Ibiza war dann aber doch zu verlockend und möglicherweise wird er auch 2020 weiterfahren, denn: „So langsam wächst die nächste Generation nach und 2021 könnte vielleicht bereits Leo Goergen meinen Platz übernehmen.“
Dass Luxemburg weiter ein Team stellt, freut nicht zuletzt Christian Daleiden. Sehr selten überzeugt er mit der stärksten luxemburgischen Leistung, dafür ist in den letzten Jahren eigentlich der deutlich jüngere Sven Mousel zuständig, doch ist er eine feste Bank und war bereits letztes Jahr zweitältester Teilnehmer. Bald könnte er zudem der Fahrer mit den meisten Teilnahmen am Trial der Nationen sein.
Mit derlei Rekorden kann das zweite luxemburgische Team an Stollenreitern nicht aufwarten. Ebenfalls an diesem Wochenende starten die Brüder Yves (MX2) und Björn Frank (MXGP) sowie Dylan de Figuereido (Open) im niederländischen Assen beim „MX des nations“. Auch für sie gilt es im Duell mit der Weltelite, die letzten Platzierungen zu vermeiden und das nicht nur, weil der schnellste Luxemburger dieser Saison, der junge Tijay Heinen, kurzfristig wegen eines beim Rennen gebrochenen Handgelenks ausfällt.
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