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Immer härtere Gangart gegen Flüchtlinge: Mit Knüppeln und Prügeln werden Menschen von kroatischer Grenze ferngehalten

Immer härtere Gangart gegen Flüchtlinge: Mit Knüppeln und Prügeln werden Menschen von kroatischer Grenze ferngehalten

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Nicht nur auf der Mittelmeer-, sondern auch auf der Balkanroute wird die Gangart gegenüber den nach Westen strebenden Armuts- und Kriegsflüchtlingen zunehmend härter. Kroatiens Grenzer prügeln die unerwünschten Transitmigranten gnadenlos zurück. Im bosnischen Bihac werden Neuankömmlinge nun auf einer früheren Mülldeponie fern der Stadt entsorgt.

Von unserem Korrespondenten Thomas Roser, Vucjak (Text und Fotos)

Hinter den weißen Zelten ragen noch die Reste verrotteter Plastikflaschen und Müllreste aus dem hastig planierten Erdreich. „Schau dir das selbst an“, sagt kopfschüttelnd der sehnige Pakistani Izmail. Bis vor wenigen Tagen habe das zehn Kilometer von der westbosnischen Stadt Bihac entfernte Flüchtlingslager noch nicht einmal über Toiletten verfügt, berichtet der 35-jährige Schreiner: „Das Lager ist ein Müllberg in einem Wald. Das ist kein Platz für Menschen, sondern für Tiere.“

„Voll Gase und Schlangen“

Ein Straßenhund döst vor dem Sanitätszelt im Staub. Zwischen 400 und 800 Menschen beherbergt das Mitte Juni von der Stadtverwaltung von Bihac eröffnete Auffanglager auf dem Gelände der früheren Mülldeponie Vucjak. Die meisten der Lagerbewohner würden aus Pakistan und Afghanistan stammen, berichtet der dunkelhaarige Rot-Kreuz-Helfer Rizah. Die Fluktuation sei groß, meist würden die Leute nur wenige Tage bleiben, bevor sie erneut die Grenzpassage versuchen würden. Er weist auf die nahen Gipfel des Pljesevica-Gebirges: „Kroatien ist nur wenige Kilometer entfernt.“

Hinter der Kirche im 40-Seelen-Weiler Zavalje führt eine ungeteerte Buckelpiste zur einstigen Müllhalde. Nein, Probleme mit den neuen Nachbarn gebe es keine, versichert in ihrem Vorgarten eine kurzhaarige Frau: „Sie tun mir einfach nur leid.“ Dass die Flüchtlinge nun fern der Stadt auf einer Mülldeponie „voll Gase und Schlangen“ abgeladen werden, bezeichnet sie als „Gipfel der Unmenschlichkeit“: „Sie hätten für das Lager wenigstens eine anständige Weide nehmen können. Die Halde ist dafür absolut ungeeignet.“

Jeden Abend marschierten an ihrem Haus unzählige Rucksackträger vorbei, die in der Nacht die Passage über den Pljesevica-Kamm versuchen würden, erzählt die Bäuerin mit den rot lackierten Fingernägeln: „Die meisten kommen humpelnd, verletzt und ohne Schuhe zurück. Sie werden von den Grenzern geschlagen, obwohl die Leute niemandem etwas getan haben.“

Keine Unterstützung von EU und UN

Seit eineinhalb Jahren ist Bosniens Westzipfel zum Flaschenhals der sogenannten Balkanroute geworden. Die Zeiten, in denen, wie auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise von 2015/2016, täglich zeitweise über zehntausend Menschen auf einen von Griechenland bis Österreich reichenden „Korridor“ über die sich ständige ändernde Balkanroute nach Westeuropa gelangten, sind längst vorbei. Laut Angaben von Bosniens Innenministerium wurden in den ersten sechs Monaten dieses Jahr rund 10.500 Neuankömmlinge registriert – der Großteil reiste über Serbien, ein kleinerer Teil über Montenegro ein.

Fast alle der Transitmigranten streben wegen der Nähe zu Sloweniens Schengengrenze in den Kanton Una-Sana. Allein in der Region Bihac wird deren Zahl auf 6.000 bis 8.000 Menschen geschätzt. Die EU und UN lehnen die Unterstützung für Flüchtlingslager in unmittelbarer Grenznähe prinzipiell ab. Mit der Versorgung der Migranten zeigen sich wiederum die lokalen und nationalen Behörden in dem dysfunktionalen Vielvölkerstaat ebenso unwillig wie überfordert – und schieben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu.

In Bihac tritt derweil die kommunale Polizei immer rigider gegen die ungewollten Durchgangsgäste auf. Das Verweilen in der Innenstadt, Parks oder vor dem völlig überfüllten Auffanglager im Zentrum der Stadt ist Neuankömmlingen seit einigen Wochen nicht mehr gestattet: Aufgegriffene Rucksackträger werden in langen Kolonnen mittlerweile zu Fuß von der Polizei in das zehn Kilometer entfernte Lager Vucjak getrieben.

Gewaltbereite Polizei

Das Lager auf der Müllhalde sei „sehr schlecht“, doch das größte Problem seien die kroatischen Grenzpolizisten, sagt der 28-jährige Tahir aus Lahore – und weist auf die dick bandagierten Füße eines schweigsamen Gefährten: „Sie tragen Gesichtsmasken. Wenn sie dich fassen, nehmen sie dir das Geld und die Rucksäcke ab – und zerbrechen die SIM-Karten der Telefone. Dann prügeln sie mit Knüppeln auf dich ein.“

Den Vorwurf des Zurückprügelns beim „Abdrängen“ der unerwünschten Transitmigranten über die grüne Grenze hatten Kroatiens Würdenträger stets wortreich dementiert. Doch während eines Staatsbesuchs in der Schweiz gab die kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic in einem TV-Interview mit dem SRF in der vergangenen Woche erstmals zu, dass beim eigentlich illegalen „push-back“ der Migranten „natürlich ein wenig Gewalt“ nötig sei. Die Transitmigranten bezeichnen die versuchten Grenzpassagen als „game“, als „Spiel“.

Doch nicht nur Minenfelder und Bären, sondern auch Kroatiens Grenzhüter machen den nächtlichen Gang durch den Gebirgswald zu einem gefährlichen Unternehmen. Ein Polizist habe ihn festgehalten, fünf weitere hätten auf ihn eingeprügelt, erzählt im Lager Vucjak der Schreiner Izmail: „Es gab kein Körperteil, das nicht getroffen wurde.“

Erst sei ihm Gas ins Gesicht gesprüht worden, dann sei er verprügelt worden, berichtet mit niedergeschlagener Stimme der 21-jährige Rashid aus dem pakistanischen Rawalpindi. Außer seinem Rucksack hätten die Grenzer vor seinen Augen auch seine Schuhe verbrannt, sagt er leise. Er müsse nun auf Geld aus der Heimat warten und es dann noch einmal versuchen. Doch nicht nur wegen seines beschädigten Telefons, sondern auch wegen der schwachen Stromversorgung im Lager falle es ihm schwer, seine Familie über seine Lage zu informieren: „Ich habe seit Wochen kein Kontakt mehr mit ihr.“

Schläge, bis die Haut platzt

Im Sanitätszelt lassen die Neuankömmlinge ihre Wunden versorgen. Im normalen Leben ist Arye Wachsmuth Künstler in Wien. In seinem Urlaub verarztet der Familienvater als Assistent einer befreundeten Ärztin entzündete Insektenstiche und Schlagwunden. Ein großes Problem sei die Krätze, die wegen fehlender Medikamente kaum behandelt werden könne.

Doch nicht nur die Entzündungen von bei Stürzen zugezogenen Wunden machten den Lagerinsassen zu schaffen: „Es scheint inzwischen Standard, dass die Leute geschlagen werden. Das sind keine spontanen Gewaltorgien. Das ist Sadismus – und hat System.“ Oft würde so lange auf Schienbeine und Knie geschlagen, bis „die Haut platzen“ würde, berichtet Wachsmuth. Es habe aber auch schon Fälle misshandelter Flüchtlinge gegeben, bei denen Kopfwunden hätten genäht werden müssen: „Gestern hatten wir den Fall eines Mannes, dem von beiden Seiten so hart auf die Ohren geschlagen wurde, dass ein Trommelfell platzte.“

Am meisten zeigt sich der Hilfssanitäter aber über das Symbol schockiert, dass „Menschen auf einer Deponie deponiert“ würden. Den Gedanken, dass die Menschen zwischen dem Müll „auch nur Müll“ seien, hätten schon viele „im Kopf“. „Die Leute werden entsorgt. Das ist eine lokale Entscheidung. Aber in Europa schauen im Moment alle weg.“

Grober J-P.
25. Juli 2019 - 13.38

Die fünf größten Aufnahmeländer von Flüchtlingen

Türkei - 3,7 Millionen
Pakistan - 1,4 Millionen
Uganda - 1,2 Millionen
Sudan - 1,1 Millionen
Deutschland - 1,1 Millionen
laut UNO 2018
Die fünf größten Herkunftsländer von Flüchtlingen

Syrien - 6,7 Millionen
Afghanistan - 2,7 Millionen
Südsudan - 2,3 Millionen
Myanmar - 1,1 Millionen
Somalia - 0,9 Millionen

Die fünf Länder mit den meisten Binnenvertriebenen

Kolumbien - 7,8 Millionen
Syrien - 6,2 Millionen
DR Kongo - 5 Millionen
Äthiopien - 2,6 Millionen
Somalia - 2,6 Millionen

Jacques Zeyen
24. Juli 2019 - 19.18

Hëllt de Putin och Flüchtlinger op,oder produzéiert hien der just?

rfrank
24. Juli 2019 - 18.44

den problem huet dei politikerin net geschaafen, haett dir d´leit virun der grenz verrecken geloss ????

Norbert Muhlenbach
24. Juli 2019 - 15.51

Kein Problem, es sagte einmal eine Politikerin "Wir schaffen das".

Grober J-P.
24. Juli 2019 - 10.42

Die ehemaligen "Jugoslawen" müssten doch am besten wissen wie es als Flüchtling ist. Kenne mindestens 2 die sagen, dass sie Glück hatten damals aus der Hölle zu entwischen. Merde alors.

jeff
24. Juli 2019 - 10.31

d'Geschicht huet jo bewisen wat Menschen hieren Matmenschen zoufügen können.Also et huet sech an der Zweschenzeit neischt verbessert,am contraire:Menschen gin emmer mei rücksichtslos a brutal...an allen Hinsichten.Et bemierkt een och eng Steigerung vum Rassismus an Faschismus.

Realist
24. Juli 2019 - 10.14

Und das ist erst der Anfang. Das sagen einem schon allein Logik und Menschenverstand. Die "unschönen Bilder an den Grenzen", die man 2015 verhindern wollte werden spätestens 2025 Alltag sein.