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Europawahl im Ausland: Schwache Volksparteien – starke Liberale und Grüne

Europawahl im Ausland: Schwache Volksparteien – starke Liberale und Grüne

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Die Europawahl war ein böses Erwachen für Sozial- und Christdemokraten nicht nur in Deutschland. Die Rechte wird stärker. Aber die eigentliche Überraschung lag woanders.

Die Europäische Union wird nach der Europawahl am Sonntag schwieriger regierbar. Nach herben Verlusten haben Christ- und Sozialdemokraten gemeinsam erstmals keine Mehrheit im Europaparlament. Gesucht werden nun Bündnisse mit Liberalen und Grünen, die beide deutlich zulegten. Rechtspopulisten und Nationalisten fuhren Erfolge in großen EU-Ländern ein, darunter Italien und Frankreich. Doch ein Rechtsruck blieb aus, auch wegen der hohen Wahlbeteiligung. Sie lag bei um die 50 Prozent.

Ob die EU-freundlichen Parteien der Mitte zusammenfinden, wird sich schon zu Wochenbeginn im Ringen um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten erweisen. Sowohl Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU) von der Europäischen Volkspartei als auch der Sozialdemokrat Frans Timmermans wollen den mächtigen Spitzenposten. Auch die Liberale Margrethe Vestager erhob erstmals deutlich Anspruch. Für Mehrheiten stellen vor allem die Grünen Bedingungen: Sie pochen auf eine entschlossene Klimapolitik, denn sie sehen ihren Wahlerfolg als klaren Auftrag.

Weber sagte am späten Abend, dass die EVP zwar weiter stärkste Fraktion bleibe, er aber das Ergebnis nicht als Sieg sehe. «Wir erleben, wie die Mitte schrumpft», sagte der CSU-Vizechef. Unter den 751 Abgeordneten des künftigen Europaparlaments wird die christdemokratische Europäische Volkspartei nach einer ersten Prognose des Europaparlaments auf 178 Sitze kommen, 38 weniger als bisher. Die Sozialdemokraten erhalten demnach 152 Mandate (minus 33). Die Liberalen liegen bei 108 Mandaten, wenn die Sitze für die Partei des französischen Präsidenten Emmanuel Macron mitgezählt werden (plus 39). Dahinter kommen die Grünen mit 67 Sitzen (plus 15). Die Linke verliert acht Sitze und kommt auf 39.

Starke Rechte in Italien

Die bisher drei rechtspopulistischen und nationalistischen Fraktionen kommen zusammen auf 169 Sitze, 14 mehr als bisher. Stark schnitt nach ersten Prognosen vor allem die rechte Lega des italienischen Innenministers Matteo Salvini ab: Sie erreichte laut Prognosen vom späten Sonntagabend zwischen 27 und 31 Prozent der Stimmen. In Frankreich schlug die Rechtspopulistin Marine Le Pen mit ihrer Partei Rassemblement national laut Prognosen knapp die Partei LREM von Präsident Emmanuel Macron und forderte prompt Konsequenzen. Aber sie kam mit 24,2 Prozent nicht über ihr Ergebnis von 2014 hinaus; damals waren es 24,9 Prozent. Einen großen Erfolg fuhr die neue Brexit-Partei von Nigel Farage in Großbritannien ein, die dort stärkste Partei wurde.

Es wird erwartet, dass sich die rechten Fraktionen neu sortieren. So könnte sich die rechtsnationale Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban, die laut Prognosen stark hinzu gewann, von der EVP lossagen und sich der neuen Rechtsallianz von Salvini anschließen. Laut Prognosen lag Fidesz bei 42 Prozent und damit um 14 Prozentpunkte über dem Ergebnis von 2014.

Christ- und Sozialdemokraten in der Krise

Einige Rechtsparteien schnitten schwächer ab als erwartet, darunter auch die Alternative für Deutschland. Sie kam auf rund 10,5 Prozent und lag damit über den 7,1 Prozent des Jahres 2014 – aber unter dem Ergebnis der Bundestagswahl 2017.

Auch in Finnland und Dänemark blieben die Parteien hinter den Erwartungen. In Österreich verlor die FPÖ nach dem Videoskandal laut Prognosen etwa 2,2 Prozentpunkte und kam auf 17,5 Prozent. Die Schlappe der Volksparteien in Europa spiegelt sich auch in den Ergebnissen aus dem bevölkerungsstärksten EU-Mitgliedsland Deutschland, wo CDU/CSU und SPD historisch schlecht abschnitten.

Nach den Europawahl-Hochrechnungen von ARD und ZDF für Deutschland (ca. 23.15 Uhr) bleibt die Union zwar stärkste Kraft, rutscht aber auf 28,4 bis 28,7 Prozent (EU 2014: 35,4 Prozent; Bundestag 2017: 32,9). Noch schlimmer ist das Ergebnis für die SPD: Sie wird mit 15,5 bis 15,6 Prozent nur noch Dritte (EU: 27,3; Bundestag: 20,5). Die Grünen verdoppeln mit 20,7 Prozent ihr EU-Ergebnis (10,7; Bundestag: 8,9). Die AfD bleibt mit 10,8 Prozent etwas unter den Erwartungen (7,1; Bundestag: 12,6). Die FDP fällt mit 5,4 bis 5,5 Prozent weit hinter ihr Bundestagsergebnis (3,4; Bundestag: 10,7). Die Linke schwächelt: 5,4 Prozent (7,4; Bundestag: 9,2).

Europaweit müssen sich Christ- und Sozialdemokraten nun Bündnispartner suchen, um eine tragfähige Mehrheit für Gesetzesvorhaben und vor allem für die Wahl des EU-Kommissionspräsidenten zu zimmern. Spitzenkandidaten aller Parteien zeigten sich willig.

Die Linken-Fraktionschefin Gabi Zimmer sagte, es müsse das gemeinsame Ziel sein, eine breite Allianz gegen Nationalisten und Rechtsextreme zu bilden. Die Grünen-Spitzenkandidatin Ska Keller sagte, es gehe bei möglichen Bündnissen nur um Inhalte. Das Wahlergebnis sei ein Mandat für Wandel in der Europäischen Union.

Der Liberale Guy Verhofstadt betonte, die EU-freundlichen Parteien hätten eine Mehrheit. Es gehe nun um eine starke Politik zum Beispiel für mehr Klimaschutz. Man brauche einen Kommissionspräsidenten, der Mehrheiten jenseits der Parteilinien finde.

de Prolet
27. Mai 2019 - 12.58

Die Rechtsextremisten à la AfD und Le Pen kommen auf insgesamt 171 Sitze! 19 mehr als die Sozialdemokraten. Braucht man das noch zu kommentieren? " ça se passe de tout commentaire " würde der Franzose sagen deren Macron einen Denkzettel verpasst bekam, der es in sich hat.