Heute Abend öffnet zum fünften Mal eine Gruppenausstellung des Kollektivs Cueva in Esch ihre Türen. 55 Künstler besetzen für ein Wochenende die Räume eines ehemaligen Elektroladens. Kunst in einem nicht mehr genutzten Raum einem breiten Publikum zugänglich zu machen, ist die einfache Grundidee des Konzepts. Dass viele der Kunstwerke vergänglich sind, weil sie in den Raum integriert sind (z.B. auf Wände gemalt), nehmen die Künstler in Kauf. Mit der zeitlich begrenzten Aktion wollen die Initiatoren des Projekts etwas Dauerhaftes in den Köpfen der Leute festsetzen, Assoziationen mit einem Gebäude, das es so bald nicht mehr geben wird, da es entweder abgerissen oder umgebaut wird.
Das Datum für die Eröffnung der «Aal Esch»-Ausstellung hätte (ob Zufall oder Absicht) nicht besser gewählt sein können. Es war auch an einem 26. April, als im Spanischen Bürgerkrieg vor 82 Jahren die deutsche Legion Condor und das italienische Corpo Truppe Volontarie die baskische Stadt Guernica durch Luftangriffe zerstörten. Das Ereignis inspirierte den Maler Picasso zu seinem Bild «Guernica» für den spanischen Pavillon der Weltausstellung 1937 in Paris. Ein interessantes Detail ist, dass die gigantischen Maße des Bildes (349 x 777 cm) durch die Größe des Raums im Pavillon vorherbestimmt waren. (Das Spiel mit den vorhandenen Räumlichkeiten ist auch ein Element bei Cueva.)
Picasso ergriff mit seinem Bild nicht Partei für diese oder jene Seite im politischen Sinne, sondern prangerte den Krieg an, indem er die Opfer in den Mittelpunkt seines Werkes stellte. Ein Künstler, mit dem wir im Vorfeld sprachen, meinte, Kunst solle vor allem humanistische Werte vertreten. Das Gleiche sagte der Spanier: Angesichts eines Konflikts, in dem die höchsten Werte der Humanität und Zivilisation auf dem Spiel stehen, könne er sich nicht gleichgültig verhalten.
In exakt einem Monat (am 26. Mai) sind Europawahlen und den Rechtsextremisten werden (wieder einmal) Stimmengewinne vorausgesagt. Es sind Prognosen, die beunruhigen und die einen ebenfalls nicht gleichgültig lassen sollten.
Obwohl Kunst manchmal sehr kurzlebig ist, kann sie nachhaltige Zeichen setzen. Ein nicht genutztes Gebäude für kurze Zeit zu besetzen, ist ein Statement, und sei es auch noch so minimalistisch wie «Wir sind hier, wir existieren». Die Künstler bekommen dabei eine Bühne, um sich frei auszudrücken. Inwieweit sie diese Freiheit für soziale und politische Positionen nutzen, ist ihnen überlassen. Nicht alle sind einer Meinung, was engagierte Kunst angeht. Es gibt jene Künstler, die ihre Werke ausdrücklich mit einer Botschaft versehen, und solche, die sich resolut dagegenstemmen und «l’art pour l’art» predigen.
Manche wollen neutral bleiben, weil sie befürchten, Engagement würde schnell in einseitige Propaganda abdriften. Doch «sich engagieren» wird oft mit «sich politisch engagieren» verwechselt. Angesichts der rechten Bedrohung ist jedes gesetzte Zeichen richtig am Platz und Rechtspopulisten, die in vielen Ländern an die Macht drängen, knöpfen sich oft als Erstes Künstler vor, wenn sie erst mal an der Macht sind.
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