Tagungsmarathon im „Centre culturel“ in Wormeldingen: Beim elften „Lëtzebuerger Wäibaudag“ drehte sich alles um rund um Weinbau, Marketing, Digitalisierung und Klimawandel. Dazu hatte der Veranstalter, die „Fédération des associations viticoles“ in Zusammenarbeit mit dem „Institut viti-vinicole“ (IVV) zahlreiche Referenten eingeladen.
Von Herbert Becker
Marc Weyer, Präsident des Winzerverbandes, eröffnete die Tagung mit einem Willkommensgruß an das voll besetzte Auditorium. Der Weinbautag zieht jedes Mal viele Experten wie Önologen, Weinbau-Ingenieure und Winzer von der luxemburgischen und deutschen Mosel an. Man kennt sich, hat dieselben Probleme und will diese Gelegenheit, sich zu treffen und auszutauschen, nicht verpassen. Im Rückblick auf das vergangene Erntejahr hob Weyer noch einmal die üppige Ernte mit gesundem und ausgezeichnetem Lesegut hervor und bezeichnete das Weinjahr 2018 als eines, das in die Geschichtsbücher eingehen werde.
Weinbausektor weiter nach vorne bringen
An die Adresse der Politik gerichtet bemerkte er, dass die Moselwinzer enttäuscht seien über die Kürzung von Fördermitteln aus Brüssel. Als Gründe dafür führte er die Flüchtlingspolitik und die Sicherung der Grenzen an. Man dürfe bei der Verteilung dieser Gelder nicht den zweiten Preis bekommen. Die Region und der Wein seien untrennbar miteinander verbunden. Dies gelte es zu erhalten und weiter nach vorne zu bringen.
Die nationale Politik sei nun gefordert, sagte Weyer. Die entsprechenden Ministerien müssten diesen Umstand auffangen und ausgleichen. Darunter falle auch der Support bei den Bemühungen, das Moseltal als Unesco-Weltkulturerbe oder -Biosphären-Reservat anerkennen zu lassen.
Der zuständige Minister Romain Schneider richtete in seinen Ausführungen den Blick nach vorne. Er dankte den Winzern, der Genossenschaftskellerei sowie dem IVV für Elan und Engagement im Dienste von Wein und Region. Beide müssten weiter nach vorne gebracht werden, man müsse und werde sich proaktiv positionieren und innovatives Gedankengut unterstützen. Im Rahmen der Möglichkeiten werde sein Ministerium die Mitfinanzierung der regionalen Entwicklung und des Weinbausektors vorantreiben.
Önotourismus soll ausgebaut werden
Hierbei gelte es zudem, neben dem Produkt Wein auch den Önotourismus weiter auszubauen. Die Mosellandschaft biete Feeling und Flair, man müsse dem Gast Lust auf Urlaub vor Ort machen. Dies wolle man in enger Zusammenarbeit mit dem ORT, dem „Fonds de solidarité“ und dem neu entstehenden „Centre mosellan“ in Angriff nehmen.
Der Minister verwies auch auf neue Techniken im Weinbau, denen man sich auf Dauer nicht entziehen könne, so z.B. die Digitalisierung im Weinkeller. Auch müsse der Bürokratismus der Autoritäten vereinfacht werden. Der Weinbautag, so Schneider, sei ein „Must“ für jeden Winzer und biete eine ideale Plattform zum Erfahrungsaustausch.
Im Laufe der Tagung boten die Veranstalter gleich zehn aufschlussreiche Referate rund um den Weinbau.
Digitalisierung
Im Laufe eines Arbeitsjahres hat der Winzer unzählige Entscheidungen zu treffen von der Rebpflege über die Lese bis hin zum Ausbau im Weinkeller, Abfüllung, Lagerung und Verkauf. Hier stellt sich die Frage: Welche Möglichkeiten bieten sich analog, oder geht es digital einfacher? Mancherorts gebe es schon sogenannte digitale Inseln, es fehle aber noch an der Vernetzung, um relevante Daten zu speichern und später nutzen zu können. Bei Gärsteuerungssystemen, Mostgewichtbestimmung, Tanktemperaturmessung, Dichtebestimmung liege die Zukunft, die es optimal zu nutzen gelte, führte Referent Achim Rosch vom „Dienstleistungszentrum nördlicher Raum Mosel“ aus.
Spielt das Wetter verrückt?
Wetterexperte Marc Krier gab einen detaillierten Überblick über die klimatischen Gegebenheiten im vergangenen Jahr. Begonnen hat es mit einem ungewöhnlich milden und nassen Januar, gefolgt von einem sonnig-frostigen Februar mit 28 Tagen im Minusgradbereich. Der April war der wärmste aller Zeiten, die Monate Juni bis September waren ausschließlich trocken und heiß bis auf wenige Gewitter. Alle Jahreswerte lagen über dem 30-jährigen Schnitt, es war das wärmste Jahr seit Messbeginn und am Ende fehlten rund 115 Liter Regen pro Quadratmeter.
Eine Klimaveränderung sei nicht von der Hand zu weisen, die Zahl der Sonnenflecken steige unaufhörlich, sogenannte Jetstreams (Windautobahnen) hätten starken Einfluss auf die Großwetterlage.
Exportförderung
Im Oktober 2018 hat Brüssel Gelder in Höhe von 450.000 Euro für ein neues Interreg-Projekt genehmigt. Ségolène Charvet von Terroir Moselle stellte es vor. Es geht um die Förderung des Exports der Weingüter des Moseltals in der Großregion. Rund 3.500 Winzer zwischen Toul und Winningen bedienen viele Absatzmärkte. Der Export ist jedoch wegen diffiziler und kostenträchtiger Zollbestimmungen schwierig. Hier strebt man nach Vereinfachung und Kostenminimierung, um die Märkte in Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Belgien und Lothringen zu erreichen, denn der potenzielle Abnehmer wohnt förmlich vor der Haustür. Neue Kundschaft muss akquiriert werden, unter dem Motto „Drei Länder – ein Fluss“ mit Urlaub im Weingut, „Weinbergbegehungen“ und ähnlichem mehr.
Schädling: Peronospera
Die Pilzkrankheit „Peronospera“, auch bekannt als falscher Mehltau, ist ein Thema für Winzer, zu dem Serge Fischer vom „Institut vini-viticole“ referierte. „Viti-Meteo“ ist ein Prognosesystem im Weinbau. Das „Institut vini-viticole“ bedient sich hierbei der sechs ASTA-Wetterstationen und bietet den Winzern eine geeignete Orientierungshilfe für den Rebschutz, um des aggressiven Pilzes Herr zu werden.
Starkgewitter sind hierbei oftmals der Auslöser für den Befall. Der Bekämpfungstermin sei hierbei von entscheidender Bedeutung, da die Inkubationszeit sehr kurz sei, sagte Fischer. Protektion sei daher umso wichtiger und man müsse im Bedarfsfall das eine oder andere Mal mehr spritzen. Neben Viti-Meteo bietet das IVV darüber hinaus Rebschutz- und Düngeberatung an und ist bei der Antragstellung für Fördergelder behilflich.
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