Hat ein 44-Jähriger seine Freundin misshandelt und später sogar vergewaltigt? Dieser Frage muss die Kriminalkammer des Bezirksgerichts in Luxemburg derzeit nachgehen – zum zweiten Mal.
Von Carlo Kass
Ein Mann, der im März dieses Jahres wegen Vergewaltigung und Körperverletzung zu neun Jahren Gefängnis verurteilt worden ist, hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Darum ist es jetzt Sache der Kriminalkammer, nochmals aufzurollen, was sich vor vielen Jahren und über Jahre hinweg ereignet haben soll.
So wird dem Angeklagten vorgeworfen, 2011 seine Freundin misshandelt zu haben – im vollen Bewusstsein, dass sie von ihm schwanger ist. Dabei soll er sie zuerst mit den Fäusten und kurze Zeit später mit einem Stock und einem Lineal traktiert haben, heißt es in der Anklageschrift. Angezeigt hat die Frau ihn schließlich im Juni 2013 – nachdem es zu einer Vergewaltigung gekommen sein soll. Der Mann, der in seiner Heimat bereits wegen Vergewaltigung zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden war, weist die Vorwürfe weit von sich: Es habe nie Gewalt gegeben in seiner Familie. Das mutmaßliche Opfer, das ohne Anwalt erschienen war, hielt allerdings an seiner Darstellung der Geschehnisse fest – und an dem geforderten und in erster Instanz zugesprochenen Schadenersatz in Höhe von 7.000 Euro.
Anwalt: Urteil fußt auf subjektiven Zeugenaussagen
Der Anwalt des Angeklagten, Me Frank Rollinger, bezeichnete die Anklage als „dünn“ und stellte sich voll hinter seinen Mandanten: Das Urteil der ersten Instanz fuße ganz auf subjektiven Zeugenaussagen, die die Richter allerdings als objektiv angenommen hätten. Um deren Glaubwürdigkeit zu erschüttern, ging er zunächst auf darin vorhandene Widersprüche und Irrtümer ein. Weiter führte der Anwalt in erster Instanz gemachte Aussagen der Kinder an, die nicht ausreichend gewürdigt worden seien: So sei zwar von verbalem Streit um Geld die Rede gewesen, es habe aber nie physische Gewalt gegeben. Außerdem, so der Anwalt, habe die Frau den Angeklagten unter Druck gesetzt, sie zu heiraten, um so ihre Situation in Luxemburg endlich zu legalisieren.
Rollinger unterstellte den Ermittlern außerdem Verfolgungseifer, etwa bei der Auswertung von Verbindungsdaten: Da gebe es viele Unklarheiten, etwa wer welches Handy benutzt hat, oder was den Zeitrahmen von Verbindungen zwischen dem Angeklagten und seiner Freundin anbelangt.
Reise nach Brüssel
Fragwürdig sei auch noch die Tatsache, dass das mutmaßliche Opfer nach der vorgeworfenen Tat trotzdem mit dem Angeklagten nach Brüssel gefahren ist – um in der dortigen serbischen Botschaft ihre Situation zu klären. Anwalt Rollinger fordert schließlich den Freispruch des Angeklagten.
Die Staatsanwaltschaft forderte dagegen die vollumfängliche Bestätigung des Urteils aus erster Instanz. Es gebe keinen Grund, an den Aussagen des mutmaßlichen Opfers zu zweifeln: In Fällen von häuslicher Gewalt stehe regelmäßig Aussage gegen Aussage. Im vorliegenden Fall seien die Angaben der Frau vom Anfang bis zum Ende kohärent und nie widersprüchlich gewesen.
Bei der anschließenden Befragung des mutmaßlichen Opfers zu Telefondaten, die eine Verbindung mit dem Angeklagten nach dessen Verweis aus dem Haus belegen, verstrickte sich die Frau jedoch in massive Widersprüche.
Das fünfköpfige Berufungsgericht muss seine Interpretation des Vorgetragenen nun in ein Urteil gießen, das am 15. Januar 2019 gesprochen werden soll.
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