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Mandat des Himmels

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Des Wählers Ratschluss ist unerforschlich, stellt Francis Wagner fest,

Es ist selten gut, wenn in einem demokratisch verfassten Gemeinwesen dieselbe Partei über ein halbes Jahrhundert oder mehr an der Macht bleibt.
Es sei denn, ihre Leistung rechtfertigte dies. Was aber den wenigsten von ihnen über fünf Jahrzehnte hinweg gelingt.

Denn besonders bei Parteien, die vorgeben, ihrer politischen Arbeit die Präzepte einer monotheistischen Religion zugrunde zu legen, ist es quasi unausweichlich, dass sie sich irgendwann einbilden, dass der Allmächtige sie an die Hebel der Macht gehoben habe. Und zwar in saecula saeculorum.

Ab dann wird die Wählerschaft zu einer Untertanenschaft, die eigentlich nichts mehr zu wählen hat, sondern der nur noch übrig bleibt, der göttlich gesalbten Herrschaft alle paar Jahre an der Wahlurne ihre demütigste Huldigung darzubringen.
Die bayrische CSU war eine solche Partei. Schon zu Straußens Zeiten gefielen sich ihre Funktionäre in der süffisanten Feststellung, dass selbst ein Besenstiel gewählt werden würde, wenn er denn nur von der allein seligmachenden Staatspartei aufgestellt worden sei.

Eine solche Mentalität gebiert aber auf Dauer notwendigerweise Arroganz, Faulheit, Liederlichkeit und schließlich schieres Versagen.
Womit ihre Hoffart für diese Selbstherrlichen natürlich langfristig die Gefahr ihres Sturzes birgt.

Denn irgendwann dämmert es auch den politisch eher Passiven, dass die angeblich „par la grâce de Dieu“ über sie gesetzte Herrschaft – wie es die Chinesen so schön ausdrücken – ihr „Mandat des Himmels“ verwirkt hat.
Und dass ein Machtwechsel keineswegs den Untergang der Zivilisation, wie wir sie kennen, bedeuten würde, sondern viel eher einen Aufbruch aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit.

Und so ist am Sonntag im Freistaat Bayern etwas geschehen, das wohl noch unchristlicher als die Oktoberrevolution sein dürfte: Die CSU ist ihrer absoluten Mehrheit, unbeschadet all ihrer vermeintlichen Gottgegebenheit, verlustig gegangen. Sie muss fortan durch das tränenreiche Jammertal der Demokratie wandeln und – horribile dictu – die Macht teilen. Womöglich gar mit ausgschamten Haderlumpen, die wo der Ansicht sind, dass der Balkensepp nichts an der Wand einer Amtsstube verloren habe. Am Fall Bayern besonders trostreich wirkt aber der Umstand, dass die krachledernen Christsozialen ihr Himmelsmandat nicht als Einzige eingebüßt zu haben scheinen.

Auch im nur 190 Kilometer von Bayern entfernten Luxemburg müssen sich dieser Tage die örtlichen Christkonservativen mit dem Gedanken anfreunden, dass selbst ein fünfjähriger Aufenthalt im Fegefeuer nicht notwendigerweise dazu ausreicht, um sich wieder in der Gnade des Allerhöchsten, nämlich des wählenden Souveräns, sonnen zu dürfen.
Die Wege des Herrn Wählers sind nunmal unergründlich, sein Ratschluss unerforschlich. Und die seiner Frau natürlich ebenso.

Ujheen
18. Oktober 2018 - 8.34

Merci Här Wagner fir Är Rajoute. An Där hudd och schons déi richteg Nimm genannt déi alles aanescht wéi reliéis Fanatiker woaren a souguer d’Chrëschten an aanere Unhänger vun ech weess net waat fir enger Relioun verfollegt an ëmbruecht hunn.
Wann ech dem Här Zeyen séng Kommentäre liesen muss ech dax schmunzelen, hien duerft wahrscheinlech als Massendénger a sénger Kandheet net dem Paschtouer de « Liebfrauenmilch » an de Kielech schedde während der Mass, dofier säin Haass op d’Paafen a séng Verbassenheet géint dee Klippchen ;-)) Tréischt Äech, ech sinn aus de Massendinger geflunn well ech während enger Mass eng Laachkriiss kruut an de Paschtouer mech virun de Leit an d’Sakristei geschleeft huet a mer der e puer anstänneger an d’Sabbel gouw...;-))

F.Wagner
17. Oktober 2018 - 23.13

Die Religion ist nicht an allem Schuld . Siehe Mao, Stalin, Hitler... Die alten Parteien beschäftigen sich nicht mit den Problemen der Zukunft: Ökologischer Kollaps, digitale Diktatur, disruptive Technologien, massenvernichtungs Waffen. Nur. die Grünen und die Piraten scheinen diese Probleme zu erahnen.

Jacques Zeyen
17. Oktober 2018 - 9.16

Bravo.
Genau so.
Zu ihrem Artikel ein einfaches Copy/Paste von einem vorherigen Kommentar.

"Das hohe ” C ” ist nicht mehr gefragt,denn die Christen haben keine gute Geschichte-wie die meisten Sekten übrigens. Und mal nebenbei.Warum sollten die Gespräche einer Erfolgsregierung scheitern. Das ist doch Opportunismus auf höchstem Niveau. Gott sieht alles."
Und in Bayern sieht man,dass sogar die Kruzifix-Pflicht des Schwarzbären Söder(das Kreuz als eines der schlimmsten Folterinstrumente aller Zeiten) keinen Respekt mehr einflößt. Die Indoktrinierten scheinen ,zum größten Verdruss der Vertreter Gottes auf Erden,so langsam auszusterben.

roger wohlfart
17. Oktober 2018 - 9.14

Der Aufenthalt im Fegefeuer ist mit einem Läuterungsprozess verbunden, dem sich die Christlichsozialen anscheinend nicht unterzogen haben. Allein 5 Jahre Opposition führen nicht automatisch zu einem grossartigen Comeback. Und das C im Parteinamen wirkt keine Wunder. Die letzten 5 Jahre, wie übrigens die Legislaturperiode zwischen 1974 und 79 haben bewiesen, dass es auch ohne die CSV geht, wenn nicht sogar besser. Die Selbstgefälligkeit und die Arroganz der rechten " Staatspartei " verdiente bestraft zu werden. Aber sie ist nicht der einzige Verlierer. Auch die LSAP ist in Sachen Demut und Erneuerung gefordert . Es ist doch auffallend, dass die zwei ehemals stärksten Parteien, mit dem S für sozial, abgestraft worden sind. Das müsste ihnen zu denken geben.