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Wie die Grünen Gambia retteten

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Die Koalition war totgesagt, die Regierungsparteien glaubten selbst nicht mehr wirklich daran. Schlussendlich haben die Grünen Gambia gerettet. Zumindest falls die drei beschließen sollten, Gambia II Realität werden zu lassen. 

«Es gibt kein blau-rot-grünes Projekt mehr.» Als LSAP-Fraktionschef Alex Bodry diesen Satz im Juni äußerte, ging ein Beben durch die Luxemburger Politwelt. In den Hinterzimmern war Gambia schon lange für tot erklärt. Bodry hatte gerade das ausgesprochen, was viele in Luxemburg dachten. Vizepremier Etienne Schneider (LSAP) griff ein und zeigte sich verwundert über Bodrys Aussage. Auch Grünen-Spitze François Bausch schrieb noch am selben Tag auf Twitter, dass er doch etwas verwundert sei «über das, was einige Politiker von sich geben» würden. Keiner zweifelte, dass er gerade über Bodry sprach.

Und es sah tatsächlich schlecht aus für die Regierung. Seit Monaten schon wurden der CSV in den Umfragen haushohe Gewinne zugesprochen. Mitte 2017 war sogar die Rede von 29 Sitzen für die CSV. In der letzten Umfrage vom Juni 2018 sprach man von 26 Sitzen. Irgendwann hatten die Regierungsparteien das Gefühl, dass es nur noch um das blanke Überleben geht. Und sie wechselten, wie es in der Politik üblich ist, in den Überlebensmodus. Die Parteien traten den Wahlkampf getrennt an. Zeitweise hatte man das Gefühl, als seien sie nie gemeinsam in einer Koalition gewesen. Die CSV zeigte sich selbstsicher. Als müsse sie nachher nur noch einen Koalitionspartner wählen.

Die Grünen mit einem Überraschungssieg

Doch der Wahlsonntag sollte alle eines Besseren belehren. Die Umfragen entsprachen nicht den Tatsachen. Die CSV, die in der letzten Legislaturperiode 23 Sitze hatte und die mit einem Gewinn von ein paar Sitzen rechnete, stürzte auf 21. Bei der LSAP und der DP waren die Umfragen zutreffend. Die Sozialisten verloren drei Sitze und werden in Zukunft 10 Abgeordnete haben. Die Liberalen müssen einen ihrer 13 Sitze abgeben, können also 12 Volksvertreter ins Parlament schicken. Womit jedoch niemand gerechnet hatte: Die Grünen räumten am Sonntag ab. Und so richtig ordentlich. Zwar dachten viele, dass sie sich halten oder vielleicht einen Sitz zulegen würden. Dass sie aber von 6 auf 9 steigen und damit ihr bestes Resultat der Parteigeschichte überhaupt einfahren würden, das hatten die wenigsten kommen sehen.

Die Grünen haben Gambia gerettet. Rechnerisch zumindest. Noch sei nichts entschieden, wiederholten die Spitzenkandidaten von DP, LSAP und den Grünen immer wieder am Sonntagabend. Man wolle aber miteinander reden. Worin sich die drei einig waren: Die CSV gehe als Verlierer aus den Wahlen und habe wohl kaum einen Anspruch auf die Regierungsbildung. CSV-Spitzenkandidat Claude Wiseler zeigte sich auch dementsprechend unzufrieden mit dem Resultat, auch wenn er dauernd wiederholte, dass die CSV noch immer die größte Partei in Luxemburg sei.

Das Ende des CSV-Staats?

Die Grünen waren jedoch nicht die Einzigen, die am Sonntag für eine Überraschung sorgten. Lange war die Rede von einem Rechtsruck in Luxemburg. Ganz nach dem Vorbild der großen europäischen Nachbarn. Die rechtskonservative ADR liebäugelte mit der Rückkehr in glanzvollere Zeiten, als die Partei noch bis zu sieben Abgeordnete stellte. Die drei Abgeordneten, die sie in der letzten Legislaturperiode hatte, wollte sie auf mindestens fünf Mandate ausbauen. Fraktionsstärke lautete das Ziel. Das bedeutet mehr Geld, mehr Mitarbeiter für die Abgeordneten und vor allem ein Anspruch auf wichtigere Positionen in den Kommissionen. Doch es kam anders. Zwar konnte die ADR einen Sitz gewinnen. Das Resultat lag aber weit hinter dem, was die Partei sich erhoffte. Der Abgeordnete Gast Gibéryen sprach demnach auch von einem enttäuschenden Resultat. «Ein Auge lacht, weil wir einen Sitz im Norden zurückerobert haben, und ein anderes weint, weil wir unser gesetztes Ziel nicht erreicht haben», meinte er auf RTL.

Bei den Piraten sieht es anders aus. Die Partei, die vor einem Jahr auf einem Kongress vor den Gemeindewahlen noch interne Machtkämpfe in aller Öffentlichkeit austrug, wird mit zwei Abgeordneten in das Parlament einziehen. Eine Überraschung bei einer Partei, die sich in den letzten zwei Jahren immer weiter von ihren Idealen entfremdet und ihre Türen für Kandidaten geöffnet hat, die eigentlich mit der DNA der Partei nichts zu tun haben. Standen die Piraten vor einigen Jahren noch für Digitalisierung und Datenschutz, führten sie diesmal einen aggressiven Wahlkampf rund um populistischere Themen wie Tierschutz, Altersheime und Wohnungen für 10 Euro je Quadratmeter.

Hätten wir in Luxemburg ein anderes Wahlsystem, wären die Resultate wahrscheinlich ganz anders ausgefallen. Der Fall der großen und der Aufstieg der kleinen Parteien wurden vom D’Hondt-Verfahren ausgebremst. Das System bevorzugt bei der Vergabe von Restsitzen Parteien, die schon Sitze ergattert haben, und benachteiligt die «kleinen». Trotzdem scheint ein neues Zeitalter eingeläutet zu sein. Sollten die Koalitionäre wieder zusammenfinden, würde zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg die CSV in zwei aufeinanderfolgenden Legislaturperioden von der Macht ferngehalten werden. Die Zeit des CSV-Staates könnte sich seinem Ende zuneigen.

Jang
15. Oktober 2018 - 13.20

Gambia wor nach nëtt ësou schlecht,
ëtt hätt können nach villes aneres gemach ginn,
nëtt nëmmen Denkmähler setzen asw.
Rentner an Mettelständler ginn ëtt och nach am Land an dierfen
nëtt op d'Seit gedrängt ginn,
hoffentlech hunn déi Gréng daat verstaan an bleiwen ëlo matt
den Féiss um Buedem. Eng iwerhieflech onkompetent CSV wëlle maer och nëtt.
Weider ësou ower matt Moos an Verstand.

Le républicain
15. Oktober 2018 - 12.52

Götterdämmerung für die CSV...und ohne Zweifel verdient, es gibt heute keine staatstragende Parteien mehr...Pluralität ist angesagt...Gambia sollte also ruhig weiter machen den Majorität ist Majorität und der Rest ist das große Schweigen...

Nomi
15. Oktober 2018 - 12.26

@ Redaktio'un : Beim Oofstemmen kennt een ob eng Seit vun der CMCM !

Jacques Zeyen
15. Oktober 2018 - 9.41

Der Wandel?? Es wurde auch Zeit. Der liebe Gott zieht sich aus der Politik zurück.Zumindest in Luxemburg.
Die Zeit des CSV-Staates könnte sich seinem Ende zuneigen. "Gott" sei Dank. Aber vielleicht ist es nicht der liebe Gott sondern eine reifere Jugend oder besser die alten Traditionalisten die wegfallen,was den Wandel einläutet. Neue Männer(Frauen) braucht das Land. Die Luxemburger haben sich für eine gute Arbeit von Gambia bedankt und schlau gewählt.
"Mir wëlle bleiwen wat mir sinn??" Vielleicht eben nicht.Vielleicht wollen wir noch besser werden,denn wer stehen bleibt der kommt nicht weiter.