Man darf gespannt sein, ob nach Jahren des Krieges, der Verfolgung und der Kerker jemand diesen Worten Glauben schenkt. Syriens Präsident Assad verspricht eine Generalamnestie für Deserteure. Die Straffreiheit soll auch bei einer Flucht vor dem Wehrdienst gelten.
Der syrische Präsident Baschar al-Assad hat eine Generalamnestie für Deserteure und Wehrdienstverweigerer erlassen. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Sana am Dienstag meldete, gilt die Amnestie für alle Deserteure inner- und außerhalb des Landes sowie für Männer, die sich durch Flucht dem verpflichtenden Wehrdienst entzogen haben. Demnach sollen sie «straffrei» ausgehen, doch blieb offen, ob sie ihren Wehrdienst ableisten müssen. Seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien 2011 sind Zehntausende Wehrpflichtige aus der Armee desertiert oder haben sich dem Wehrdienst durch Flucht ins Ausland oder durch den Gang in den Untergrund entzogen. Viele Deserteure und Wehrpflichtige haben sich zudem den Rebellen angeschlossen.
Die Furcht vor Strafe hindert viele wehrpflichtige Flüchtlinge bis heute daran, aus dem Ausland nach Syrien zurückzukehren. Laut der Amnestie haben Wehrdienstverweigerer und Deserteure innerhalb Syriens nun vier Monate Zeit, um sich bei den Behörden zu melden. Wer ins Ausland geflohen ist, muss sich demnach binnen sechs Monaten den Behörden stellen. Laut Sana gewährt die Amnestie Straffreiheit von allen Vergehen gemäß dem Gesetz zum Militärdienst. Ob die Amnestie auch für Wehrpflichtige gilt, die sich den Rebellen angeschlossen haben, blieb offen.
Vor Beginn des Konflikts mussten Syrer über 18 Jahre bis zu zwei Jahre Wehrdienst leisten. Anschließend gehörten sie der Reserve an, die in Krisenfällen mobilisiert werden konnte. Seit Beginn des Konflikts soll die Armee durch Todesfälle, Verwundungen und Desertion die Hälfte ihrer 300.000 Soldaten verloren haben. Um die Verluste auszugleichen, wurden Reservisten eingezogen und der Wehrdienst wurde auf unbestimmte Zeit verlängert.
Erst im Mai wurden die Soldaten, die 2010 ihren Wehrdienst begonnen hatten, nach Hause entlassen. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte verstecken sich rund 150.000 Syrer vor dem Wehrdienst. In den vergangenen Jahren gab es bereits ähnliche Amnestien für Deserteure, doch ist unklar, wie viele Syrer davon Gebrauch gemacht haben.
Nunja, 150.000 Soldaten verloren klingt erst mal nach viel, allerdings sollte man bedenken, dass es eine typische Sowjet-Armee war. Die meisten Soldaten waren ziemlich sinnlos. Erst mit der Intervention der Russen wurde da richtig aufgeräumt und die Armee massiv umgebaut. Die "Tiger"-Gruppe (etwa 1000-2000 Mann), eine Elitegruppe, die unter anderem in Aleppo, in Deir-Ez-Zor, in Palmyra, in Daraa und in Ghouta zu Werke ging, wurde erst im Laufe des Konflikts gegründet und aufgebaut, wohl auch mit ausländischem (russischem?) Geld.
Auch sonst sind die meisten Soldaten nach wie vor vor allem mit der Sicherung des regierten Territoriums beschäftigt, unter anderem an Checkpoints oder in ehemaligen Rebellenstädten/vierteln. Die richtigen Kampftruppen sind dann wohl doch eher Freiwillige und vor allem Loyalisten aus Latakia und Tartus, also Alawiten. Auch wenn die Kampftruppen mittlerweile wieder angewachsen sind (siehe Zahl der für den bisher noch nicht erfolgten Angriff auf Idlib mobilisierten Soldaten + der Blitzangriff auf Daraa vor ein paar Monaten), sollte man nicht vergessen, dass auch Assad mittlerweile viel auf Ausländer zurückgreift, unter anderem iranische Revolutionsgarden und auf Afghanen.
Ach, und davon abgesehen: die syrische Bevölkerung ist zwar um etwa die Hälfte geschrumpft, aber das bedeutet immer noch ein riesiges Reservoir an möglichen Rekruten zwischen 18 und 49 Jahren. So verzweifelt dürfte die Lage für Assad dann auch nicht sein. Entweder will er nur dem Westen etwas vorgaukeln (wie schon so oft), oder Russland dem Mund nach reden oder es ist eine Finte um die Opposition zu schwächen (und Deserteure ins Gefängnis zu werfen, wie schon immer).