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ÖVP-Abgeordneter gefeuert: Sexistisch ins Abseits

ÖVP-Abgeordneter gefeuert: Sexistisch ins Abseits

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Die ÖVP hat einen Abgeordneten wegen eines sexistischen Tweets über eine deutsche Politikerin gefeuert. Es ist der zweite Abgang eines Vertrauten von Kanzler Sebastian Kurz binnen einer Woche.

Von unserem Korrespondenten Manfred Maurer

«Es gibt ein Leben nach der ÖVP» – etwas verbittert nahm Efgani Dönmez am Montag das Ende seines kurzen Lebens in der Kanzlerpartei zur Kenntnis. Im Juli 2017 war er vom neuen Parteichef Sebastian Kurz höchst prominent als erster Kandidat für die Nationalratswahl präsentiert worden. Der vor 41 Jahren in der Türkei geborene Oberösterreicher sollte einen neuen politischen Schwerpunkt der ÖVP repräsentieren: den Kampf gegen den politischen Islam. Aufgrund seiner Herkunft und Glaubenszugehörigkeit immun gegen den Vorwurf der «Türken-Feindlichkeit» oder «Islamophobie» gab Dönmez die Speerspitze gegen islamische Fundis und türkische Nationalisten in Österreich.

Einschlägige Erfahrungen hatte er schon zuvor bei den Grünen gesammelt, für die er 2008 bis 2015 im Bundesrat saß. Als er im Jahr 2015 nach einer Kundgebung für den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan in Wien dazu riet, die teilnehmenden Austro-Türken «mit einem One-Way-Ticket wieder in die Türkei zurück» zu schicken, zog er sich den Zorn vieler Parteifreunde zu. Das Leben bei den Grünen endete aber erst, als er im Mai 2017 den österreichischen Identitären-Chef Martin Sellner zu einem gemeinsamen Besuch eines Flüchtlingswohnprojektes in Oberösterreich einlud. Das wollte der zuständige grüne Landesrat Rudolf Anschober den Flüchtlingen aber nicht zumuten, worauf Dönmez die Grünen zur «Sekte» erklärte und sich verabschiedete. Zu dem Zeitpunkt gab es schon zarte Bande zur ÖVP, die Sebastian Kurz gerade übernommen hatte.

Am Montag durchtrennte der Kanzler das Band höchstpersönlich in einem eiligen Schnitt. Denn Dönmez hatte wieder einmal einen Aufreger geliefert. Am Vortag hatte er sich auf Twitter in eine Diskussion über die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli verwickeln lassen. Auf die Frage eines Nutzers, wie die SPD-Politikerin nur zu ihrem Amt gekommen sei, twitterte der Österreicher: «Schau dir mal ihre Knie an, vielleicht findest du da eine Antwort.»

Entschuldigung reichte nicht mehr

Der Shitstorm folgte auf dem Fuß. Der Tweet wurde als eindeutig sexistische Unterstellung interpretiert. Nicht nur SPÖ-Fraktionschef Andreas Schieder forderte den Rücktritt des ÖVP-Abgeordneten, auch aus den eigenen Reihen hagelte es Proteste. «Das ist eine massive Entgleisung und völlig inakzeptabel. Jedenfalls kann man da nicht einfach zur Tagesordnung übergehen», meinte Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß. Dorothea Schittenhelm, Chefin der ÖVP-Frauen, legte Dönmez Konsequenzen nahe: «Es wäre sehr anständig, wenn er von sich aus als Mandatar des Hohen Hauses die Konsequenzen zieht.»

Eine noch Sonntagabend nachgetwitterte Entschuldigung hatte die Wogen nicht mehr glätten können: «Es war niemals meine Absicht, Frau Chebli wegen ihres Geschlechts oder politischen Parteizugehörigkeit zu diffamieren», versuchte Dönmez «einen Moment der Schwäche» zu entschuldigen. Er habe Chebli nur kritisieren wollen, weil sie seit Jahren reaktionäre Muslimverbände unterstütze. Tatsächlich ist die Politikerin nicht unumstritten. So hatte sie in Interviews mit unklaren Aussagen den Eindruck erweckt, die Scharia (islamisches Recht) sei vereinbar mit dem deutschen Grundgesetz.

Nicht die erste Personalpanne

Aber um diese Diskussion ging es im konkreten Fall nicht. Was blieb, war ein sexistischer Tweet – und am Montagnachmittag eine Presseaussendung, in der Sebastian Kurz und ÖVP-Fraktionschef August Wöginger den sofortigen Ausschluss Dönmez’ aus der ÖVP-Fraktion mitteilten. «Alle hohen politischen Funktionsträger und Funktionsträgerinnen müssen sich dessen bewusst sein, dass sexistische, beleidigende Entgleisungen nicht akzeptabel sind. Dafür gibt es in der neuen ÖVP keinen Platz.» Die beiden Parteigranden bedauerten den unausweichlichen Schritt, «weil wir Efgani Dönmez als Kämpfer gegen den politischen Islam sehr schätzen». Der will nun als «wilder Abgeordneter» weitermachen.

Bedauern wird Kanzler Kurz wohl auch, dass Dönmez nicht der erste Vertraute ist, von dem er sich trennen musste. Erst am Wochenende davor hatte der Tiroler Nationalratsabgeordnete Dominik Schrott das Handtuch werfen müssen, nachdem in Medien diverse Enthüllungen über unsaubere Wahlkampfaktionen aufgetaucht waren. Der Obmann der Jungen ÖVP Tirol hatte im vergangenen Jahr seinen Wahlkampf unter anderem mit einem Gewinnspiel gewürzt, bei dem es den ausgelobten Preis gar nicht wirklich gab. Das Video von der angeblichen Gewinnübergabe war ein Fake.

Außerdem wurde bekannt, dass der Kurz-Intimus 24.000 Euro für die Erstellung einer Homepage abgerechnet hatte, die es bis heute nicht gibt. Das Bekanntwerden dieser Informationen könnte auch damit zu tun haben, dass Schrott in der Tiroler ÖVP wegen seiner Nähe zu Kurz nicht nur Freunde hatte. Die beiden Personalpannen binnen einer Woche sind jedenfalls tiefe Kratzer am mühsam gepflegten Hochglanzlack des Sebastian Kurz.