Der «Karelshaff» liegt auf einer Anhöhe zwischen Colmar-Berg und Mertzig bzw. Michelbuch. Seit 1949 wird das Gebäude von der Familie Von Roesgen als Bauernhof bewirtschaftet, früher hatte das Gemäuer aber eine ganz andere Rolle zu übernehmen.
Von Roger Infalt
Man muss sich in die Zeit zurückversetzen, in der die «großen Herren» gleich während mehrerer Tage, manchmal sogar wochenlang zur Jagd gingen. Es wurden «noble Gäste» dazu eingeladen, die dann auch fürstlich untergebracht bzw. verpflegt werden wollten. Anfang des 18. Jahrhunderts gab es gleich mehrere große Jagdgebiete in unserem Land, eines davon lag unweit des Schlosses von Berg.
Apropos Schloss Berg: Die erste Erwähnung eines Herrn von Berg(he) geht auf das Jahr 1311 zurück. Die Eigentümer des Schlosses wechselten häufig, bis König-Großherzog Wilhelm II. dem Baron Claude du Pasquier das Schlossgut im Jahre 1845 abkaufte. Unter der Herrschaft Wilhelms III. wurden am Schloss zahlreiche Veränderungen im neugotischen Stil vorgenommen. 1891 ging der private Besitz des Königs an Großherzog Adolph über. In diesem Jahr zog Erbgroßherzog Wilhelm IV. auf Schloss Berg ein, wo seine sechs Töchter aus der Ehe mit der Infantin Maria Anna von Braganza zur Welt kamen.
Wilhelm IV. baut neu
Bei seiner Thronbesteigung ließ Wilhelm IV. das alte Schloss abtragen und durch ein den damaligen Bedürfnissen besser angepasstes Gebäude ersetzen, das vom Münchner Architekten Max Ostenrieder entworfen und vom Luxemburger Pierre Funck-Eydt errichtet wurde. Die Arbeiten begannen 1907 und wurden 1911 abgeschlossen.
Der Staat Luxemburg erwarb das Schloss im Jahre 1934 und stellte es der großherzoglichen Familie zur Verfügung. Während des Zweiten Weltkriegs brachten die Nazis im Schloss eine Eliteschule für Mädchen unter. Die dafür notwendigen Veränderungen verursachten starke Schäden. Seit 1948 ist Schloss Berg gemäß der geänderten Verfassung dem Großherzog als Wohnsitz vorbehalten.
Im Besitz der großherzoglichen Familie
Warum dieser Ausflug in die Geschichte des Schlosses von Berg? Die Antwort liegt darin, dass der heutige Karelshof zu einer gewissen Zeit ebenfalls zu den Besitztümern der großherzoglichen Familie gehörte. Das heutige Wohnhaus des landwirtschaftlichen Anwesens wurde bereits 1817 von Karl Daumartin als Jagdhaus gebaut, das sehr abgelegen lag, was den Herrschaften sehr genehm war.
Ende des 19. Jahrhunderts kam es in den Besitz der großherzoglichen Familie. Im Jahre 1949 wurde das Anwesen aber verkauft. Der neue Besitzer hieß Charles von Roesgen. Der landwirtschaftliche Hof wurde ab dann von der Familie Von Roesgen bewirtschaftet, zuerst von Charles, anschließend von seinem Sohn Franz von Roesgen und seiner Ehefrau Marianne Kayser. Nebenbei sei hier angemerkt, dass Franz von Roesgen über längere Zeit das Bürgermeisteramt der Gemeinde Colmar-Berg innehatte.
Bio-Richtlinien
Im Jahre 2002 gab es eine große Veränderung auf «Karelshaff». Die Tochter von Franz und Marianne, Alice von Roesgen, und ihr Ehegatte Jean-Louis Colling, die den Hof 2000 übernommen hatten, bewirtschaften diesen 72 Hektar großen Betrieb seitdem ganz auf der Grundlage biologischer Richtlinien («Bio-Lëtzebuerg»). Die Hauptbetriebszweige sind die Mutterkuhhaltung der Rasse Limousin, die Aufzucht von Bio-Hähnchen, der Ackerbau, Grünland und die Saatgutvermehrung von Getreide und Leguminosen. Der Karelshof ist heute auch ein staatlich anerkannter «Bio-Demonstrationshof» der IBLA (Referenzzentrum der Forschung und der Beratung im Biosektor in Luxemburg).
INFO
karelshaff@gmail.com, Tel.: 88 81 63
Was die Motivation betrifft, den Hof in biologischer Wirtschaftsweise weiterzuführen, so konnte sich Familie Colling-Von Roesgen nur schwierig vorstellen, wie sich ein authentischer Geschmack und eine hohe Lebensmittelqualität mit einer anderen Wirtschaftsweise vereinbaren ließen.
Von den 72 ha sind ca. 42 Ackerland, von diesen wiederum sind 24 ha Getreideanbau, vier ha Körner- und neun ha Futterleguminosen (Luzerne/Rotklee) und gemischtes Feldfutter. Zudem gibt es 30 ha Grünland. In einem Artikel, der 2016 in dem Gemeinde-Informationsblatt erschien, wird u.a. hervorgehoben, dass Alice und Jean-Louis der direkte Kontakt mit ihren Kunden besonders am Herzen liegt. Aus diesem Grund verkaufen sie den Großteil ihrer Produktion, was «Bio-Junior Beef» und «Bio-Hähnchen» anbelangt, direkt an Privatleute.
Quellenangabe: «De Gemengebuet Colmar-Bierg» Nr. 2/2016; Institut für biologische Landwirtschaft und Agrarkultur Luxemburg; www.luxembourg.public.lu
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