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Jetzt müssen Trump und Putin liefern

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Erst die Weltmeisterschaft, jetzt auch noch das Treffen mit Donald Trump – und das unmittelbar vor der Haustür der Petersburger: Wladimir Putin ist im Stimmungshoch. Die russische Opposition verspricht sich davon nichts Gutes.

Von unserem Korrespondenten Axel Eichholz, Moskau

Am Sonntag ist die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 zu Ende gegangen. Frankreich ist gegen Kroatien Weltmeister geworden. Gewonnen hat aber vor allem der russische Präsident Wladimir Putin. Bei der Siegerehrung im Moskauer Olympiastadion Luschniki führte er sich so auf, als habe er den Fußball erfunden.

Das Wetter erlaubte ihm auch zu zeigen, wer Herr im Hause sei: Die Zeremonie wurde von einem sintflutartigen Regen gestört. Als der Platzregen auf das Stadion niederprasselte, öffnete sich lediglich über dem russischen Präsidenten ein Schirm. Der Präsident des Fußball-Weltverbandes FIFA Gianni Infantino, der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und die kroatische Präsidenin Kolinda Grabar-Kitarovic waren im Nu bis auf die Haut nass.

Auch Trump will Reklame

Der Regen war auch ein gutes Zeichen für Putins nächsten Streich: Ein alter russischer Aberglaube sagt, Regen bei Antritt einer wichtigen Reise bringe Glück. Am gestrigen Montag flog Putin nach Helsinki zu einem Treffen mit Donald Trump. Den ersten vollwertigen russisch-amerikanischen Gipfel seit Trumps Amtsantritt holte sich Putin direkt vor die Haustür seiner Heimatstadt St. Petersburg.

Die russische Opposition verspricht sich vom amerikanisch-russischen Gipfel nichts Gutes. Der Gründer der demokratischen Jabloko-Partei, Grigori Jawlinski, bezeichnet ihn als „Teil der PR-Show des US-Präsidenten“. Selbst enge Mitstreiter Trumps verglichen die russische Führung mit der Mafia, sagte er. Der Vorsitzende der Parnas-Partei, Ex-Premier Michail Kassjanow, meint, der russische Präsident sollte von dem Gipfel nichts erwarten. Trump benötige ihn für innenpolitische Zwecke. Er wolle zu Hause zeigen, dass er sich mit Kim Jong-un einigen konnte, nun komme Putin dran. Jawlinski bezeichnet die beiden Präsidenten als «politisch blind». Sie würden ihre Länder und mit ihnen die Welt ins Nichts führen. Das Treffen in Helsinki sei schlecht vorbereitet. Es gebe keine durchdachten Initiativen und keine Szenarien für die weitere Entwicklung ihrer Beziehungen. Die «Partner» brächten einander Zynismus entgegen. Das Format von Trumps außenpolitischen Aktivitäten ergebe sich aus dessen sehr geringer politischer Erfahrung und dessen begrenztem Gesichtskreis, so Jawlinski.

Keine Erfolgsaussichten und keine Erklärungen

Er wolle den traditionellen Verbündeten der USA die kalte Schulter zeigen und stattdessen die schlimmsten Außenseiter der Weltpolitik treffen, so der russische Oppositionspolitiker. Die Aufgabe der russischen Machthaber bestehe heute darin, für den amerikanischen Präsidenten Reklame zu machen. Den russischen Präsidenten könne aber keine Reklame mehr retten. Niemand zweifle an Putins langfristigem Kurs auf das Wettrüsten. Der Dialog über Entspannung und atomare Abrüstung zwischen Russland und den USA existiere gar nicht mehr, sagt Jawlinski. Nur Russland selbst könne sich wieder aus der Sackgasse führen. Dafür müsste es aber sofort den Krieg im Donbass beenden, die Truppen aus Syrien abziehen und die Unterstützung von Assad einstellen.

«Da die US-Verbündeten von Russland eine Änderung seiner Politik fordern, glaube ich nicht, dass Trump seinem Gegenüber irgendwelche weltpolitischen Vorteile für dessen Wohlverhalten in der internationalen Arena anbieten wird», sagt Kassjanow. Das brauche der russische Führer, nicht aber der amerikanische Präsident. «Deshalb prognostiziere ich keine Erfolgsaussichten beim Gipfel in Helsinki und keine schicksalhaften Erklärungen», sagte der Oppositionspolitiker.


Entrüstung in den USA über Trump

von Reuters/AFP

Das Auftreten von US-Präsident Donald Trump beim Gipfeltreffen mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin ist in den USA auf scharfe Kritik gestoßen. Prominente republikanische und demokratische Mitglieder des Kongresses warfen Trump vor, er habe sich nicht mit klaren Worten gegen die Einmischung Russlands in die US-Wahlen verwahrt. Trump habe damit Schwäche signalisiert. Der republikanische Senator Lindsey Graham sagte zu Trumps Auftritt auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Putin, er habe die Chance vertan, eine klare Warnung an Russland zu senden, solche Einmischungen künftig zu unterlassen.

Trumps Äußerungen dürften als Schwäche interpretiert werden und mehr Probleme schaffen als sie lösten. Trump sagte auf der Pressekonferenz, er habe keinen Grund anzunehmen, dass Russland die Wahlen von 2016 beeinflusst habe. Am Freitag hatten US-Sonderermittler Klagen gegen zwölf russische Agenten erhoben, denen sie vorwerfen, als Maßnahme zur Beeinflussung der Wahl in das Computernetz der US-Demokraten eingedrungen zu sein. Der prominente republikanische Senator John McCain prangerte einen «Tiefpunkt in der Geschichte der amerikanischen Präsidentschaft» an. Dies sei «einer der beschämendsten Auftritte» eines US-Präsidenten gewesen, die in Erinnerung seien, erklärte der schwer krebskranke McCain in einem schriftlichen Statement zu Trumps Pressekonferenz mit Putin. Kein früherer US-Präsident habe sich jemals derart «vor einem Tyrannen selbst erniedrigt».

Der Fraktionschef der Demokraten im Senat, Charles Schumer, sprach von einem noch nie dagewesenen Verhalten eines US-Präsidenten. Er habe sich an die Seite Putins gegen die amerikanische Justiz gestellt, gegen Verteidigungspolitiker und Geheimdienste. Das sei «gedankenlos, gefährlich und schwach». Der republikanische Senator Jeff Flake sprach von einem beschämenden Auftritt. Er hätte nie gedacht, dass er jemals den Tag erleben werde, da ein US-Präsident mit einem russischen Präsidenten auf einer Bühne stehe und die USA für die Aggression Russlands verantwortlich mache. Trump machte v.a. die Regierung seines Vorgängers Barack Obama für die Verschlechterung der Beziehungen zu Russland mitverantwortlich. Der frühere CIA-Chef John Brennan sagte, Trumps Äußerungen grenzten an Hochverrat. Sie seien nicht nur idiotisch. Putin habe ihn damit völlig in die Tasche gesteckt. «Republikanische Patrioten: Wo seid ihr?», fragte er.

Der Präsident des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, sagte, es gebe keine Zweifel, dass sich Russland in die Präsidentenwahl eingemischt habe. Trump müsse anerkennen, dass Russland kein Verbündeter der USA sei, sagte der Republikaner. Die Staaten seien nicht moralisch ebenbürtig. Russland lehne die meisten Grundwerte und Ideale Amerikas ab. Der demokratische Abgeordnete Adam Schiff schrieb auf Twitter, Putin werde die Äußerungen Trumps als grünes Licht für eine Einmischung in die bevorstehenden Kongresswahlen im November ansehen, und das sei es auch.


Trump geht Putin auf den Leim

von unserem Korrespondenten Jerome Cartillier aus Helsinki

Bei seinem Gipfeltreffen mit Kreml-Chef Wladimir Putin hat US-Präsident Donald Trump ungeachtet der massiven Spannungen im Verhältnis zu Russland ganz auf eine Annäherung gesetzt.

Trump weigerte sich am gestrigen Montag in Helsinki, Moskaus mutmaßliche Einmischung in den US-Präsidentschaftswahlkampf zu verurteilen– stattdessen lobte er den «direkten und offenen Dialog» mit Putin. Der russische Staatschef bestritt einmal mehr jedwede Einmischung in die US-Politik. Der Dialog sei «sehr produktiv» gewesen, es seien «eine ganze Reihe kritischer Fragen zwischen unseren beiden Ländern» zur Sprache gekommen, sagte der US-Präsident. Putin pflichtete bei, der Gipfel sei in «offener und geschäftsmäßiger Atmosphäre» verlaufen und «sehr erfolgreich» gewesen.

Erst am Freitag hatte die US-Justiz zwölf russische Geheimdienstmitarbeiter wegen Hackerangriffen während des US-Wahlkampfs 2016 unter Anklage gestellt. Ihnen wird unter vorgeworfen, E-Mails und Dokumente von Computern der Demokratischen Partei sowie der Wahlkampagne von deren Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton gestohlen zu haben. Als Konsequenz wurde in den USA gefordert, Trump müsse die Vorwürfe in Helsinki mit Nachdruck zur Sprache zu bringen.

Der US-Präsident sagte in Helsinki jedoch, Putin habe die Vorwürfe überzeugend dementiert. «Ich sehe nun keinen Grund», weshalb es Russland gewesen sein sollte, sagte Trump. «Ich habe großes Vertrauen in meine Geheimdienst-Leute, aber ich sage Ihnen, dass Präsident Putin extrem stark und kraftvoll bei seinem Dementi heute war.» Diese Haltung Trumps löste bei US-Politikern beider Lager heftige Reaktionen und Kritik aus.

Der russische Staatschef habe überdies «ein unglaubliches Angebot» gemacht, fügte Trump hinzu. Damit bezog er sich auf Putins Zusage, US-Ermittler könnten die jüngst in den USA angeklagten russischen Geheimdienstmitarbeiter in Russland befragen. «Die russische Regierung hat sich nie (…) in den US-Wahlkampf eingemischt», beteuerte Putin vor den Journalisten und wies zugleich Mutmaßungen, Russland habe Trump dank kompromittierenden Materials in der Hand, als «Unsinn» zurück. Zugleich legte Putin offen, dass er sich tatsächlich einen Wahlsieg Trumps gewünscht habe, weil dieser «von einer Normalisierung der russisch-amerikanischen Beziehungen» gesprochen habe.

Trump betonte, dass er bei seinem Gipfel mit dem russischen Staatschef «eine Menge Zeit» auf die Manipulationsvorwürfe gegen Russland verwendet habe. Putin liege «sehr viel» daran, den Vorwürfen nun «sehr stark» zu begegnen. Zugleich bezeichnete Trump die US-Ermittlungen in der Russland-Affäre als «Desaster». Es habe keinerlei Absprachen zwischen seinem Wahlkampfteam und Russland gegeben, und das wisse auch alle Welt. Kurz vor dem Gipfel hatte der US-Präsident die Ermittlungen via Twitter erneut als «Hexenjagd» gebrandmarkt.

Mit seinen Bemühungen, sich an Russland anzunähern, verändert Trump einmal mehr das weltpolitische Koordinatensystem. Vor dem Gipfel in Helsinki hatte er die europäischen Verbündeten und die NATO mit harschen Verbalattacken irritiert. Am Sonntag bezeichnete er angesichts der handelspolitischen Differenzen die EU gar ebenso wie Russland und China als «Gegner» seines Landes.

Bei ihrem ersten bilateralen Gipfel sprachen die beiden Staatschefs in der finnischen Hauptstadt zunächst mehr als zwei Stunden lang nur im Beisein ihrer Dolmetscher miteinander. Auf der Tagesordnung standen kontroverse Themen wie die Konflikte in Syrien und in der Ostukraine, die Beziehungen zu China, Handelskonflikte und das Atomwaffenarsenal beider Länder. Später kamen die Delegationen beider Länder hinzu, bevor Trump und Putin eine gemeinsame Pressekonferenz gaben.

Über Putin sagte Trump nach dem Gipfel, er sei sich «sicher, dass wir uns in der Zukunft noch oft treffen.» Der US-Präsident fügte hinzu, er hoffe, dass er und Putin «dann jedes Problem lösen, das wir heute angesprochen haben».


Coats wehrt sich gegen Trumps Zweifel

Der Nationale Geheimdienstdirektor der USA, Dan Coats, hat die Schlussfolgerungen der ihm unterstellten Behörden zu den mutmaßlichen russischen Cyberangriffen im US-Wahlkampf 2016 gegen die von Präsident Donald Trump vorgebrachten Zweifel verteidigt. «Wir sind klar in unserer Einschätzung der russischen Einmischung in die Wahl 2016 gewesen», erklärte Coats am gestrigen Montag in Washington.

Die russischen Bestrebungen zur Beschädigung der US-Demokratie gingen weiter, betonte er zudem. Trump hatte bei seinem Gipfel mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin in Helsinki deutlich gemacht, dass er sich die Erkenntnisse seiner eigenen Geheimdienste zu den Cyberattacken nicht zu eigen macht. Zwar habe er «großes Vertrauen in meine Geheimdienst-Leute», sagte der US-Präsident. Doch sei Putin in seinem Dementi einer Wahlkampfeinmischung «extrem stark und kraftvoll» gewesen.

Coats, der die Arbeit der 16 US-Geheimdienste leitet und koordiniert, erklärte dazu: «Wir werden weiterhin ungeschminkte und objektive Geheimdienstinformationen liefern, um unsere nationale Sicherheit zu unterstützen.» Die US-Geheimdienste hatten bereits während des Wahlkampfs 2016 Russland für die Cyberattacken auf die Parteizentrale der US-Demokraten und das Umfeld von deren Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton verantwortlich gemacht. Am vergangenen Freitag erhob dann die US-Justiz Anklage gegen zwölf Mitarbeiter des russischen Militärgeheimdienstes GRU wegen der Hackerangriffe im Wahlkampf.