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Der jüngste luxemburgische Sternekoch: Kochen im Blut

Der jüngste luxemburgische Sternekoch: Kochen im Blut

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Perfektion, Passion, Ehrgeiz, solides Handwerk, Blut und Tränen: Mit nur 27 Jahren hat KimKevin de Dood einen beeindruckenden kulinarischen Parcours absolviert und sich zum jüngsten Sternekoch Luxemburgs hochgearbeitet. Jetzt wurde der sympathische Gastronom, der lieber Kochjacke statt Krawatte trägt, von seiner ehemaligen Schule, der «Ecole d’hôtellerie et de tourisme du Luxembourg», für seine Leistungen geehrt. 

Von Laurent Graaff und Daisy Schengen

Tageblatt: Sie bekamen vor Kurzem den «Award of Excellence» für Ihre Verdienste im Bereich Gastronomie. Was bedeutet er für Sie?

Ich bin sehr stolz auf die Auszeichnung. Ich hatte das nicht erwartet. Sie zeigt, dass ich etwas geleistet habe, das nicht nur mir sehr viel bedeutet, sondern auch dem Großherzogtum sehr am Herzen liegt.

Sie sind nun eine Art Botschafter für unser Land …

Es ist wie gesagt eine tolle Auszeichnung, gleichzeitig aber auch eine große Verantwortung. Luxemburg ist und bleibt meine Heimat, auch wenn ich seit einiger Zeit nicht mehr hier lebe. Einerseits ist das ein Zeichen der Anerkennung, andererseits möchte ich meiner Heimat vieles zurückgeben.

Stichwort Sternekoch: Man wird als solcher nicht geboren. Für diesen beruflichen Weg muss man sich bewusst entscheiden. Wann stand er für Sie fest?

Es war schon länger mein Traum. Als ich meine erste Schritte im Beruf machte, war noch unklar, ob es in Richtung Sterne- oder Brasserie-Küche gehen würde. Im Laufe der Zeit stellte sich jedoch heraus, dass es die Sterne-Küche «sein musste». Ich fühle mich darin sehr wohl.

Und die Karriere in Asien?

Das ist Zufall. Ich habe in den letzten Jahren oft in der Sterne-Gastronomie gearbeitet. Außerdem hatte ich immer auch ein Faible für Asien und die asiatische Küche, habe mich immer wieder umgeschaut, aber nicht auf Anhieb die passende Herausforderung gefunden. Dann war ich im Drei-Sterne-Restaurant Hertog Jan. Und dort hat sich der Chefkoch bereits sehr viel von der asiatischen Küche beeinflussen lassen. Japan, China, Thailand. Die ganzen Aromen und Geschmacksrichtungen. Ich habe also weitergesucht und bin durch Zufall bei Relais & Châteaux aufs Saint-Pierre aufmerksam geworden. Ich habe mich beworben, dann ging alles sehr schnell. Dienstags hatte ich über Skype ein Interview oder besser gesagt ein Vorstellungsgespräch. Eine Woche später fing ich dort als «Chef de partie» an. Das war 2015.

Wie ging es weiter?

Als ich einen Monat da war, verließ der Souschef das Restaurant und ich nahm seine Stelle ein, allerdings ohne den Titel zu tragen. Drei Monate später bat mich der Küchenchef dann um ein Gespräch: Er hatte gekündigt und sagte mir, dass er mich als Nachfolger empfohlen habe. Und so kam das dann auch. Ich wurde regelrecht ins kalte Wasser geworfen. Am Anfang war das richtig hart. Viele Tränen und viel Blut. Die ganze Verantwortung, der Stress, das hohe Arbeitspensum. Bis zu 80 Stunden in der Woche. Manchmal auch mehr.

Zur Person

KimKevin de Dood kam 1991 in Ettelbrück zur Welt und wuchs in Walter bei Harlingen auf. Dort ging er zur Schule, später besuchte er das Lyzeum in Wiltz. Nach seinem Vornamen gefragt, erklärt De Dood, er habe niederländische Wurzeln. Seine Großeltern kamen nach dem 2. Weltkrieg nach Luxemburg.
Nach seinem CATP-Abschluss als Hotelier/Restaurateur in der „Hotelschoul“ in Diekirch zog es den Blondschopf zunächst ins lothringische Baerenthal, zum 3-Sterne-Restaurant L’Arnsbourg. Seine kulinarischen Fähigkeiten entwickelte er anschließend in Wolfgang Beckers Zwei-Sterne-Haus „Becker’s“ in Trier.
Seinen Weg in der Sterneküche verfolgte De Dood konsequent weiter, als er bei Michel Roux’ „The Waterside Inn“ (3 Michelin Sterne) im englischen Bray anheuerte. Unweit von der Heimat lag auch seine nächste Karrierestation – Hertog Jan (3-Sterne-Restaurant) im belgischen Zedelgem (Bezirk Brügge). Seit 2013 bereichert der Luxemburger „mit seinen soliden Kenntnissen im europäischen Klassizismus die Küche des Restaurants“, freuen sich seine neuen Arbeitgeber.

Und heute?

Die Arbeit ist immer noch hart, aber sie erfüllt mich voll und ganz und wir konnten unser Renommee halten. Mehr noch, wir bauten es sogar aus. Sonntags und montags haben wir geschlossen. Dienstags arbeiten wir von 8 Uhr morgens bis 23 Uhr oder Mitternacht. Die «mise en place» muss gemacht werden, da wird die Grundlage für die ganze Woche gelegt, während der wir stets von 8 bis 23 oder 24 Uhr arbeiten. Es kann aber auch mal vorkommen, dass wir morgens um 5 Uhr beginnen und dann bis 2 oder 3 Uhr nachts auf den Beinen sind. Das gehört zum Beruf dazu. Und das ist auch das Schöne daran. Monotonie gibt es nicht. Man muss flexibel sein.

Wie kam es zu Ihrer Leidenschaft?

Ich habe mal als Kleinkind Kartoffeln geschält und saß dabei auf dem Küchentisch. Meine Oma schimpfte damals mit meiner Mutter, da sie Angst hatte, ich würde mich mit dem Schälmesser verletzen. Aber mir hat das Spaß gemacht, ich habe stets beim Zubereiten der Mahlzeiten geholfen. Das Kochen ist meine Leidenschaft, es liegt mir im Blut. Und mit zwölf Jahren wusste ich auch schon, was ich später mal werden wollte. Es gab keinen anderen Weg. Um sicher zu sein, arbeitete ich damals an einem Wochenende in einem Restaurant. Aus dem Wochenende wurde eine Woche und aus der Woche wurden die ganzen Sommerferien. Da war jedem klar, welchen Beruf ich machen wollte.

Worin liegt der Reiz der Sterne-Gastronomie für Sie?

Die kleinen Details, alles muss perfekt werden. Beim Anrichten der Teller muss jeder Bestandteil seinen streng definierten Platz einnehmen: keinen Zentimeter Abweichung nach links oder rechts. Jeden Teller, der meine Küche verlässt, habe ich vorher überprüft. Manchmal werde ich böse, falls ein Teller ohne meinen Gegencheck hinausgegangen ist (schmunzelt). Diese Qualitätskontrolle ist enorm wichtig: Eine Speise, die nicht perfekt ist, haben unsere Kunden nicht verdient. Dafür bürge ich mit meinem Namen.

Das heißt, Sie sind ein strenger Chef?

Ein diplomatischer (lacht). Es ist zwar meine Karte, aber ich räume dem gesamten Team viel Mitspracherecht für neue Ideen ein. Allein kann niemand eine solche Karte aufstellen. Die Leistung erbringt niemand ganz ohne Hilfe. Ohne den Souschef, den Comis oder unseren Tellerwäscher geht gar nichts. Kochen ist und bleibt Teamarbeit. Dieser Grundsatz bedeutet mir sehr viel.

Wie würden Sie Ihren Kochstil beschreiben?
Mit einem Wort? Perfektion. Es kann gar nicht anders sein. Wir kochen auf einem Niveau, das davon geprägt ist, stets nach Perfektion zu streben. Meine Schwester hat in diesem Zusammenhang ein cooles und zutreffendes Zitat: «Um perfekt zu sein, muss man nach Perfektion streben. Solange man danach strebt, ist man nicht perfekt.» Für mich sind das keine leeren Worthülsen. Ich hinterfrage mich und meine Speisen ständig, bin auf der Suche nach Verbesserung und stets offen für andere Sichtweisen, Ideen und Einflüsse.

Wo leben Sie in Singapur?

Ich lebe in einer WG, in einem sogenannten «Condo». Es gibt in Singapur staatliche Appartements und private Alternativen. Ich wohne in einer solchen. Sie sind mit Schwimmbad und Fitnessraum ausgestattet. In der WG habe ich ein kleines Zimmer. Das reicht völlig aus, da ich ja fast nie zu Hause bin (lacht).

Wie international ist das Küchenteam von Saint-Pierre?

Singapur, Malaysien, Südkorea, Thailand, Frankreich, China, Italien, Luxemburg, Belgien – insgesamt arbeiten Menschen mit neun verschiedenen Nationalitäten hier zusammen. Wir sprechen englisch miteinander. Bei bestimmten Themen greifen die beiden Souschefs und ich auf Französisch zurück.

Stellen wir uns vor, wir stehen mitten in der Küche des Saint-Pierre. Was finden wir dort vor: eine Espuma (luftiger Schaum) oder eine Pinzette (zum Anrichten)?

Eine Pinzette, eine kleine Spachtel, womit die einzelnen Teile auf den Teller gelegt werden – das ist eigentlich alles, was wir an außergewöhnlichen Dingen in der Küche haben. Der Rest ist Standard, wie in jeder anderen Restaurantküche auch.

Innovation und Perfektion gepaart mit solidem Handwerk. Was halten Sie von Trends in der Gastronomie, Herr De Dood?

Die Weiterentwicklung der Technik endet nie. Vor 20 Jahren hatte keiner von Sous-vide-Garen gesprochen. Heute sehen immer mehr Kollegen, auch ich, von dieser Methode ab. Es ist eine Sache der Zubereitung. Gart man beispielsweise ein Lammkarree klassisch im Ofen oder «sous vide» – der Geschmack ist ein anderer. Grundlegende Kochtechniken bleiben auch heute wichtig. In der Hotelschule werden die Grundlagen beziehungsweise die Klassiker gelehrt. Ich finde es aber sehr schade, wenn Kollegen zwar das Sous-vide-Garen aus dem Effeff beherrschen, aber überfragt sind, wenn sie ein Steak in der Pfanne braten müssen. Die Basis bleibt trotz aller Technik immer wichtig, darauf baut das Kochen auf.

Was ist Ihr Lieblingsgericht?

Die Quiche Lorraine meiner Mutter. Es ist aber schwierig, sie in unsere Karte zu integrieren, da sie oft mit der «gutbürgerlichen Speise» assoziiert wird und sich unsere Küche in Singapur in eine andere Tradition eingliedert. Mein jetziger Favorit auf der aktuellen Speisekarte des Saint-Pierre ist eine klassisch gebratene Taube mit einer Yakitori-Glasur und Thymian. Ein Champignon-Törtchen nimmt daneben Platz. Dazu eine Soße mit Meerrettich.

Und was ist ihr Favorit aus der asiatischen Küche?

Ich esse für mein Leben gern Popiah – das ist die asiatische Version des Wraps. Grundlage ist ein klebriger Reismehlteig, der ganz dünn – ähnlich einer Crêpe – in der Pfanne ausgebacken wird. Die Füllung besteht aus Mang Kuang, einer Art Rübengemüse, das mit Schweinefleisch, Sojasoße, Ingwer und Gewürzen zubereitet wird. Etwas Chili, Koriander und Erdnüsse dazu, aufrollen – fertig.

Verschiedene Texturen, Farben und Elemente (scharf und knusprig) sind darin vereint, ähnlich den Grundlagen eines Sternegerichts, oder?

In der Tat. Ich habe mich von der Popiah inspirieren lassen und eine «Sterne-Version» entwickelt. Mit dem Unterschied, dass wir keinen Reisteig, sondern den Mang Kuang ausbraten und darin die Füllung wie eine Cannelloni einwickeln. Darauf platzieren wir eine Eigelbcreme mit Sojasoße, die mit Bonito (einer Art Makrele) versetzt ist. Dadurch bekommen wir ganz viel Umami (japanisch für «köstlich», der fünfte Geschmack) ins Gericht. Für das knusprige Finish sorgt gepuffter Reis.

Apropos Stress. Wie gehen Sie damit um und was machen Sie als Ausgleich?

Man muss für den Beruf leben. Es ist wie gesagt eine Leidenschaft. Wenn ich nach Hause komme, schalte ich ab. Was mir dabei hilft, ist Yoga. Das ist auch gut gegen Rückenschmerzen.

Welche Ziele haben Sie?

Mein Traum ist es, zwei oder drei Sterne zu bekommen. Bis dahin ist es aber noch ein weiter und mühsamer Weg. Aber nicht in Singapur. Mein Chef und ich eröffnen jetzt ein Restaurant in Kuala Lumpur. Auch ein Saint-Pierre, den ich übernehmen werde. Mittelfristig will ich zurück nach Luxemburg kommen und hier meinen eigenen Betrieb eröffnen.

Ein Wort noch zur luxemburgischen Gastronomie …

Ich finde es beeindruckend, wie sich die Luxemburger Gastronomie in den letzten Jahren entwickelt hat. Ich war beispielsweise kürzlich bei Mathieu van Wetteren im Restaurant «Apdikt» in Steinfort. Seine Kochkünste sind beeindruckend.