Von Elisa Leclerc
Die Escher Kulturfabrik glich am Dienstag einem Paralleluniversum: Abseits des Fußballtrubels, Sportpatriotismus und der Spekulationen um den Einzug ins WM-Finale lauschte ein Konglomerat an schwarz gekleideten Menschen den Klängen Chelsea Wolfes. Den Atem hielt das Publikum, auch ohne Ballsport, trotzdem an: Die Sängerin, die gerne auch als Lana del Rey des Goth bezeichnet wird, bestach durch eine düster-atmosphärische Performance.
Wie eine gesangliche Vertonung eines H.P.-Lovecraft-Romans klang das vorgestrige Konzert Chelsea Wolfes: Mit ihrer Musik kombiniert die Sängerin Elemente des Gothic Rock, des Doom Metal und der Folk-Musik.
Auf dem aktuellen Album »Hiss Spun“ wird die Sängerin von den verzerrten Gitarrentönen von Troy Van Leeuwen, dem Gitarristen von Queens of the Stone Age, begleitet, sowie von den Drumschlägen Jess Gowries, die der melodischen Monotonie stets zum passenden Zeitpunkt Schärfe verleihen. Obschon diese den düsteren Sound Chelsea Wolfes ausmachen, dienen sie aber letztendlich nur zur Untermalung deren Stimme: Statt Gegröhle, Gebrülle oder Geschreie, welche die doomige Musik ebenso ergänzen würden, haucht die Sängerin vielmehr ihre düsteren Songtexte in das Mikro und schafft somit eine Atmosphäre, die auf dem Kontrast von knarzigem Sound und einem zerbrechlich-klaren Gesang beruht.
Trotz Nischenmusik gelang es der Sängerin aus dem kalifornischen Sacramento vorgestern, eine Menschenmenge von ungefähr dreihundert Personen in ihren Bann zu ziehen. Chelsea Wolfe, deren aktuelles Album »Hiss Spun“ (2017) überwiegend positive Rezensionen erhielt, ist dabei auch bereits der Sprung in die Peripherie des Mainstreams mittels Fernsehserien-Soundtracks gelungen: Ihr Lied »Feral Love“, das auf dem Album »Pain Is Beauty“ (2013) erschienen war, diente als Hintergrundmusik für »Game of Thrones“, der Song »Survive“, erschienen auf dem Album »Abyss“ (2015), wird in »How to Get Away with Murder“ gespielt.
Finsterer Auftritt, zerbrechliche Stimme
Bekannt geworden ist die Sängerin, die bereits sieben Alben herausgebracht hat, vor allem seit dem Erscheinen von »Pain Is Beauty“, das auf dem Konzert auch mit zwei Liedern vertreten war. Hauptsächlich wurden jedoch Songs des aktuellen Albums »Hiss Spun“ gespielt, den Anfang machten dabei gleich die zwei Singles »Spun“ und »16 Psyche“. Im schwarzen Einheitslook und auf gefährlich hohen Absätzen klammerte sich die junge US-Sängerin an das Mikrofon, an dem, passend zur Atmosphäre, die einem Nachtspaziergang im Wald glich, schwarze Stofffetzen wehten, und eröffnete das Konzert, zwar ohne jegliche Interaktion mit dem Publikum, dafür aber mit zart-düsterer Stimme und einem rockigen Klangteppich.
War anfangs noch der Eindruck entstanden, dass es sich bei dem Konzert um einen Abend in Schwarz-Weiß handeln würde, was sowohl die Kleidung des Bandensembles, des Publikums als auch die Lichtshow vermuten ließen, so bestätigte sich dieser Verdacht mit dem dritten Lied »Vex“ jedoch nicht, dem ein kräftigerer Metalsound und Screamelemente anhafteten.
Der Saal der Kulturfabrik wurde augenblicklich in kräftiges Blau getaucht, später wechselte die Lichtshow zu einem starken Rot, Grün oder Gelb. Die Lichtshow ergänzte und untermalte die Atmosphäre des Konzertes eindrucksvoll und wirkte dabei, neben einem kurzen »Thank you“ zum Abschied, wie die einzige, aber durchaus stimmige Kommunikation mit dem Publikum.
Alles in allem überzeugte Chelsea Wolfe durch einen einheitlichen, atmosphärischen Goth-Stil und melodische Klänge: Hätte es von Zeit zu Zeit nicht die härteren Drumschläge gegeben, die das Publikum aus der Trance erweckten, so wären die Lieder ineinander verschmolzen, was womöglich in einem doch zu sehr repetitiv-depressiven Klang geendet hätte.
Dass kurz vor 22 Uhr feststand, dass Frankreich der Einzug ins Finale gelungen war, schien im Publikum niemanden zu interessieren: Während in Luxemburg bereits die ersten Hupkonzerte ertönten, richteten sich in der Kulturfabrik weiterhin alle Augen gebannt auf Chelsea Wolfe.
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