Es gibt Anzeichen, dass sich das Wirtschaftswachstum in Europa abschwächen könnte, meint Yves Nosbusch. Dennoch bleibt der Chefvolkswirt der BGL BNP Paribas optimistisch.
Das Jahr 2017 ist in wirtschaftlicher Hinsicht schwer zu toppen. «Viele Wirtschaftsindikatoren weisen darauf hin, dass sich in diesem Jahr das Wachstum abschwächen wird», so Yves Nosbusch. Die Stimmung der europäischen Haushalte habe sich eingetrübt und erreiche nicht mehr die Rekordwerte aus dem vergangenen Jahr.
Mehr Lohn
In Europa sei auch der «ISM-Einkaufsmanagerindex», ein Frühindikator für die wirtschaftliche Aktivität, deutlich zurückgegangen – «jedoch nicht dramatisch, er liegt immer noch im grünen Bereich», beruhigt Nosbusch. Er geht davon aus, dass das Wachstum in diesem Jahr mit 2,6 Prozent um 0,4 Prozentpunkte niedriger liegen wird als noch im Vorjahr.
«In den USA stellt sich die Situation ähnlich dar», fährt er fort. Die Wirtschaft sei aber in einem weiter fortgeschrittenen Stadium. Im Gegenzug zu Europa erwartet der Chefvolkswirt eine Wachstumsbeschleunigung auf drei Prozent für dieses Jahr. «Das sind die Effekte der Steuersenkungen», so Nosbusch. Diese seien nur vorübergehend.
Das Mehr an Lohn, das die amerikanischen Verbraucher ausgeben, hat auch Einfluss auf die Inflation, sie soll auf 2,5 Prozent steigen. Es gibt jedoch noch ein anderer Faktor, der das allgemeine Preisniveau treibt. «Dem amerikanischen Arbeitsmarkt geht es sehr gut, die Löhne ziehen an», meint Nosbusch. «Die Arbeitslosigkeit liegt unter vier Prozent, nahe an der Vollbeschäftigung.»
Dies hat die amerikanische Zentralbank dazu verleitet, die Zinsen zu erhöhen. «In diesem Jahr gab es schon zwei Zinserhöhungen», erklärt Nosbusch. «Es könnten noch zwei weitere kommen.» Sicher sei dies nicht. «Wir hören das erste Mal seit langem, dass Investitionsentscheidungen aufgeschoben werden», so zitiert Nosbusch den amerikanischen Fed-Präsidenten. Einige Unternehmen würden sogar mit Neueinstellungen abwarten.
Grund hierfür sei der drohende Handelsstreit zwischen den USA und anderen Exportnationen. Dies sei auch das größte Risiko für das Wirtschaftswachstum in Europa, meint Nosbusch. Schlimmer noch als die finanziellen Auswirkungen der protektionistischen Maßnahmen schätzt Nosbusch die damit zusammenhängende Unsicherheit ein.
Die Angst vor Zöllen würde ausreichen, dass sich Unternehmen zurückhalten. Entscheidungen würden vertagt und es würde abgewartet, wie sich die Situation weiterentwickelt. Dass die USA mit den Zöllen überhaupt ihr angestrebtes Ziel – eine ausgewogene Handelsbilanz – erreichen, stellt Yves Nosbusch auch infrage. Sicher ist er sich jedoch darüber, dass sich die Steuererleichterungen auf die Bilanz auswirken würden. «Das Defizit vergrößert sich.»
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