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Protestmarsch gegen Brexit in London – Johnson setzt May unter Druck

Protestmarsch gegen Brexit in London – Johnson setzt May unter Druck

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Anlässlich eines großen Anti-Brexit-Protestmarsches haben mehrere britische Minister den Druck auf Premierministerin Theresa May massiv erhöht und mehr Härte gegen Brüssel gefordert. Sie müsse stärker einen Ausstieg aus der Europäischen Union ohne Abkommen in Betracht ziehen, forderten die Brexit-Hardliner. Außenminister Boris Johnson warnte sogar vor einem «Klopapier-Brexit».

An der Demonstration hatten am Samstag in London Zehntausende Menschen teilgenommen, die bis zum Parlament zogen. Die Veranstalter sprachen von mindestens 100.000 Teilnehmern. Organisator war die Anti-Brexit-Kampagne «People’s Vote», die eine neue Volksabstimmung forderte – dieses Mal über ein mögliches Austrittsabkommen.

Der Marsch fand exakt zwei Jahre nach dem Referendum statt, bei dem die Briten mit knapper Mehrheit für eine Scheidung von Brüssel gestimmt hatten. Die etwa gleichmäßige Aufteilung der Wähler in EU-Gegner und EU-Befürworter hat sich seitdem kaum geändert.

Weich, nachgiebig und scheinbar unendlich lang

Johnson, dem Begehrlichkeiten auf den Regierungsposten nachgesagt werden, attackierte May in der Zeitung The Sun. Er forderte sie dazu auf, keinen «halbherzigen» Ausstieg aus der Europäischen Union abzuliefern. Johnson warnte vor einem «Klopapier-Brexit», der «weich, nachgiebig und scheinbar unendlich lang» sei. Für seine Wortwahl wurde er von verschiedenen Seiten heftig kritisiert.

Handelsminister Liam Fox und Brexit-Minister David Davis betonten, dass auch der EU-Ausstieg ohne Abkommen eine echte Option für ihr Land sei. Dies sei kein Bluff, sagte Fox dem Sender BBC. Außerdem erhielt May einen Brief von 60 Politikern und Wirtschaftsvertretern mit der Aufforderung, das Tempo bei den Vorbereitungen auf einen möglichen Brexit ohne Abkommen zu erhöhen.

An dem Anti-Brexit-Marsch in London beteiligten sich Menschen vieler Nationen. «Ich habe eine italienische Frau, ich selbst arbeite in Cambridge und sie in Rom», sagte ein Computerspezialist. Auch viele Mitglieder der oppositionellen Labour-Partei, der Liberaldemokraten, aber auch einige der regierenden Konservativen nahmen teil. Die Verhandlungen zwischen London und Brüssel verlaufen sehr schleppend. Dabei will Großbritannien bereits Ende März 2019 die Staatengemeinschaft verlassen. Die Regierung ist zwar weiter auf dem Kurs eines harten Brexits mit Ausstieg aus Zollunion und Binnenmarkt, aber eben intern zerstritten. May regiert nur mit hauchdünner Mehrheit und steht von mehreren Seiten unter erheblichem Druck.

Unternehmen wie BMW monierten einen Mangel an Planungssicherheit für ihre britischen Produktionsstätten. Airbus drohte im Falle eines harten Brexits ohne Abkommen sogar mit dem Teil-Rückzug aus dem Land. Das Vereinigte Königreich steuere ungebremst auf einen ungeordneten Brexit zu, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang. Für ein geordnetes Ausscheiden der Briten aus der Staatengemeinschaft müsste der nächste EU-Gipfel die Weichen stellen. «Die britische Regierung spielt weiterhin auf Zeit. Diese Strategie führt ins Desaster.»