Am Sonntag entscheiden die Kolumbianer in einer Stichwahl über ihren nächsten Präsidenten. In Umfragen liegt der Mitte-rechts- Kandidat Ivan Duque vor Gustavo Petro, dem Verfechter einer Linkswende.
Von unserem Korrespondenten Günther Bading, Buenos Aires
Die letzte Woche vor der kolumbianischen Präsidentenstichwahl am Sonntag wurde dem Kandidaten Ivan Duque versüßt. Die einflussreiche Gewerkschaft der Zuckerarbeiter sicherte ihm ihre Unterstützung zu. Ebenso andere Gewerkschaften und der Verband junger Unternehmer. Duque führt vor dem Urnengang mit 13 Punkten vor seinem Gegenkandidaten Gustavo Petro.
Am Sonntag stehen sich beide in der Stichwahl um die Nachfolge von Präsident Juan Manuel Santos gegenüber. Den ersten Wahlgang am 27. Mai hatte der Mitte-rechts-Kandidat Duque klar gewonnen, aber nicht die absolute Mehrheit erreicht. Duque erhielt 39 Prozent der abgegebenen 19,6 Millionen Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 53,38 Prozent, die höchste Beteiligung seit 1974. Zweiter wurde Gustavo Petro mit 25 Prozent.
Sergio Fajardo folgte knapp dahinter mit 23,7 Prozent, er bekam 261.000 Stimmen weniger als Petro. Fajardos gutes Ergebnis überraschte, in Umfragen waren ihm nur maximal 15 Prozent prognostiziert worden. Zum Erfolg beigetragen hat sein Sieg in Bogotá, das eigentlich als Hochburg Petros galt, der dort von 2012 bis 2015 Oberbürgermeister war.
Erstmals Vizepräsidentin
Wer immer am 17. Juni gewinnt – Kolumbien wird zum ersten Mal eine Frau als Vize-Staatschefin bekommen. Duques Vizepräsidentin soll Marta Lucía Ramírez werden, Petro hat sich Angela María Robledo an seine Seite geholt. Ramírez war unter Präsident Alvaro Uribe Verteidigungsministerin, unter Andrés Pastrana Ministerin für Außenhandel und ein Jahr
lang Botschafterin in Frankreich. Robledo ist seit 2010 Kongressabgeordnete. Sie kommt aus der Umweltbewegung und gehört der Grünen Allianz an.
Petro setzt auf links
Im Wahlkampf bis zum vergangenen Wochenende – in der letzten Woche sind Großkundgebungen untersagt – mühten sich die Kandidaten, die Stimmen der Fajardo-Anhänger für sich zu gewinnen. Der gilt als Mann der linken Mitte, vor allem aber als unabhängig. Die Entscheidung ist nicht leicht, denn am Sonntag wird auch zwischen links und rechts entschieden.
Gustavo Petro steht für einen klaren „progressiven“ Linkskurs, will eine Steuerreform umsetzen, mit höheren Steuern für hohe Einkommen und einer Mindestabsicherung für alle Kolumbianer. Die Sozialausgaben sollen steigen, die Privaten aus der Gesundheitsversorgung gedrängt werden, eine neugefasste Bodensteuer soll auch den Armen leichter Zugang zu Grundeigentum erleichtern. Außerdem verspricht er Kampf gegen die Korruption und sichert die Beibehaltung des Friedensabkommens mit der FARC-Guerilla zu. Die zweite, kleinere kolumbianische Guerillagruppe ELN verhandelt derzeit über einen Frieden mit dem Staat nach FARC-Vorbild. Sie hat zugesichert, bis zum Wahltag eine Waffenruhe einzuhalten.
Zankapfel Venezuela
Duque will Veränderungen, ihn stört die Straffreiheit selbst für schwere Verbrechen in dem fast 50-jährigen Bürgerkrieg. Er verlangt „Frieden mit Gerechtigkeit“. Petro dagegen setzt darauf, dass es im Umgang mit den Ex-Rebellen um Aussöhnung und nicht um Rache gehen müsse. Er will den Friedensvertrag unverändert beibehalten.
Im Streit um die Politik gegenüber dem Nachbarn Venezuela setzt er auf Annäherung, sieht die sogenannte „bolivarianische“ Bewegung – benannt nach dem Freiheitshelden Simón Bolívar – als den richtigen Weg zu einem lateinamerikanischen Sozialismus.
Er war Anhänger von Hugo Chavez, zum amtierenden Staatschef Nicolas Maduro hält er eine gewisse Distanz, hat ihn einmal sogar als Diktator bezeichnet. Venezuela ist für Duque dagegen in jeder Hinsicht Feindesland. Er will die Grenzen zum Nachbarn besser schützen. Aus Venezuela sind wegen der dortigen Versorgungskrise und Repression schon mehr als eine Million Menschen nach Kolumbien geflüchtet.
Duque gilt als wirtschaftsfreundlich, sieht die mittelständigen Unternehmen als Rückgrat eines stabilen Aufschwungs. Und er setzt auf Ausbau des Bergbaus, unter Umweltauflagen. Beim Fracking, das in Kolumbien Streitthema ist, will er eine wissenschaftliche Prüfung, bevor eine politische Entscheidung getroffen wird. Petro bietet das Kontrastprogramm an. Er ist gegen Fracking, will den Bergbau in ökologisch wertvollen Regionen ganz verbieten. Er setzt auf Landwirtschaft statt Industrie.
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