Nach dem schweren Gewitter vom Samstagabend, das teils heftige Überschwemmungen im Land mit sich brachte, besuchte Innenminister Dan Kersch am Sonntag die betroffenen Gebiete. Besonders den Zentrum des Landes hatte es heftig erwischt. Der Minister verschaffte sich einen Überblick über die Schäden und sprach mit den Betroffenen. Die Ortschaften Bissen, Everlingen und Vichten hatten mit großen Wassermassen, die Schlamm und Geröll mit sich rissen, zu kämpfen. In manchen Häusern und Kellern stand das Wasser bis zu 1,50 Meter hoch.
Es waren kleine Bäche, wie zum Beispiel die «Huelbaach» in Bissen, die sich in kürzester Zeit in reißende Flüsse verwandelten und über die Ufer traten. Der Bach hinterließ viel Schaden in einem Neubaugebiet und in den Häusern entlang der route de Colmar. Aber auch am Ortseingang hatte ein ansonsten kleines Gewässer die dortigen Viehwiesen sowie die Straße auf einer Breite von 50 Metern überschwemmt.
Ein ähnliches Bild bot sich auch in Everlingen, wo sich die Wassermassen entlang des Hangs ins Dorf hinein ergossen hatten. Auch hier stand der Schlamm in Hof und Häusern. In Vichten war es die „Viichtbaach“, die sich in kurzer Zeit zu einem reißenden Gewässer entwickelt hatte und großen Schaden anrichtete.
Glücklicherweise hätten sich aber bei den Unwettern am Samstag keine Menschen in Lebensgefahr befunden, so ein Verantwortlicher der Rettungsdienste. Die Schäden seien aber enorm. So sah man am Sonntag viele Haushalte der betroffenen Region einen Teil ihrer Möbel und Inneneinrichtung aus dem Haus schleppen. «Meine Cousine lebt im Müllerthal. Wir halfen ihr, vor einer Woche ihre Möbel aus dem Keller zu räumen, und hätten nie gedacht, dass wir eine Woche später dasselbe tun müssen», erzählt Clara aus Bissen.
Ihr Nachbar Marc sagte, dass sie noch glimpflich davongekommen seien. Im Osten sei die Lage dramatischer. Claude aus Everlingen kam mit dem Schrecken davon. «Ich hatte die gute Idee, vor einiger Zeit eine Pumpe in den Keller meines Hauses einzubauen und so das Wasser in den Brunnen in meinem Hof abzupumpen. Heute hatte ich Angst, dass sie den Geist aufgibt, so sehr musste sie sich anstrengen.»
Verzweiflung macht sich indes im Osten breit: «Das Hotel ‹Le Cigalon› ist ein zweites Mal vom Hochwasser überschwemmt worden», meldete das Hotel am Sonntag auf Facebook mit einem weinenden Emoji. Die Solidarität mit den Überschwemmungsopfern ist aber weiterhin groß. So wurden auf den sozialen Netzwerken sofort nach dem Unwetter bereits erste Hilfsgüter für die betroffenen Haushalte – ob im Zentrum oder im Osten – organisiert.
Notrufzentrale: 500 Anrufe und 200 Einsätze
Wegen der erneuten Unwetter traf sich am Samstagabend um 23.30 Uhr der Krisenstab, der im «Plan d’intervention d’urgence intempéries» vorgesehen ist. Dies teilte das «Haut-commissariat à la protection nationale» am Sonntag mit. Unter dem Vorsitz des Innenministers Dan Kersch sei eine Lagebesprechung abgehalten und die notwendige logistische Hilfe eingeleitet worden, um den von den Unwettern betroffenen Menschen Hilfe zu leisten.
Kurz nach 20.30 Uhr habe die Verwaltung der Rettungsdienste am Samstag das «Centre de gestion des opérations» aktiviert, das die zahlreichen Einsätze an diesem Abend koordinieren sollte. Insgesamt gingen am Samstag zwischen 19.00 und 22.00 Uhr rund 500 Anrufe bei der Notrufzentrale 112 ein. 200 Mal rückten die Rettungskräfte aus.
Am schwersten betroffen war wieder der Osten des Landes, insbesondere die Gegenden um das Müllerthal, Haller und Waldbillig. Dort waren etwa 100 Helfer im Einsatz, darunter Einsatz- und Rettungskräfte, Froschmänner, Psychologen und Mitglieder des «Groupe ravitaillement». Das Hotel «Le Cigalon» im Müllerthal, das bereits bei den Unwettern am 1. Juni größtenteils verwüstet worden war (siehe Tageblatt-Premium), war am Samstag erneut betroffen.
Auch im Zentrum des Landes gingen am Samstag schwere Regenfälle nieder. Die meisten Einsätze wurden in den Gemeinden Préizerdaul, Useldingen, Bissen, Redingen/Attert und in der Hauptstadt gezählt. Verletzt wurde zum Glück niemand.
Auch nach diesem Unwetter werden sich wieder Soldaten und Hilfskräfte der «Administration des services de secours» an den Räumarbeiten beteiligen. Der Krisenstab werde die Lage weiter im Auge behalten, heißt es in der Mitteilung.
Text: Olivier Halmes + LL
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