Nach dem tragischen Tod von Staatssekretär Camille Gira haben die Grünen eine sicherlich intelligente, wenn auch kaum vorhersehbare Entscheidung zur Nachfolge getroffen. Claude Turmes wird in die Luxemburger Politik zurückkehren, dies sowohl – während der verbleibenden Monate dieser Legislatur – als Nachfolger Giras in der Regierung als auch als Spitzenkandidat der Grünen im Norden.
Seine Nachfolgerin im Europaparlament wird Tilly Metz werden. Die Entscheidung, so der Parteipräsident der Grünen, Christian Kmiotek, einen Nachfolger für Camille Gira zu benennen, hätte die Partei lieber nicht getroffen … Der Präsident würdigte Gira als Menschen, der das Land, seine Region und sein Dorf nachhaltig geprägt habe. Er war erster grüner Bürgermeister und hat geholfen, die einst drei grünen Listen zu einer einzigen zusammenzuführen.
Bürgerbeteiligung sei ihm bei seinen Projekten immer wichtig gewesen – und deren gab es viele. Von Pionierleistungen im Energiebereich bis hin zum Beki, der bisher einzigen lokalen Währung im Lande, habe er seine Ideen umgesetzt. Lange habe er die Oppositionsbank gedrückt, ehe er ab 2013 in der Regierung aktiv mitgestalten konnte. Kmiotek ging anschließend auf die parteiinternen Prozeduren ein.
Gérard Anzia aus dem Nordbezirk der grünen Partei ging, ebenfalls immer noch berührt vom unerwarteten Tod seines Freundes, auf die ehrliche Art von Gira ein und betonte, er trage die Entscheidung mit, den Europaparlamentarier Turmes als Nachfolger in die Regierung und als Spitzenkandidat zu nominieren.
«Zurück zu den politischen Wurzeln»
In einer emotionalen Stellungnahme verwies Claude Turmes auf die Rückkehr zu seinen politischen Wurzeln, die nun anstehe. Gemeinsam u.a. mit Camille Gira und auch mit Marco Schank habe er zu Beginn der 90er-Jahre für den Naturschutz im Norden unter anderem im «Mouvement écologique» gekämpft. Jetzt werde er versuchen, Giras Arbeit als Staatssekretär im Umweltministerium fortzuführen. Er wolle seine Dossiers übernehmen und, soweit die kurze Zeit der verbleibenden Legislatur dies erlaube, eigene Ideen einbringen.
Camille Gira, so erklärte der künftige Staatssekretär weiter, habe den Menschen immer als Teil eines Größeren gesehen sowie Natur und Tiere als schützenswert erachtet. Er habe die Menschen für seine Ideen begeistern können, sei hart in der Sache, aber fair im Umgang auch mit politischen Gegnern gewesen. Zu konkreten politischen Plänen wollte und konnte sich Turmes dem Tageblatt gegenüber noch nicht äußern; zu frisch war die Information gestern; so frisch, dass die Mitarbeiter des Ministeriums am frühen Morgen noch nichts von dem «Neuen» wussten. Im Anschluss an die Pressekonferenz musste Turmes denn auch wieder nach Straßburg reisen, wo ihn Verpflichtungen im Parlament erwarteten.
Die Prozeduren
Die Wahlkommission der Grünen und die Parteileitung kamen am Montagabend mit der Bezirksleitung Norden zusammen und einigten sich darauf, einem Kongress Claude Turmes als Nachfolger von Camille Gira vorzuschlagen (laut Statuten entscheiden bei den Grünen Kongresse über die Nominierung von Regierungsmitgliedern). Während eines außerordentlichen Kongresses, der am 5. Juni um 18 Uhr im «Centre Neumünster» stattfinden wird, werden die Mitglieder dann über den Vorschlag abstimmen.
Der Kongress wird zwei Tagesordnungspunkte haben: die Ehrung von Camille Gira und die Wahl.
Sollte das statutarisch vorgesehene Quorum der anwesenden Mitglieder nicht erreicht werden, so wird die Entscheidung zehn Tage lang «en suspens» gehalten.
Kommt es nicht zu massivem Widerspruch, was laut Präsident Christian Kmiotek auch nicht zu erwarten ist, hat die Entscheidung dann Gültigkeit. Mit der Vereidigung des neuen Staatssekretärs sei dann um Nationalfeiertag zu rechnen. Dass Turmes Spitzenkandidat im Norden wird, ist ein Beschluss der Wahlkommission. Ab 1. Juni wird er wieder in Diekirch wohnen.
Die Nachfolgerin von Turmes im Europaparlament wird Tilly Metz, die ihrerseits während einer nächsten Plenarsitzung (im Juli) ihr europäisches Amt übernehmen wird.
Die Freistellung von der Schule, in der sie noch arbeitet, wurde bereits bewilligt. Jutta Brömmel wird Tilly Metz im hauptstädtischen Gemeinderat ersetzen.
Vom «Mouvement» ins EU-Parlament
Claude Turmes, am 26. November 1960 in Diekirch geboren, kann auf eine knapp 20-jährige Mitgliedschaft im EU-Parlament zurückblicken, dem er seit 1999 angehört. Er hat einen Hochschulabschluss in Sport und ein europäisches Diplom in Umweltwissenschaften. 1995-1997 war er Sekretär von «Friends of Earth, Europe», 1989-91 Mitglied des Exekutivkomitees des Europäischen Umweltbüros. Das Mitglied der Luxemburger Umweltbewegung trat früh in die grüne Partei ein.
1999 wurde er EU-Parlamentarier, ein Posten, den er bis jetzt ununterbrochen bekleidete. Im Parlament war er einer der «fleißigen» Abgeordneten und Mitglied des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie und Mitglied der Delegation für die Beziehungen zu Indien. r.s.
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