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Einer gegen alle

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Wie es aussieht, führt künftig kein Weg an dem schiitischen Prediger und irakischen Nationalisten vorbei.

Die USA und der Iran sind sich in wenigen Dingen einig, doch den irakischen Wahlgewinner Moktada al-Sadr sehen sie beide mit Argwohn. Doch wie es aussieht, führt künftig kein Weg an dem schiitischen Prediger und irakischen Nationalisten vorbei.

Der Mann wird von Washington wie von Teheran als Bedrohung gesehen. Denn so war das nicht gedacht – dass der Irak wählt und der Gewinner jemand ist, der sowohl den Einfluss der einen wie jenen der anderen eindämmen will. Doch mit der Wahl Moktada al-Sadrs ist genau das eingetreten. So wundert es nicht, dass sowohl die USA als auch der Iran hohe Gesandte in den Irak geschickt haben, um al-Sadrs politische Unterlegene von einer Regierung mit dessen Bündnis abzuhalten. Wohl vergebens.

Denn nachdem sein Wahlbündnis bei der Parlamentswahl, zu der al-Sadr ein ungewöhnliches Bündnis mit den Kommunisten eingegangen war, am 12. Mai stärkste Kraft geworden ist, kommt ihm nun bei der Regierungsbildung eine Schlüsselrolle zu. Der 44-jährige Geistliche, dessen schwarzer Turban ihn als Nachfahre des Propheten ausweist, stammt aus einer Familie berühmter Kleriker. Sowohl sein Schwiegervater wie sein Vater wurden auf Geheiß des irakischen Machthabers Saddam Hussein hingerichtet beziehungsweise ermordet.

Im Irak gilt al-Sadr als einer der mächtigsten Kleriker. Nach dem Sturz von Saddam Hussein durch die US-Streitkräfte 2003 gründete er die Mahdi-Armee. Die radikale schiitische Miliz lieferte sich in den folgenden Jahren erbitterte Kämpfe mit den US-Besatzungstruppen, ermordete im Bürgerkrieg aber auch zahlreiche Sunniten. Noch 2006 galt al-Sadr dem Pentagon als größte Gefahr für die Stabilität im Irak.

Heute hat al-Sadr der Gewalt abgeschworen und präsentiert sich als Vorkämpfer für Reformen und gegen die verbreitete Korruption und Misswirtschaft im Land. Vor der Parlamentswahl forderte er einen kompletten Politikwechsel und am 12. Mai kam seine Allianz auf 54 der 329 Sitze. Sie ist damit weit von einer Mehrheit entfernt, doch kommt ihr als stärkste Kraft eine Führungsrolle bei der Bildung einer Regierung zu. Der 44-Jährige hat zwar ausgeschlossen, selbst Ministerpräsident zu werden, doch könnte er als Königsmacher entscheidenden Einfluss auf die kommende Regierung haben.

Schon 2006 hatte er mit seiner Unterstützung dazu beigetragen, dass der Schiit Nuri al-Maliki Ministerpräsident wurde, bevor er wieder mit ihm brach und ihn als «Diktator» kritisierte. Als Haider al-Abadi 2014 die Regierung übernahm, unterstützte al-Sadr ihn gegen den IS, drängte ihn seit 2016 aber mit Massenprotesten zu Reformen.