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„Wir sind der gesunde Menschenverstand“

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Von unserem Korrespondenten Thomas Roser, Kamnik

Zum dritten Mal hintereinander könnte in Slowenien mit der LMS ein Parteineuling auf Anhieb zur stärksten Kraft des Landes werden. Mit Parteigründer Marjan Sarec sprach Thomas Roser vor der Parlamentswahl am 3. Juni im Rathaus von Kamnik über dessen
Ziele.

Tageblatt: Sie waren früher Politiker-Imitator. Hätten Sie sich damals vorstellen
können, selbst Politiker zu werden?

Marjan Sarec: Ich beschäftigte mich mit Politik, seit ich zehn Jahre alt war. Wegen meines Interesses für Politik habe ich Politiker imitiert. Mein Werdegang ist also nicht so seltsam, wie es scheint.

Was war 2010 Ihre Motivation, selbst in die Politik einzusteigen – und für das Bürgermeisteramt in Kamnik zu kandidieren?

Wenn man nur kritisiert, was nicht gut funktioniert, stellt sich irgendwann die Frage, ob man den Mut und die Eier hat, selbst in die Politik zu gehen – und etwas zu ändern. Ich habe vor Herausforderungen keine Angst – und wollte das zumindest versuchen.

Für den Außenstehenden scheint es um Ihr Land keineswegs schlecht bestellt. Wo sehen Sie trotzdem Fehlentwicklungen?

Einige unserer Politiker haben das ganze Land zu ihrer Geisel gemacht. Sie sitzen schon seit den 90er Jahren im Parlament – und tragen noch immer ihre gestrigen Kämpfe aus. Wenn man die ewige Spaltung in Partisanen und Domobranzen (Angehörige der faschistischen Heimwehr) überwinden könnte, würde das viele Dinge erleichtern.

Aber sind neue Politiker wirklich per se besser als alte?

Mit der Politik ist es wie beim Spaghetti-Kochen: Bleiben die Nudeln zu lange im Topf, sind sie verkocht – und nicht mehr al dente. Seit der Unabhängigkeit sind viele Politiker in Slowenien noch immer dieselben. Und scheinen in den alten Zeiten stehen geblieben.

Was wollen Sie denn ändern?

Wir wollen keine radikalen Veränderungen, eher eine Nachjustierung des Systems. Unser Staat wird bald 30 Jahre alt sein und wir haben noch immer keine größere Reform realisiert. Wir sind an einen Punkt gelangt, an dem wir sehen, was gut funktioniert und was nicht. Und man sollte nun einige Dinge verbessern.

Was zum Beispiel?

Die Prozedur zur Ernennung der Regierung ist bei uns viel zu kompliziert. Die zweite Kammer des Parlaments ist überflüssig, die Wahlhürde zu niedrig. Unser Bahnsystem ist völlig veraltet, stammt noch aus der Zeit von Franz-Joseph. Ob bei der Überarbeitung des Wahlrechts, Renten- oder Gesundheitssystems – in allen Bereichen müsste man mit den Reformen zumindest beginnen, über die seit 20 Jahren nur geredet wird.

Warum stimmen Sloweniens Wähler der Mitte seit Jahren immer wieder für neue
Parteien?

Weil die alten Parteien enttäuschend sind. Seit 20 Jahren versprechen sie im Wahlkampf, dass sie alles Mögliche tun werden, wenn sie in die Regierung kommen. Dabei sind sie an dieser schon seit 20 Jahren beteiligt. Natürlich muss es Rechte und Linke geben. Aber wir müssen beginnen, anders zu denken. Man muss als Linker nicht jede Dummheit anderer Linke preisen – und als Rechter nicht jeden bejubeln, der sich als rechts versteht, egal ob Trump oder Orban.

Wie würden Sie denn Ihre Partei positionieren?

Wir sind ganz klar im Zentrum. Wir sind der gesunde Menschenverstand. Wer über die Autobahn mit 200 Kilometer rast, wird sich irgendwann selbst umbringen. Wer mit 70 dahinkriecht, wird von anderen umgebracht. Es geht um das rechte Maß. Und in der Politik ist es das dasselbe. Nur weiß/schwarz und mit extremen Lösungen löst man gar nichts.

Bei der Präsidentschaftswahl im letzten Jahr gelangten Sie in die Stichwahl. Nun ist Ihre LMS laut den Umfragen zweitstärkste Kraft. Was erwarten Sie, was ist Ihr Ziel?

Unser Ziel ist in erster Linie der Parlamentseinzug. Aber natürlich würden wir uns freuen, wenn wir die Wahlen gewinnen sollten. Dann könnten wir zeigen, über was wir nun reden.

Und was kommt nach der Wahl?

Egal welche Regierung kommt, es wird eine Koalition sein. Und das erfordert Kompromisse. Ich hatte während meines ersten Mandats als Bürgermeister keine Mehrheit und musste über jede Kleinigkeit mit dem Stadtrat verhandeln. Aber damit muss man leben – und arbeiten.

Ihr stärkster Konkurrent ist laut den Umfragen die rechte SDS von Ex-Premier Janez Jansa. Könnten Sie sich mit ihr eine Koalition vorstellen?

Wir denken nicht daran, mit der SDS unsere Kräfte zu bündeln. Wir sind generell offen, aber werden nicht mit Extremisten zusammengehen. Diese schaffen nur Probleme.