„Wir glauben, dass wir erst am Anfang der innovativsten Zeit der Geschichte leben. Der Fortschritt schreitet immer schneller voran“, so ein amerikanischer Technologie-Investor gegenüber dem Tageblatt. Das, was die Menschheit bisher an Neuerungen erlebte, sei blass im Vergleich mit dem, was alles noch auf uns zukommen wird.
In der Tat hat die Forschung der vergangenen Dekaden dazu geführt, dass immer mehr Produkte entwickelt wurden, die den Alltag der Menschen verbessern sollen. Ein Leben ohne das so oft zitierte Smartphone – das Paradebeispiel des Fortschrittes – ist für viele Menschen mittlerweile unvorstellbar. „Das muss sich anfühlen wie im allerdunkelsten Mittelalter.“
Doch ist der kleine Hosentaschen-Computer wirklich das Nonplusultra, die Krönung der bisherigen Innovation? Es mag stimmen, dass das Leben durch das Handy bequemer wurde. Von größerer Bedeutung als die Bequemlichkeit ist aber die Informations-Revolution, die mit der Digitalisierung einherging. Es wurde möglich, von jedem Ort der Erde aus auf das gesamte Wissen der Menschheit zuzugreifen – dank des Handys.
Das Smartphone und das Internet, die Motoren der digitalen Revolution, werden von den Anwendern aber nur in den seltensten Fällen für kluge Sachen eingesetzt. In der überwiegenden Zahl der Fälle werden die Smartphones dazu genutzt, um Katzenbilder anzuzeigen oder die Bekanntschaft über das Aussehen des eigenen Mittagessens zu informieren. Ein Drittel des Datenverkehrs im Internet ist pornografischer Natur. Wenn das die Krönung der Entwicklung sein soll, sieht die Zukunft düster aus.
Andere Erfindungen haben die Menschheit bedeutend weitergebracht als die kleinen mobilen Geräte. Die Beherrschung des Feuers, die Erfindung des Rades oder die des Geldes waren für das Überleben der Menschheit von größerer Bedeutung als die neueste Netflix-Serie oder Instagram-Filter.
Ein Leben ohne Handy mag für viele nur schwer ertragbar sein, es ist aber ein Kindergeburtstag im Vergleich zu einem Leben ohne Geld, ohne Mobilität oder ohne beheizte Wohnung. Selbst im dunkelsten Mittelalter haben die Menschen mittags öfters warm gegessen. Falls von heute auf morgen alle Kraftwerke aufhören würden, Strom zu produzieren, wäre das nicht-funktionierende Smartphone wohl das kleinste Problem.
In einem haben die Technikjünger jedoch recht. Wir befinden uns momentan an der Spitze des Fortschrittes. Außergewöhnlich ist dies nicht. Ob Evolution oder Revolution, die Technik entwickelt sich ständig weiter. Rückschritte hat es in der Vergangenheit sehr selten gegeben, eigentlich kann fast nur das Mittelalter als Beispiel gelten.
Selbst die zerstörerische Kraft der Kriege schaffte es nicht, den Fortschritt zu bremsen. In Kriegszeiten wurde und wird besonders viel in Technik investiert. Auch die Medizin durchlief in Konflikten mit die größten Innovationsschübe ihrer Geschichte. Da ist es nur normal, dass egal an welchem Punkt der Geschichte man steht, die Innovation nie größer war. Außergewöhnlich ist dies nicht.
Die Amishen leben wie vor 300 Jahren, ohne Autos und Computer, Jeans oder Reißverschlüsse. Vielleicht sollten wir mehr von ihnen lernen, als den Technologieinvestoren, die dem Tageblatt sagen, wo es lang geht.