Nach Claude Wiseler zogen auch die Regierungsparteien Bilanz der letzten fünf Jahre und zeichneten ihr Bild des Landes. Hier ein Überblick der wichtigsten Aussagen von Alex Bodry, Eugène Berger und Henri Kox.
Alex Bodry: „Genug Spielraum für Politik“
„Ich hatte ein bisschen mehr erwartet als ein Medley der besten Stücke dieser Legislaturperiode“, meinte LSAP-Fraktionschef Alex Bodry gleich nach Claude Wiselers Rede. „Das war kein visionärer Wurf.“ Er hielt der größten Oppositionspartei vor, dass sie einfach nur wiederholt habe, was sie schon in etlichen Debatten im Parlament gesagt hat, und ging gleich in die Gegenoffensive, indem er die Oppositionsarbeit der CSV kritisierte: „Noch nie wurden so wenige Gesetzesvorschläge eingereicht wie in dieser Legislaturperiode.“
Zur finanziellen Lage des Landes meinte er – genau wie Premier Xavier Bettel bei seiner Rede zur Lage des Landes –, dass Luxemburg finanziell und budgetär gut dastehe. „Es ist genug Spielraum da, um eine eigenständige Politik zu betreiben“, meinte der LSAP-Fraktionsvorsitzende. Auch im Ausland sei man zufrieden mit Luxemburg. Alle offiziellen Stellen würden das Großherzogtum als stabil einstufen. Auch die Arbeitslosigkeit sei gesunken: „Wir haben heute 2.500 Arbeitslose weniger als bei Regierungsantritt.“ Das sei Fakt.
Die Kritik der CSV, dass die Steuerreform nur ein Wahlkampfgeschenk an die Bürger sei, wies Bodry von der Hand. „Wir haben das gemacht, was richtig war“, meinte der Sozialist. Die Investitionen der öffentlichen Hand müssten hoch bleiben: „Wir haben entschieden, die Menschen am Wachstum teilhaben zu lassen.“
Bodry sprach sich gegen eine Herabsetzung der Unternehmenssteuer aus. Es sei nicht der Moment, um noch weiter an dieser Schraube zu drehen. Über die Besteuerung der Witwer müsse allerdings noch einmal diskutiert werden. Das Thema war in den letzten Jahren immer wieder aufgekommen. Die Witwer beschweren sich, dass sie drei Jahre nach dem Tod ihres Partners mehr bezahlen müssen.
Auch auf die Renten ging Bodry ein. Die Situation sei gut, doch am Rentenalter müsse gearbeitet werden. Der Fraktionschef will das Alter nicht erhöhen, sondern das reale Alter näher an das gesetzliche heranführen. „Laut Eurostat sind hierzulande in der Alterssparte der 55- bis 64-Jährigen nur noch 40 Prozent der Menschen aktiv“, so Bodry. Das sei keine normale Situation. In der EU liege der Durchschnitt bei 57 Prozent.
Auch das ewige Wahlkampfthema Wachstum kam zur Sprache: „Wachstum ist kein Selbstzweck“, sagte Bodry. Es solle darum gehen, ein faires und intelligentes Wachstum anzupeilen. Der LSAP-Politiker wiederholte auch noch einmal die Forderung seiner Partei, den Mindestlohn zu erhöhen. Die LSAP meinte schon mehrmals, dass dieser um 100 Euro pro Monat steigen sollte.
Zur Wohnungsbaupolitik erklärte Bodry, dass seine Partei für eine Antispekulationssteuer sei. Der Staat müsse auch mehr Land kaufen. Der „pacte logement“, durch den sich Gemeinden dazu verpflichten, Wohnraum zu schaffen, während sie im Gegenzug finanziell unterstützt werden, müsse beibehalten, aber auf jeden Fall reformiert werden.
Zum Schluss seiner Stellungnahme ging Bodry noch auf ein Thema ein, das in der luxemburgischen Politik eher selten angesprochen wird: die Großregion. Er forderte, dass diese stärker einbezogen werde. Luxemburg sei abhängig von der Großregion – und umgekehrt. Deshalb solle stärker mit den Nachbarländern zusammengearbeitet werden.
niw
Eugène Berger: „An Chancen glauben“
„Wir stehen heute besser da als 2013“, sagte DP-Fraktionsvorsitzender Eugène Berger. Das Erfolgsmodell Luxemburg baue darauf auf, dass man an Chancen glaubt und sie ergreift. Die Opposition aber denke in Begriffen wie „Risiko“ und „Gefahren“. Anstatt Alternativen zu präsentieren, habe sie immer nur die Finanzpolitik kritisiert. „Diese Nummer geht heute nicht mehr“, so Berger im Hinblick auf die „guten“ Zahlen, mit denen der Finanzminister aufwarten kann. Im Gegensatz zur Opposition lobten sowohl die von Jean-Claude Juncker geführte EU-Kommission, der IWF und die Ratingagenturen die Luxemburger Finanzpolitik. „Wenn wir gewollt hätten, könnte das Defizit des Sozialstaates bereits bei null liegen“, so Berger. Allerdings wolle die Regierung investieren. Etwa in die Bahn, den öffentlichen Transport und in Schulen. „Es gibt Dinge, die einfach gemacht werden müssen, sagte der DP-Abgeordnete. Dass es Luxemburg finanziell besser gehe als 2013, liege nicht alleine an der Konjunktur, meint Berger. Vielmehr sei es „ein Mix“ aus Konjunktur und aus „den richtigen Maßnahmen“, die getroffen wurden. Er nannte die Steuerreform, die zu mehr Kaufkraft und damit zu mehr Konsum geführt habe. Zu weiteren Verbesserungen, die unter Mitwirkung seiner Partei in Regierungsverantwortung umgesetzt wurden, zählt er die Reform des Elternurlaubs. Mütter und Väter könnten nun mehr Zeit mit ihrem Nachwuchs verbringen. Im Wohnungsbau sei noch viel zu tun, allerdings sei hier ein „historischer Mangel“ aufzuarbeiten.
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Henri Kox: Fast alles ist gut
Der Grünen-Abgeordnete Henri Kox zog gestern Bilanz der Arbeit der Dreierkoalition in den letzten Jahren. „Ist tatsächlich alles gut?“, fragte er.
Luxemburg hat das AAA aller großen Ratingagenturen. Die Arbeitslosenquote sinkt. Die Staatsfinanzen sind gesund, analysierte er. Die Staatsschuld entspricht 23 Prozent des BIP und sinkt tendenziell. Der Finanzplatz sei „sauberer“ als 2013, analysierte der Abgeordnete weiter. Luxemburg sei weltweit die Nummer eins im Handel mit „grünen Anleihen“. Ab 2018 schütze Luxemburg auch seine natürlichen Grundlagen besser, mit einem neuen Wald-, einem neuen Naturschutz- und einem neuen Bodenschutzgesetz, die noch zu votieren sind. Auch werde der Schutz des Trinkwassers endlich ernst genommen, so der Grünen-Politiker. In Luxemburg sei endlich die Ehe gleichgeschlechtlicher Paare legal und Mütter und Väter erhielten nun mehr Urlaub. Auch im öffentlichen Transport habe sich viel getan, zum Beispiel mit Standseilbahn und Tram in Luxemburg-Stadt.
„Vieles ist besser als vor fünf Jahren, aber nicht alles ist gut“, sagte Kox. Der Staat und die Gemeinden müssten mehr bauen, um der Situation am Wohnungsmarkt zu begegnen. Die Gemeinden müssten logistische und finanzielle Hilfe erhalten. Auch müsse „ein besseres Gleichgewicht zwischen Privateigentum und dem Allgemeininteresse“ gefunden werden. In den letzten Wochen hatte es eine Diskussion um Enteignungen gegeben.
Auch im Klimaschutz gebe es Herausforderungen. Um die Pariser Klimaziele über 2020 hinaus zu erfüllen, müssten viele Anstrengungen unternommen werden. „An einem ernsten Umbau unserer Mobilität kommen wir nicht vorbei“, sagte Kox weiter. Auch die Elektromobilität sei keine Lösung, so Kox.
Kox wies außerdem auf den „dramatischen“ Rückgang der Biodiversität in Luxemburg hin. Diese dürfe man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ein Rückgang der Blumen bedeute einen Rückgang der Vögel und Fledermäuse und am Ende sei der Mensch der Leidtragende.
Dies alles verhindert aber nicht, dass Kox einen positiven Blick auf die letzten Jahre hatte. „Diese Regierung und die Grünen haben viel gemacht“, sagte er. Einen geerbten Reformstau hätten die drei Parteien aufgelöst. Viele Veränderungen stünden jetzt an. Kox nannte die umzusetzenden Klimaabkommen und die Digitalisierung, Robotisierung und KI, die die Wirtschaft und die Arbeit verändern werden.
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