Das Land sei moderner und besser aufgestellt, als es dies zu Beginn der Legislaturperiode gewesen sei, so Xavier Bettel bei seiner knapp einstündigen Rede zur Lage des Landes vor dem Parlament. Er unterstrich vor allem die ausgezeichnete finanzielle Lage Luxemburgs und ging recht sparsam mit Oppositionsschelte um.
Die Themen
Wirtschaft/Finanzen: Schon fast ein vierfaches „A“
Die finanzielle Situation des Landes ist eine hervorragende und besser, als die Prognosen und Haushaltsvorlagen es vermuten ließen.
Die fehlenden Einnahmen aus dem elektronischen Handel konnten kompensiert werden. Zudem sinkt die Staatsschuld schneller als erwartet, das „Triple A“ sei ungefährdet und das bei einem verbesserten Image des Finanzplatzes.
Der Zentralstaat habe im vergangenen Jahr 819 Millionen Euro weniger Defizit verzeichnet als erwartet und die Investitionen seien auf Rekordniveau, meinte Bettel gestern. Die positive Entwicklung setze sich voraussichtlich fort. In vier Jahren soll die Staatsverschuldung aller Wahrscheinlichkeit nach bei unter 20 Prozent liegen. Zum Vergleich: Derzeit beträgt sie 23 Prozent. Auch der intergenerationelle Fonds fülle sich Jahr für Jahr mehr; mittlerweile betrage er rund eine Viertel Milliarde Euro.
Damit dies so bleibe, soll eine Wirtschaftspolitik betrieben werden, die auch neue Bereiche wie das Space Mining umfasst. Das Land sei zudem attraktiv für neue Investoren wie Google. Auch Amazon, Ferrero, Goodyear und andere würden den Standort Luxemburg wählen, und das nicht nur wegen der guten digitalen Vernetzung.
Das Land sei auf gutem Wege, eine „Smart Nation“ zu werden, der Rifkin-Prozess helfe bei der Steuerung dieser Entwicklungen. Die digitale Entwicklung und die Telearbeit („télétravail“) würden Konsequenzen haben, die eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit bzw. Familie erlaube. Die Regierung, so eine Ankündigung während der Ansprache, werde dieser Entwicklung einen legalen Rahmen geben.
r.s.
Wachstum: Wenig Wohnungsbau, viel Verkehr
In Wachstumsfragen verzichtete Xavier Bettel darauf, näher auf die Wohnungsbauproblematik einzugehen und konzentrierte sich lieber auf den Verkehr.
„Unser Land steht im Stau“, meinte Bettel einleitend. Tatsächlich ist die Verkehrsproblematik zusammen mit der Wohnsituation eines der beiden großen Themen in der im Wahlkampf stattfindenden Wachstumsdiskussion. Für die Regierung galt immer die Strategie: Ausbau der öffentlichen Transporte. Bettel ging demnach auf die Investitionen im Schienenverkehr ein. In den letzten fünf Jahren seien 1,6 Milliarden in den Ausbau geflossen. Ein Rekord, so der Premier. In den zehn Jahren davor seien es nur 1,36 Milliarden gewesen.
Durch dieses Geld sollen die Züge „pünktlicher, gemütlicher, zuverlässiger und attraktiver“ werden. Neben den Investitionen in den Schienenverkehr nannte der Premierminister auch die 180 Millionen Euro, die in den letzten Jahren in den Straßenbau flossen. Er forderte von seinen Politikerkollegen, dass in den nächsten Jahren „dieser Weg konsequent weitergehen muss“.
In den nächsten Monaten soll laut Bettel noch das eine oder andere Projekt angestoßen werden. So kündigte Bettel beispielsweise an, dass demnächst eine App vorgestellt wird, die das Carsharing vereinfachen soll. Durch das Programm sollen Fahrer und potenzieller Passagier einfacher zueinander finden. Es gibt bereits Apps, die genau diesen Dienst anbieten. Details, inwiefern sich die Regierungs-App von anderen unterscheiden wird, nannte Bettel nicht.
Natürlich durften Details zur Tram nicht fehlen. Bettel erklärte, dass seine Regierung vorschlägt, dass die Tram bis nach Belval fahren soll. Dort befindet sich die Universität von Luxemburg. In der Vergangenheit wurde immer wieder kritisiert, dass diese sich zu weit abseits befindet. Allerdings fährt ein Zug von Belval nach Luxemburg-Stadt. Auch hier wird Bettel noch ausführen müssen, inwiefern dieser Ausbau eine Verbesserung mit sich bringen könnte.
Ein weiteres wichtiges Thema in der Wachstumsdebatte ist die Wohnsituation. Die Preise sind in den letzten fünf Jahren immer weiter gestiegen. Bettel wies lediglich abstrakt darauf hin, dass die letzten Regierungen das Problem nicht angegangen hätten. Seine jedoch habe etwas unternommen. Weiter ging er nicht auf das Thema ein. Das könnte unter anderem daran liegen, dass die Wohnungsbaupolitik ein schwarzer Fleck in der Regierungsbilanz ist. In den letzten Jahren ist wenig passiert. Die Regierung konnte keine Lösung zu den Problemen vorschlagen.
niw
Schule: Institution in der Veränderung
Unterrichtsminister Claude Meisch stand wiederholt in der Kritik. Gestern lobte der Premier und DP-Parteikollege Bettel die Schulpolitik ausdrücklich.
Die Schule habe sich verändert und sei durch Reformen der Gesellschaft angepasst worden. Besonders die Berufsausbildung habe sich positiv entwickelt und noch vor Ende der Legislaturperiode werde ein Pilotprojekt gestartet, das einen parallelen „Première“-Abschluss mit einem zweiten Abschluss in der Berufsausbildung erlauben werde, sodass den Schülern alle Möglichkeiten offen stehen würden, zum Beispiel jene, einen Betrieb zu übernehmen.
Es seien fünf Schulen mit europäischen Programmen eröffnet worden, sechs neue Sektionen seien im Sekundarunterricht geschaffen worden. Insgesamt sei die Schule sozialer und stärker sozial verantwortlich geworden. Eine Reform der Ediff werde in den nächsten Wochen gestimmt, kostenlose Kinderbetreuung werde angeboten …
Es gelte, in der Schule Ruhe zu bewahren, sagte Bettel weiter, und den Lehrern die nötige Zeit zu geben,um sich um die Schüler kümmern zu können. Der Einfluss der Digitalisierung werde in den kommenden Jahren in der Schule stärker deutlich werden.
r.s.
Zu den Reaktionen aus der Luxemburger Politik (► Link)
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