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Saft abdrehen: Gewerkschafter wollen SNCF-Streik ausdehnen

Saft abdrehen: Gewerkschafter wollen SNCF-Streik ausdehnen
CFL-Gewerkschafter bei einer Kundgebung. Foto: DPA

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Die radikale französische Gewerkschaft CGT ist bereit, den Streik der Eisenbahner Frankreichs auf andere Bereiche auszuweiten.

Am Donnerstag und am Freitag sollen in Paris keine Metrozüge und keine Busse fahren. Die radikale Gewerkschaft CGT («Confédération générale du travail») hat alle Mitarbeiter der RATP (der staatliche Betreiber des öffentlichen Personennahverkehrs in Paris und dem nahen Umland) an beiden Tagen zur Mobilisierung aufgerufen. Versammlungen sollen vor dem Bahnhof Montparnasse stattfinden. Die CGT will den Streik auf andere Bereiche ausdehnen. Würde am Donnerstag und Freitag der Verkehr von Bus und Metro in Paris beeinträchtigt, dann würde Paris blockiert. Die Menschen kämen nicht mehr zu ihrer Arbeit.

Philippe Martinez, Generalsekretär der CGT, spielt ein großes Spiel. Im Eisenbahnbereich weiß er, dass er das Spiel verlieren wird. Von ursprünglich 42 Prozent ist die Beteiligung am Eisenbahnerstreik nach Angaben des Unternehmens am Mittwoch auf 19 Prozent gesunken. In erster Lesung ist das Gesetz zur Reform mit 474 Stimmen und damit einer Zweidrittelmehrheit angenommen worden. Da auch die bürgerliche Opposition dem Gesetz zugestimmt hat, ist nicht damit zu rechnen, dass sich der Senat, in dem sie über die Mehrheit verfügt, gegen die Reform wenden wird. Martinez weiß auch, dass eine neue Auseinandersetzung im Herbst kommen wird, wenn die Aushandlung eines Branchen-Tarifvertrages ansteht.

Frankreich steht hinter Reformen

Allerdings hat sich die Situation gründlich geändert. Die letzte große Eisenbahn-Auseinandersetzung fand 1995 statt. Angesichts von Millionen Demonstranten gegen ein Reformgesetz der Eisenbahn zog der damalige Premierminister Alain Juppé das Gesetz zurück und verlor sein Amt. Heutzutage verlangt Frankreich Reformen und versteht den Eisenbahnerstreik nicht.

In dieser Situation will die CGT den Machtkampf mit dem Staatspräsidenten ausdehnen. Als er gehört habe, dass die SNCF 200 TGV zusätzlich einsetzen wolle, habe er entschieden, die Kameraden von der SNCF zu unterstützen, sagte der Generalsekretär der Energiegewerkschaft der CGT. Man plane, die Stromspannung in den Leitungen der TGV-Strecken herabzusetzen. Die Züge müssten dann langsamer fahren und kämen nicht mehr pünktlich an.

CGT: Strom für Arme

CGT-Chef Martinez ging in einem Interview mit der Wirtschaftszeitung Les Echos noch weiter. Man wolle sich sozial verhalten und all denen Strom liefern, die derzeit keinen mehr bekämen, weil sie die Rechnungen nicht bezahlen könnten. Die CGT verhalte sich wie Robin Hood, lauteten bissige Kommentare.

Aber auch dabei soll es nicht bleiben. Unternehmen, die sich etwa durch Entlassungen, Sozialpläne oder Restrukturierungen aggressiv gegenüber ihren Mitarbeitern verhielten, würde stundenweise der Strom abgedreht, kündigte Martinez in dem Interview an. Die Ankündigungen kommen zu einem Zeitpunkt, wo Umfragen ergeben, dass die Beliebtheitswerte von Staatspräsident Macron sinken. Gleichzeitig aber zeigen dieselben Umfragen, dass über 60 Prozent der Befragten den Streik missbilligen und das Reformprojekt zur SNCF befürworten.