Von unserer Korrespondentin Barbara Barkhausen
Immer wieder eskaliert die Lage im Nahen Osten zwischen Palästinensern und Israelis. Kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gab es jedoch Pläne, ein jüdisches Territorium im Norden Australiens zu gründen. Dies hätte die Welt möglicherweise drastisch verändert.
Als am 14. Mai 1948 das britische Mandat über Palästina auslief, ging ein jüdischer Traum in Erfüllung: Ben Gurion rief den Staat Israel aus und führte ihn danach als erster Ministerpräsident. Doch für die Araber in der Region gilt der Tag als „Nakba“, als Katastrophe.
Bis heute kommen die Konflikte, die dadurch in der Region entstanden, nicht zur Ruhe: Bei Protesten im Gazastreifen kamen erst in den vergangenen Tagen wieder Palästinenser ums Leben oder wurden verletzt. Israels Armee warf im Gegenzug der im Gazastreifen operierenden Hamas vor, Terroranschläge gegen Israel zu planen. Doch kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs hätte sich das Schicksal Tausender jüdischer Menschen in eine völlig andere Richtung wenden können.
Zehntausende Juden hätten gerettet werden können
Damals arbeitete ein russischer Jurist und Politiker an einem kühnen Plan, der Zehntausende jüdische Leben während der Zeit des Nationalsozialismus hätte retten können.
Im Jahr 1939 identifizierte die sogenannte Freeland-Liga für jüdische Territorialkolonisierung die Kimberley-Region im Nordwesten Australiens als einen Ort, um 75.000 europäische Juden auf der Flucht vor dem wachsenden Antisemitismus anzusiedeln. Im Mai 1939 schickte die Organisation Isaac Steinberg, der zuvor als Justizminister in der Regierung von Lenin gedient hatte, nach Perth, um Lobby-Arbeit bei der australischen Regierung zu betreiben. Er bewarb seinen Plan damals mit den Worten, dass er Australien bitte, „seine Tore für die verfolgten Juden in Europa zu öffnen und sie dabei zu unterstützen, die Landschaft in ein produktives landwirtschaftliches Zentrum zu verwandeln“.
Bedrohung für zionistische Idee
Steinberg hatte seine Vision nach einem Bericht des australischen Senders ABC bis ins Detail ausgearbeitet und sinnierte gar über die „jüdischen Gedichte über Kängurus und lachende Kookaburras“, die die neuen Bewohner schreiben würden. Die Liga wollte ein 28.000 Quadratkilometer großes Areal kaufen und zunächst 75.000 Juden ansiedeln. Manche Quellen sprechen sogar davon, dass die Ansiedlung von bis zu einer Million Menschen geplant gewesen sei.
Der Plan sei in einem kritischen Moment auf den Tisch gekommen, als Flüchtlinge um ihr Leben geflohen seien, wie der Autor Leon Gettler, der ein Buch über den Plan veröffentlicht hat, der ABC sagte. In Australien sei man sich der Dringlichkeit bewusst gewesen und die Kirche, Gewerkschaften und viele Geschäftsleute hätten sich für ein jüdisches Territorium im Norden eingesetzt.
Auch der damalige Ministerpräsident Westaustraliens, John Willcock, unterstützte Steinberg. Opposition kam jedoch unter anderem von einigen australischen Juden, die fürchteten, dass der Plan eine Welle des Antisemitismus in Australien auslösen könnte, während andere den Plan als eine Bedrohung der zionistischen Idee ansahen.
Plan fruchtete nicht
Steinberg selbst war mit seiner Familie vor den Nazi-Schergen rechtzeitig geflohen. Nachdem er aus Russland wegen seiner politischen Aktivitäten verbannt worden war, hatte er mehrere Jahre in Deutschland gelebt, das Land jedoch 1933 verlassen, nachdem die Nationalsozialisten an die Macht kamen. Von London aus half er, die Freeland-Liga für jüdische Territorialkolonisierung zu gründen.
Letztendlich fruchtete die Idee jedoch nicht. Am 15. Juli 1944 und damit über fünf Jahre nach seiner Petition erhielt der Jurist eine Absage des damaligen australischen Premierministers John Curtin, der schrieb, dass die australische Regierung nicht von der „seit langem bestehenden Politik in Bezug auf Ausländeransiedlung in Australien“ abweichen würde. Der Plan der Freeland-Liga könne deswegen nicht umgesetzt werden.
Schwer zu glauben, denn seit 2000 Jahren beteten die Juden um eine Rückkehr nach Jerusalem. Hätte man diese Pläne jedoch realisiert, dann wären die Wüsten Australiens jetzt wohl blühende Landschaften und der Äols Rock die Klagemauer.