Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva muss ins Gefängnis, doch geschlagen gibt sich der populäre Vollblutpolitiker noch lange nicht. «Der Tod eines Kämpfers kann die Revolution nicht aufhalten», rief er am Samstag seinen Anhängern in São Paulo zu.
Lula war wegen Korruption zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Bis zuletzt versuchte er, die Inhaftierung verhindern. Seine Anwälte legten eine ganze Reihe von Rechtsmitteln ein, sogar beim UN-Menschenrechtsausschuss beantragten sie eine einstweilige Verfügung. Am Ende gab der 72-Jährige nach: «Ich werde den Haftbefehl akzeptieren», sagte er, nachdem er mit Freunden und Vertrauten eine Messe für seine im vergangenen Jahr verstorbene Ehefrau Marisa Letícia gefeiert hatte.
Seine Anhänger wollten ihn allerdings nicht ziehen lassen. Hunderte Menschen blockierten am Samstag die Ausgänge des Sitzes der Metallarbeitergewerkschaft in São Paulo, als Lula in einem grauen Auto zur Polizei fahren wollte. Erst Stunden späten verließ er in einer Kolonne schwarzer Geländewagen das Areal.
«Werde weiter Verbrechen begehen!»
Nach seiner Festnahme wurde er in das Hauptquartier der Bundespolizei in der südbrasilianischen Stadt Curitiba gebracht, wo eine Zelle für ihn vorbereitet worden war. Medienberichten zufolge verfügt Lula dort über ein Bett, einen Tisch, Stühle und ein eigenes Bad.
Zuvor hielt er vor dem Gewerkschaftsgebäude noch eine flammende Rede. Dort hatte er in den 1970er Jahren seine politische Karriere begonnen. «Ich habe schon vor langer Zeit davon geträumt, dass es in diesem Land möglich ist, Millionen armer Menschen in die Wirtschaft einzubeziehen, an die Universitäten zu schicken und Millionen Arbeitsplätze zu schaffen», sagte Lula.
«Dieses Verbrechen habe ich begangen. Dafür klagen sie mich an. Wenn es ein Verbrechen ist, einen Armen an die Universität zu bringen, einen Schwarzen an die Universität zu bringen, einen Armen ein Auto kaufen zu lassen oder im Flugzeug fliegen zu lassen, werde ich weiterhin ein Verbrecher in diesem Land sein, denn ich werde noch viel mehr tun.»
Lula ist in den Skandal um Schmiergelder bei Auftragsvergaben an den staatlichen Ölkonzern Petrobras verwickelt. Unter anderem soll er von dem Bauunternehmen OAS die Renovierung eines Luxus-Appartements angenommen haben. Er selbst sieht sich als Opfer einer Verschwörung rechter Politiker und der Medien, die seine Rückkehr an die Staatsspitze verhindern wollen.
«Habe ein reines Gewissen»
«Je mehr sie mich angreifen, desto mehr wächst meine Beziehung zum brasilianischen Volk», sagte Lula. «Ich habe ein reines Gewissen. Ich vergebe ihnen aber nicht, dass sie mich einen Dieb nennen.»
Während seiner Amtszeit von 2003 bis 2010 modernisierte der «Präsident der Armen» die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas und verbesserte die Lebensbedingungen von Millionen armer Brasilianer mit dem Programm «Fome Zero» (Null Hunger) und der Familiensozialhilfe. US-Präsident Barack Obama nannte ihn den «beliebtesten Politiker der Welt».
Bei der Wahl im Oktober will er erneut für das höchste Staatsamt kandidieren. Allerdings ist unklar, ob das nach seiner Inhaftierung noch möglich ist. Noch stehen ihm weitere Berufungsinstanzen offen. In den Umfragen liegt Lula mit bis zu 36 Prozent deutlich vorn.
Kann er nicht bei der Wahl antreten, könnte der ultra-rechte Jair Bolsonaro der Nutznießer bei der Wahl sein. Er wird als «Trump Brasiliens» bezeichnet, hetzt gegen die linke Arbeiterpartei und verherrlich die Militärdiktatur (1964-1985). Direkt nach Lulas Festnahme twitterte Bolsonaro ein Bild von Brasiliens Nationalflagge.
Lula rief seine Anhänger in São Paulo dazu auf, den politischen Kampf fortzusetzen und sein Erbe zu wahren: «Ich bin kein menschliches Wesen mehr. Ich bin eine Idee.»
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