Vor genau zwei Jahren, am 3. April 2016, veröffentlichten 109 Zeitungen aus 76 Ländern die „Panama Papers“. Die Welt hielt den Atem an. Solche Schlagzeilen kann ein Finanzplatz, an dem 104 Banken zu Hause sind, natürlich nicht gebrauchen. Besucher aus
Luxemburg haben dafür vollstes Verständnis.
Den Charme unserer Festungsstadt hat Panama City nicht. Es sieht eher aus wie in Singapur oder Abu Dhabi. Genau wie dort reihen sich die Hochhäuser entlang der Avenida Balboa und in ihren Seitenstraßen. Acht der zehn größten Hochhäuser Lateinamerikas stehen hier, 22 Wolkenkratzer mit über 200 Metern Höhe haben Panama eine beeindruckende, zum Kanal hinüberblinkende Skyline verschafft. Eines der Hochhäuser ist das «Trump Ocean Club International Hotel & Tower» mit seinen 293 Metern. Der heutige US-Präsident hat es 2011 errichten lassen, am 5. März hat es sich jedoch vom bisherigen Trump-treuen Management losgesagt. Wie überall auf der Welt gibt es auch hier große Einkaufszentren. Fünf an der Zahl beherbergen die gleichen Geschäfte mit internationalem Angebot wie überall in der Welt.
Typisch panamaische Luft atmet man im alten Stadtgebiet (Panamá la Vieja), das seit 2003 zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Neben der zentralen Plaza mit Kathedrale, Rathaus und Bischofspalast sind hier noch Klöster, ein Spital und einige übrig gebliebene Häuser der Oberschicht zu sehen. Überall wird eifrig gehämmert und gestrichen, damit die unzähligen Bauruinen wieder auf Vordermann gebracht werden; allen voran die Kathedrale, die im nächsten Jahr den Besuch von Papst Franziskus erwartet. Auf der vor ihr gelegenen Plaza Mayor läuft immer noch ein Teil des gesellschaftlichen Lebens, die Terrassen rund um den Platz laden geradezu zum Mojito ein.
Entrüstung über Steueroasen-Ruf
Doch wer Panama sagt, der denkt – vor allem seit dem Erscheinen der «Panama Papers» am 3. April 2016 – an Steueroasen und illegale Gelder, verursacht durch eine liberale Steuerpolitik, die Panama City zu einem wichtigen internationalen Bankenplatz gemacht hat. «Wir sind keine illegalen Geschäftemacher», wehrt der Fremdenführer gleich ab. Es gebe keine illegalen Geschäfte, meint er, weiß oder will jedoch nicht mehr dazu sagen. In das gleiche Schweigen hüllen sich auch Anwälte, Banker und Politiker des Kanalstaates, die entrüstet über den Verdacht auf illegale Geschäfte waren. Auch die Leute von der Straße wehren sich gegen den schlechten Ruf, den ihnen scheinbar eine einzige, den meisten unbekannte Kanzlei eingebracht hat. In den Medien machten Verschwörungstheorien die Runde.
Lieber wird in Panama auf die demokratische Grundordnung verwiesen, die politische Stabilität, den vergleichsweise hohen Entwicklungsstand, die dynamische Marktwirtschaft und die zunehmende regionale Integration sowie die Wachstumsrate von durchschnittlich 6,2 Prozent, die der gut entwickelte Dienstleistungssektor generiert.
Industrien hat Panama keine. Der größte Arbeitgeber ist der Kanal, der nur panamaische Staatsbürger – rund 9.000 – beschäftigt. Die Banken und der Dienstleitungssektor sichern bis zu 1,5 Millionen Arbeitsplätze, wovon – vergleichbar mit Luxemburg – nur knapp 65 Prozent von panamaischen Staatsbürgern besetzt sind. Sie generieren drei Viertel des Bruttoinlandsproduktes (55,19 Milliarden Dollar, 14.400 Dollar pro Kopf). Investiert wird dieses Geld in Infrastrukturprojekte wie der Bau einer zusätzlichen Metrolinie in Panama City oder eine dritte Brücke über den Kanal in Colon.
Die vor zwei Jahren abgeschlossene Erweiterung des Panamakanals hat Schifffahrt und Logistik einen regelrechten Boom gebracht. 14.300 Schiffe befahren den Kanal jedes Jahr, die größten davon haben 13.000 Container an Bord. Drei Milliarden Dollar werden jährlich erwirtschaftet.
Wichtigster Exportpartner Panamas sind nach wie vor die USA, gefolgt von Kanada. Aber auch mit den mittelamerikanischen Nachbarstaaten und den Staaten der Karibik wird Handel betrieben, vor allem mit chemischen Erzeugnissen, Textilien und Nahrungsmitteln. Importiert werden ebenfalls chemische Erzeugnisse, Textilien und Bekleidung sowie Elektronik, Maschinen und Kraftfahrzeuge aus den USA, aber auch aus China und Japan.
Niedrige Registrierungskosten haben dazu geführt, dass zahlreiche Schiffseigner, wie in Luxemburg, ihre weltweit agierenden Schiffe in Panama registrieren, wodurch eine weitere Offshore-Tätigkeit entstanden ist, weil alle diese Firmen eine im Land registrierte (Briefkasten-) Firma brauchen. Auch der Tourismus ist ein wichtiger Devisenbringer.
Mossack-Fonseca
Wer heute die berühmt-berüchtigte Mossack-Fonseca-Anwaltskanzlei besuchen will, wird zwar noch die Adresse in der Calle 54 Este, doch kein Firmenschild mehr finden. Die 1977 von Jürgen Mossack gegründete Kanzlei, der die Schaffung von über 300.000 Briefkastenfirmen in 21 Steueroasen in allen möglichen Offshore-Territorien vorgeworfen wurde, hat ihre Tätigkeit niedergelegt. Ihre Auslandsniederlassungen, darunter Luxemburg und Gibraltar, wurden schon vor einem Jahr geschlossen, genau wie die zur Gruppe gehörende Privatbank „Mossfon Asset Management“.
In den ersten Monaten nach den Enthüllungen war ungewiss, ob den beiden Firmeninhabern, dem aus Deutschland eingewanderten Jürgen Mossack und dem in der panamaischen Politik und Wirtschaft ausgezeichnet vernetzten Einheimischen Ramón Fonseca, nach geltendem panamaischem Gesetz Straftaten nachgewiesen werden können.
Dass Mossack, Fonseca und zwei weitere führende Mitarbeiter in Haft genommen wurden, war für Panama, mit seiner kleinen Elite, wo jeder jeden kennt, alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Mossack hatte sich aus dem Gefängnis mit einem handgeschriebenen Brief in der Öffentlichkeit rechtfertigt und dabei jede Schuld von sich gewiesen.
Rückblende
Eine anonyme Quelle hatte der Süddeutschen Zeitung bereits 2015 mehr als 11 Millionen interne Dokumente der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca zugespielt, denen zufolge diese weltweit 214.000 anonyme Briefkastenfirmen verkauft hatte, um in aller Verschwiegenheit Geschäfte zu machen. Ein Jahr lang haben im „International Consortium of Investigative Journalists“ rund 400 Journalisten aus 100 Medien in 80 Ländern sie ausgewertet. Die Spuren führten zu Bestechungsgeldern, Mafia-Banden, korrupten Staats- und Regierungschefs.
Die Folgen
Seit der Veröffentlichung der Papiere im April 2016 steht Panama im Blickpunkt, aber nicht allein. Im Dezember 2017 setzte die Europäische Union 17 Länder auf eine Schwarze Liste, darunter Barbados, Macau, die Mongolei, Namibia, Südkorea. Sanktionen waren damit nicht verbunden, es sollte lediglich Druck aufgebaut werden. Doch schon einen Monat später machte die EU einen Rückzieher und strich acht Staaten, allen voran Panama, wieder von der Liste, nachdem sie sich kooperativ gezeigt hatten.
In Luxemburg hat die Finanz-Aufsichtsbehörde CSSF im Dezember 2017 in den Nachfolgeuntersuchungen zu den „Panama Papers“ Bußgelder von rund 2 Millionen Euro gegen vier Banken und fünf spezialisierte Unternehmen verhängt.
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