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Stillstand in Katalonien

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Der Alltag ist in die katalanische Hauptstadt zurückgekehrt. Dafür wird derzeit auf politischem Parkett hart gekämpft.

Auf Barcelonas berühmter Prachtallee La Rambla schiebt sich wieder, wie in früheren Tagen, ein endloser Touristenstrom an den Straßencafés, Shops und Souvenirständen vorbei. Der Alltag ist in die katalanische Hauptstadt zurückgekehrt. Dafür wird derzeit auf politischem Parkett hart gekämpft.

Von unserem Korrespondenten Ralph Schulze

Die Zahl der ausländischen Besucher, die auf dem Höhepunkt der Katalonien-Krise im Herbst zurückging, steigt wieder. Im Januar kamen zwei Prozent mehr internationale Touristen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. «Das Schlimmste scheint überstanden», sagt ein Mitarbeiter mit hörbarer Erleichterung im örtlichen Fremdenverkehrsbüro.

Auch die Polizeisondereinheiten, die von Madrid in die spanische Krisenregion geschickt worden waren, sind abgezogen. Der Unabhängigkeitskonflikt, der im Herbst ganz Europa in Atem hielt und unschöne Bilder von Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und Separatisten produzierte, hat sich beruhigt. Die Sorgen, dass die Spannungen erneut in Gewalt umschlagen könnten, sind zunächst verschwunden.

Zwar ziehen immer noch regelmäßig Protestzüge durch die Straßen. Gerade erst riefen Tausende pro-spanische Demonstranten in Barcelonas City: «Schluss mit dem Abspaltungskurs – Wir sind Katalanen und wir sind Spanier.» Einige Tage zuvor hatten die Separatisten mobilgemacht und wieder einmal für eine eigene katalanische Republik demonstriert. «Unabhängigkeit, sofort!», skandierten sie. Doch die Stadtbewohner sowie die auswärtigen Gäste haben sich an diese Kundgebungen gewöhnt. Die Stimmung auf den Straßen ist friedlich.

Harter Kampf

Dafür wird derzeit auf politischem Parkett hart gekämpft. Vor allem im Lager der Unabhängigkeitsbefürworter. Die drei Separatistenparteien gewannen zwar vor drei Monaten, am 21. Dezember, mit 47,5 Prozent der Stimmen die knappe Mehrheit der Mandate im Regionalparlament. Aber eine Regierungsbildung scheiterte bisher am Streit der Separatisten, die in Fundamentalisten und Realisten gespalten sind.

Als eines der Hindernisse für ein Ende der Blockade gilt jener Mann, der Katalonien mit seinem radikalen Sezessionskurs in die Krise steuerte. Carles Puigdemont, der frühere Ministerpräsident Kataloniens, verzichtete zwar inzwischen auf seinen Anspruch, erneut das Regierungsamt in Katalonien zu übernehmen. Aber Puigdemont, der vor der spanischen Justiz nach Brüssel flüchtete und in seiner Heimat mit Haftbefehl gesucht wird, versucht weiterhin aus der Ferne, die Zügel zu ziehen – was die Regierungsbildung in Barcelona erschwert.

Mehr «Wirklichkeitssinn»

So brachte auch Puigdemonts umstrittener Ersatzvorschlag, seinen Vertrauten Jordi Sànchez zum Ministerpräsidenten zu küren, nur eine weitere Verlängerung des katalanischen Regierungsstillstandes: Sànchez hat ebenfalls Probleme mit der Justiz und sitzt wegen des Vorwurfs, in Barcelona eine öffentliche Aufruhr angestachelt zu haben, in U-Haft.

Wie könnte es also weitergehen? Vermutlich wird Puigdemont, der mit seiner Wahlliste «Junts per Catalunya» (Zusammen für Katalonien) den Ton im Separatistenlager angibt, früher oder später einen unbelasteten Kandidaten für das Regierungsamt ins Rennen schicken müssen. So wie es die zweitgrößte Unabhängigkeitspartei, «Esquerra Republicana» (Republikanische Linke), gerne möchte, um endlich aus der Sackgasse zu kommen. Esquerra fordert schon seit Wochen von Puigdemont mehr «Wirklichkeitssinn».

Neuwahl nicht ausgeschlossen

Aber es gibt noch ein Problem: Der dritte Partner im Unabhängigkeitsboot, die kleine Antisystempartei CUP, will nur einen Kandidaten akzeptieren, der an der einseitigen Abspaltung Kataloniens von Spanien festhält. Doch die Fortsetzung dieses Konfrontationskurses wird vom moderaten Teil der Unabhängigkeitsbewegung kritisch gesehen; denn dies würde die kommissarische Verwaltung Kataloniens durch Madrid nur verlängern, befürchten sie.

Spaniens Zentralregierung hatte Ende Oktober Puigdemonts Separatistenregierung nach einer Serie von Gesetzesbrüchen entmachtet. Unter anderem hatte Puigdemont ein illegales Unabhängigkeitsreferendum und eine nachfolgende unilaterale Abspaltungserklärung durchgesetzt. Bis nun eine neue Regionalregierung im Amt ist, wird Katalonien von Madrid aus verwaltet – was derzeit ohne größere Probleme zu funktionieren scheint.

Spaniens Regierung kann sich derzeit zurücklehnen und abwarten, ob sich die Separatisten zusammenzuraufen. Sollten sie dies nicht bald schaffen, ist eine Neuwahl nicht ausgeschlossen. Dann könnten die Karten neu gemischt werden, da sich im Unabhängigkeitslager offenbar Ernüchterung breitmacht: Nach der neusten Umfrage des offiziellen katalanischen Statistikamtes CEO wollen nur noch 40,8 Prozent der Katalanen die Abspaltung ihrer Region von Spanien – im Herbst waren es noch 48,7 Prozent.