Von unserem Korrespondenten Werner Kolhoff, Berlin
Frankreich am Mittwoch, Polen zwei Tage später. Heiko Maas (SPD) ist schon mittendrin im Reisestress eines Außenministers. Bei seinen Antrittsbesuchen in den Hauptstädten der wichtigsten Nachbarländer machte der 51-jährige Saarländer bisher eine souveräne Figur. Aber die richtigen Herausforderungen kommen noch.
Dabei war die Visite am Freitag in Warschau nicht unheikel. Die Regierung der rechtskonservativen PiS zückt immer wieder die Karte nationalistischer und antideutscher Ressentiments. Erst am Mittwoch kritisierte Präsident Andrzej Duda die EU-Mitgliedschaft des Landes grundsätzlich: «Irgendwo in entfernten Hauptstädten wird über unsere Angelegenheiten entschieden.» Dazu kommen die konkreten Konflikte: Um die Justizreformen Polens, um Reparationsforderungen gegen Deutschland oder um die russische Ostseepipeline Nordstream II.
Maas manövrierte sich bei seiner ersten Warschau-Visite diplomatisch durch diese Klippen. Dass er betonte, Deutschland wolle gemeinsam mit Polen und Frankreich Europa voranbringen, kam gut an bei einer Regierung, die notorisch misstrauisch ist, ob sie ernst genug genommen wird. Maas’ Satz deutet auf eine Wiederbelebung von Treffen des so genannten «Weimarer Dreiecks» dieser drei Staaten hin. Das letzte hatte es 2016 gegeben, noch mit Vorvorgänger Steinmeier. Eine wichtige Geste war auch die Kranzniederlegung am Grabmal des Unbekannten Soldaten.
Interesse für soziale Belange
Die Konfliktthemen wurden bei den Treffen mit Staatspräsident Duda, Regierungschef Morawiecki und Außenminister Czaputowicz nicht ausgelassen. Zum Teil sprach Maas sie selbst an, wie etwa die Justizreform, die er als Justizminister deutlich kritisiert hatte. Die Tonlage war dabei von beiden Seiten aber sachlich. Maas wurde in Warschau auch deshalb freundlich aufgenommen, weil er bei seiner Antrittsrede deutlich härter gegenüber Russland aufgetreten war als zuletzt sein Vorgänger Sigmar Gabriel. «Die Ukraine-Krise bleibt ein Test unserer Geschlossenheit und Entschlossenheit», hatte er gesagt und die «völkerrechtswidrige Annexion der Krim» klar kritisiert. So etwas hört man gern in Polen.
Amtsintern sehr beachtet wurde, dass Maas in der deutschen Botschaft zuerst mit den rund 100 Mitarbeitern zusammentraf. Auch hatte er die Berliner Personalratsvorsitzende mit in seine Delegation aufgenommen. Gabriel hatte sich sehr für die sozialen Belange der Beschäftigten interessiert, die bei ihren wechselnden Auslandseinsätzen oft großen Belastungen ausgesetzt sind. Maas will offenbar in diese Fußstapfen treten.
Europa ist Kanzlerin-Sache
Schon am Mittwoch, unmittelbar nach seiner Ernennung, war der neue deutsche Außenminister nach Paris gereist, wo es vor allem um die Vorschläge von Präsident Emmanuel Macron zur Reform der EU ging. Auf die umstrittenen Fragen der europäischen Finanzpolitik ging Maas dort nicht ein. Das blieb Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vorbehalten, die am Freitag Gespräche in der französischen Hauptstadt führten. Europa ist Kanzlerin-Sache.
Die echten harten Konflikte lauern für Maas ohnehin woanders. Schon in den ersten Tagen seiner Amtszeit bekam er darauf einen Vorgeschmack. Da war zum Beispiel die neue Eiszeit zwischen dem Westen und Russland wegen des Giftgasanschlages in England. Sonntag lässt sich Putin in Russland erneut zum Präsidenten wählen; die Frage einer mittel- und langfristigen Russland-Strategie wird immer dringlicher.
Und am Tag vor Maas’ Ernennung erfolgte die abrupte Entlassung von US-Außenminister Rex Tillerson durch Präsident Donald Trump. Von den Brandherden Nahost, Türkei, Iran, Nordafrika, Ukraine nicht zu reden. Der neue Minister ist sich der Herausforderungen seines Amtes wohl bewusst. Keiner, sagte er, brauche ein Deutschland, das sich außenpolitisch überschätze. Aber noch gefährlicher sei in diesen Zeiten eine Außenpolitik, die sich wegducke.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können