Sie war Russlands berühmteste Gefangene, jetzt ist sie Abgeordnete in der Ukraine: Nadja Sawtschenko. Die Heldin von einst polarisiert heute durch widersprüchliche Positionen zu Russland. Im Interview nennt sie einen Militärputsch gar «produktiv»: Er würde wieder für «Ordnung» in der Ukraine sorgen. Ein Streitgespräch mit einer überzeugten Nationalistin der Widersprüche.
Tageblatt: Wie hat die Politik Ihr Leben verändert?
Nadja Sawtschenko: Mein Leben ist schwieriger geworden. Vorher habe ich mein Leben gelebt und hatte nur für mein eigenes Handeln Verantwortung zu tragen. Wenn du deine Heimat verteidigst, ist es normal, dass deine Verantwortung wächst. Du bist für dein Land und deine Mitmenschen mitverantwortlich.
Was ist als Soldatin in der Politik besonders schwer?
Soldaten haben es einfacher, weil sie Befehle befolgen. Aber als Politiker reicht es nicht, gehorsam zu sein und Befehle zu befolgen. Der Politiker muss Entscheidungen treffen. In der Ukraine Politiker zu sein, ist doppelt so schwierig. Einerseits läuft der Krieg, das ist ein externer Faktor. Andererseits ist die ukrainische Politik sehr korrupt, das ist der innere Feind.
Kann ein Soldat sich überhaupt mit der demokratischen Logik des Parlamentarismus identifizieren?
Soldat sein, heißt nicht, dass man nicht überlegen und denken kann. Du musst Wege finden, ohne unnütze Gefahren einzugehen und zu überleben. Politik ist hingegen ein Spiel ohne Prinzipien. Sie hat in der Ukraine zu wenige demokratische Merkmale. Deswegen ist es sehr wichtig, schnell zu lernen. Ich kann das. Man sagt, im Krieg und in der Politik ist alles erlaubt.
Im Original klingt der Spruch ein wenig anders … Was meinen Sie genau damit?
(lacht) Wir führen einen hybriden Krieg. Wir brauchen Propaganda. Russland investiert viel in seine Propaganda gegen die Ukraine. In Wirklichkeit gibt es in der Ukraine viele Helden. Die Geschichte wird sich nur an einige, nicht aber an alle erinnern.
Ist Ihre Heldengeschichte Teil der ukrainischen Propaganda geworden?
Mein Fall ist nicht einzigartig. Momentan gibt es 60 politische Gefangene, die sich in Russland befinden. Meine Geschichte war hingegen außergewöhnlich, weil ich eine Frau und Pilotin war, die an der Front gekämpft hat. Das hat mitgespielt, ja. Die ukrainischen Politiker wollten das in ihrem Interesse ausnutzen – und haben das auch getan.
Wie?
Die ukrainische Bevölkerung ist von ihren Politikern enttäuscht. Man glaubt den Menschen eher, die persönlich für die Ukraine und ihre Freiheit gekämpft haben. Deswegen haben die politischen Parteien Menschen, die an der Front gekämpft und gelitten haben, bei den Wahlen auf ihren Listen mitgenommen. Das brachte Wählerstimmen. Meine Geschichte war besonders. Viele Menschen rund um den Globus haben sich für mich eingesetzt, damit ich freigelassen werde. Das hat großen Druck auf Russland ausgeübt. Zugunsten meiner Heimat ausgenutzt zu werden und Gutes für mein Land zu bewirken, ist eine Ehre für mich.
Sie sind also freiwillig Teil einer Propagandamaschine, über die Sie keine Kontrolle haben?
In der Politik gibt es ein Dilemma: Man muss seine eigenen Interessen und jene des Staats trennen. Wenn es der Ukraine nützt, dass ich mein Image opfere, um Gutes zu tun, akzeptiere ich das. Die Politik ist eine Kunst der Kompromisse. Wir stehen aber vor der Herausforderung, den Krieg mit Russland zu beenden, ohne den nationalen Interessen zu schaden. Vielleicht akzeptiert die ukrainische Gesellschaft das nicht direkt. Man darf die Situation aber nicht zu einseitig sehen. Wenn wir das tun, waren die vielen geopferten Menschenleben umsonst.
Dennoch befeuert doch Propaganda rund um Kriegshelden wie Sie doch nur nationalistische Tendenzen.
Ich sehe im Nationalismus einen natürlichen Abwehrmechanismus. Wenn alles gut geht und die Menschen im Frieden leben, sind sie offen. Sie merken nicht, was sie von anderen Menschen unterscheidet. Wenn sie aber in Kriegssituationen leben, teilen sie die Welt in das eigene Volk und in Feinde ein. Das konsolidiert das Volk und treibt den Nationalismus in die Höhe. Wenn es wieder Frieden gibt, wird sich die Situation beruhigen und die Menschen werden wieder offener.
Dennoch führt doch die Kriegssituation zu einer enormen Verkrampfung. Wie soll der Nationalismus so überwunden werden?
Je näher sich der Konflikt einem Territorium nähert, desto stärker identifizieren die Menschen sich mit einer Nation. Jetzt, wo die Russen uns mit Geschrei umbringen und es sie stört, dass du Ukrainer bist, stehen wir klar zu uns: Wir sind Ukrainer. Das merkt man auch in den umliegenden Ländern: Polen, Ungarn, den baltischen Staaten. Nationalismus wächst überall dort, wo es Gefahrenpotenzial gibt.
Ich wiederhole meine Frage: Sehen Sie Nationalismus als etwas ausschließlich Positives?
Nationalismus hat eine negative Seite. Wir wissen, dass Russland alleine zahlenmäßig ein sehr großer Feind ist. Es sind über 120 Millionen Menschen. Die kleinen Länder werden also nie einen Krieg gegen Russland gewinnen können. Man muss verstehen, dass diese Länder zusammen auftreten müssen und eine Koalition bilden. Russland nährt durch sein Verhalten die Nationalismen in all diesen Ländern.
Das verhindert wiederum, dass diese Staaten Koalitionen miteinander schließen. Die Strategie ist die Gleiche wie bei den Römern: «Divide et impera», «teile und herrsche». Die kleineren Nationen müssen aufpassen, dass der Nationalismus nicht gegen alle gerichtet ist, sondern nur gegen den Feind.
Sie dämonisieren die Russen kollektiv, wenn sie von über 120 Millionen Feinden sprechen. Nicht jeder Russe ist gegen die Ukraine.
Es geht nicht um die mathematische Zahl. Es ist ein Streit der verschiedenen Systeme. Das demokratische System ist günstiger für Menschen, die in Frieden leben. Sie ist jedoch in Stresssituationen nur schwer aufrechtzuerhalten. Das russische System hat asiatische, imperialistische Züge. Es ist ein pyramidales System.
Wie meinen Sie das?
Auf die Menschen wird Druck ausgeübt. Individuen können sich politisch nicht frei entfalten. Deswegen ist dieses System in Stresssituationen und in Kriegen effizienter, weil der Einzelne nicht zählt, Menschen leicht geopfert werden – und sie auch dazu bereit sind. Demokratische Systeme versuchen immer das Leben des Einzelnen zu retten. Ich bin überzeugt, dass man Russland mit List und Köpfchen besiegen kann, ohne in den Krieg ziehen zu müssen und Menschen sterben zu lassen.
Ihnen geht es immer ums Besiegen. Halten Sie demnach auch nichts von den Minsker Friedensabkommen?
Wenn man nicht wirklich einen Friedensvertrag abschließen und in Frieden leben will, bringt es nichts, sich zu Gesprächen zu treffen. Die Minsker Friedensabkommen und die Friedensgespräche im «Normandie-Format» dienten nicht einer Friedenslösung, sondern nur der Schaffung einer taktischen Pause. Es wurde an der Front zu hart gekämpft. Man wollte einen Waffenstillstand erreichen und man sollte auch dabei bleiben.
Aber was stört Sie genau an den Friedensverhandlungen, die Sie ja offensichtlich kritisieren?
Bei den Friedensverhandlungen wurde zu viel kombiniert. Es wurde zum Teil 16 Stunden lang verhandelt und gleichzeitig versucht, einen Friedensvertrag zu unterzeichnen. Am Ende war alles verwässert. Dennoch muss man die Minsker Friedensbestrebungen fortführen. Man kann nicht auf Friedensverhandlungen verzichten. Man sollte sich aber ein wenig genauer mit den Inhalten beschäftigen.
An was denken Sie genau?
Damit die Situation in der Ukraine nicht unnötig eskaliert und Russland weiter provoziert wird, darf es keinen NATO-Beitritt der Ukraine geben. Wir sind nicht dazu bereit und die NATO will uns auch nicht in dieser Situation sehen. Die Ukraine muss eine Pufferzone mit neutralem Status bleiben.
Geht das angesichts der massiven Wirtschaftsinteressen aus Ost und West überhaupt?
Unsere Wirtschaft muss gerecht behandelt werden. Wir sollen nicht nur mit Russland handeln, wie Moskau das will. Wir wollen mit allen Ländern handeln, die für die Ukraine nützlich sind. Russland muss sein Einverständnis geben, dass wir seine Pufferzone sind.
Das ist leicht illusorisch. Wieso sollte Russland gerade jetzt angesichts der NATO-Ausweitung gen Osten und der Entwicklungen im Nahen Osten einen Gang zurückschalten?
Die günstigen Wirtschaftsbedingungen und der Druck der Weltgemeinschaft müssen es ermöglichen, dass Russland seine Truppen aus dem Donbass abzieht. Die Ukraine wird später auch die Krim zurückerobern. Wenn Russland nicht darauf verzichten will, müssen wir uns etwas einfallen lassen.
Dennoch: Ihr Land liegt geopolitisch betrachtet unglücklich. Sie müssen sich stets zwischen dem Westen und Russland entscheiden.
Es war eine Schwäche der Ukraine, dass sie sich sehr lange nicht dafür entscheiden konnte, wie sie sich entwickelt. Manchmal schaut sie nach Russland, manchmal nach Westeuropa. Die Ukraine muss für sich selbst entscheiden, was für sie günstig und nützlich ist. Wenn ein Land für zwei geopolitische Systeme interessant ist, muss es diese günstige Lage ausnutzen.
Was schwebt Ihnen vor?
Geopolitisch betrachtet wäre es besser, eine Koalition der kleinen Länder zu führen. Man müsste einen Block Ukraine, Polen, Lettland und einen Block Ukraine, Türkei, Georgien, Armenien, Aserbaidschan bilden. Diese zwei Bündnisse kleinerer Länder würden die Großmächte Russland und USA voneinander trennen und eine friedliche Koexistenz ermöglichen.
Können Sie sich eigentlich noch in Russland hineinversetzen?
Russland strebt danach, die Sowjetunion und ihren alten Einflussbereich wiederherzustellen. Die russische Mentalität ist einfach so: Es braucht einen Tsaren an der Spitze, der immer recht hat und quasi gottgleich ist. Nicht nur die Ukraine, auch Russland ist ein politisch korrumpiertes Land. Viele Politiker sind Teil einer Kleptokratie. Wenn Wladimir Putin einmal nicht mehr an der Macht ist, dann werden diese Menschen um die Macht streiten. Das wird Russland schwächen.
Es ist das Gegenteil des amerikanischen Systems, wo die Demokratie eine lange Tradition hat. Dort ist es nicht so wichtig, wer gerade Präsident ist, weil das System an sich stark genug ist, um wesentliche Prinzipien am Leben zu erhalten. Deswegen ist die Sanktionspolitik gegen Russland als Ganzes ineffizient. Es hilft nur, wenn man Einzelpersonen visiert, weil die Russen als Volk zusammenhalten. Sie dürfen nicht auf das ganze Land abzielen.
Ich wiederhole meine Frage: Können Sie sich vorstellen, dass Russland sich eventuell durch die NATO-Präsenz vor seiner Tür bedroht fühlt? Sie haben sich vorhin selbst als Pufferzone bezeichnet.
Es ist schwierig zu sagen, wie Russland sich weiterentwickelt. Man sollte China und Korea im Osten nicht vergessen. Machteskalationen und -demonstrationen führen nur zu zusätzlicher Gefahr. Und ob die Politiker weise genug sind, diese Gefahren nicht in einem neuen großen Weltkrieg münden zu lassen, ist schwer voraussagbar. In modernen Kriegen gibt es keinen absoluten Sieg der einen und eine absolute Niederlage der anderen Seite.
Als die Sowjetunion zerfiel, fühlten sich die USA als Sieger, weil der Feind am Boden lag und Washington alleine zurückblieb. Allerdings ist Moskau immer noch da und gefährlicher als vorher. Russland hat die ukrainische Spitze kontinuierlich geschwächt. Es waren immer wieder prorussische Personen an der Macht. Die Russen haben aber nicht damit gerechnet, dass die Demokratie in der Ukraine ziemlich stark ist, weil sich zumindest das Volk gegen die Fremdbestimmung wehrt. Dies ist zentral, um die Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine zu verstehen.
Sie beantworten meine Frage nicht. Ist die Situation vor Russlands Haustür Ausdruck der verstärkten NATO-Präsenz?
Die Situation war zumindest für Russland günstig. Wir hatten zudem, seit die Ukraine unabhängig ist, noch keinen Präsidenten, der mit Blick auf Russland und den Westen kein Schwächling war. Wir hatten noch nie jemanden, der die Ukraine als international gleichberechtigtes Land verteidigt hat. Das Land braucht in dieser schwierigen Situation einen weisen Anführer.
Laut Ihnen ist das doch gar nicht möglich.
Es gibt Diktaturen von einer Person, Diktaturen des Gesetzes und Diktaturen des Verstands. Nach dem Krieg entsteht immer Chaos. Dieses Chaos muss man durch Diktatur, durch eine starke Person bewältigen. Ich denke hier zum Beispiel an General Charles de Gaulles Rolle nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Folgen des Krieges wurden durch eine starke Hand bewältigt, aber die Macht an demokratische Strukturen weitergegeben, sobald wieder Ordnung herrschte. Es ist unmöglich, solche Kriegszustände ausschließlich demokratisch zu bewältigen.
Verstehe ich Sie richtig: Sie fordern gerade einen Militärputsch in der Ukraine?
In der aktuellen Situation der Ukraine müsste man sich streng an die Verfassung halten. Dort steht, dass Korruption bekämpft werden muss. So etwas dürfte aber nicht länger als drei Jahre dauern. 2004 gab es in der Ukraine die Orange Revolution. 2014 gab es den Maidan. Revolutionen bedeuten die Veränderung des Systems. Der Sturz bedeutet die Veränderung der Machtspitze.
Die Orange Revolution und der Maidan haben gezeigt, dass es einen Wunsch der Bevölkerung nach Veränderung gibt. Aber es kam nicht dazu. In der Ukraine fand nur ein Machtwechsel statt. Ein Systemwechsel blieb aus. Viele andere Länder zeigen uns Folgendes: ein Militärputsch könnte produktiv sein, um das System zu verändern.
Die jüngere Zeitgeschichte zeigt, dass Militärputsche zu allem außer mehr Demokratie führen.
Es existieren viele Vorstellungen darüber, dass ein Putsch schrecklich gefährlich ist. Aber vielleicht wäre er dennoch eine Lösung für die Ukraine. Die Menschen haben vor dem Wort «Militär» Angst. Das ist etwa in Europa, wo Frieden herrscht, der Fall. Aber die Menschen mit den Gewehren haben die wirkliche Macht.
Aber in der Ukraine würde ein Putsch doch nur zu noch mehr Chaos führen oder die Macht einfach in den Händen des Militärs bleiben?
Wir haben 2004 und 2014 gesehen, was passiert, wenn Politiker Revolutionen versuchen. Militärleute lieben keine langen politischen Spiele. Sie würden das System verändern und sich danach wieder in den Schatten zurückziehen.
Das ist arg blauäugig oder dreistes Kalkül: Was würde das Militär denn tun können, um mit einem undemokratischen Mittel Demokratie durchzuboxen? Im Nahen Osten und in Lateinamerika haben die Amerikaner oft genug bewiesen, wie so etwas nach hinten losgeht.
Meine politische Partei steht für die Dezentralisierung der Ukraine. Wir fordern mehr Kooperation. Die Einführung eines politischen Systems nach dem Schweizer Modell würde gut zur Ukraine passen. Man müsste natürlich das Ganze an die regionalen Gegebenheiten der Ukraine anpassen.
Dennoch herrscht auch in der Schweiz Gewaltentrennung. Ein ukrainischer vom Militär herbeigeputschter Systemwechsel wäre doch gerade zentralisiert und auf das Militär zugeschnitten.
Es ist ein Fehler der ukrainischen Politik, den Leuten vor dem Föderalismus Angst zu machen. Die ukrainischen Politiker tun das, weil sie Angst haben, die Macht zu verlieren. Die Ukrainer haben einen natürlichen Drang, sich zu organisieren. Man denke nur an die ukrainischen Kosaken. Ich habe ähnliche Prozesse auf dem Maidan beobachtet.
Sie beantworten meine Frage zur Rolle des Militärs nicht. Kommt es in der Ukraine zu einem Putsch?
Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß. Die Ukraine muss ihre Situation verändern. Die Machthaber können sich nicht entscheiden, was sie machen wollen. Eine der wenigen Chancen auf Veränderungen ist deswegen ein Militärputsch. Es gibt entsprechende Stimmungen in der Armee und in der Gesellschaft.
Wann würde laut Ihnen dieser Putsch stattfinden?
Als jemand, der im Krieg war, habe ich ein Gefühl dafür entwickelt, wie Kriege verlaufen. Als die Maidan-Proteste ausbrachen, hatte ich bereits das Gefühl, dass es zu einem Krieg kommt. Genauso spüre ich, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass es vielleicht in vier, fünf Jahren zu einem Dritten Weltkrieg kommt. Damit die Menschheit diesen Weltkrieg vermeiden kann, müssten die Änderungen in den nächsten Jahren passieren, damit die Ukraine Zeit hat, sich zu erneuern, und sich die Koalition rund um Russland aufstellen könnte. Dadurch wäre eine geopolitische Machtbalance hergestellt und der Weltfrieden gesichert.
Haben Sie eigentlich keine Angst, dass niemand mehr in ein vom Militär regiertes Land investieren will?
Ich reise als Abgeordnete viel durch die Ukraine. Ich sehe das Potenzial und die Ressourcen der Ukraine. Kleine Betriebe sind dynamisch, viele einzelne Menschen sind aktiv. Deswegen würde ein Coup die Investoren nicht abschrecken.
Selbst die Türkei hat bereits durch ihren autoritären Politikstil und einen gescheiterten Militärputsch Probleme mit den Investoren.
Wir dürfen das türkische Schema nicht ganz übernehmen. Das Militär und die aktuelle Regierung in der Türkei haben nicht vor, die Macht an die Demokratie zurückzugeben. In der Ukraine brauchen wir einen Putsch, der Ordnung bringt und dann die Macht an die Menschen zurückgibt.
Das macht doch niemand. So etwa hat es doch noch nie in der Form gegeben.
Man muss an Wunder glauben. Wir müssen das selbst machen, sonst passiert überhaupt nichts.
Zur Person
Als russische Kriegsgefangene wurde sie in der Ukraine zur Nationalheldin. Ihre Bilder gingen um den Globus. Der Hype ging so weit, dass man die Kampfpilotin Nadja Sawtschenko die Jeanne d’Arc der Ukraine nannte. Für russische Staatsmedien war sie das Gesicht des ukrainischen Faschismus. Sawtschenko wurde 2014 im Donbass festgenommen, an Russland ausgeliefert und in einem Schauprozess zu 22 Jahren Haft verurteilt. Ihr wurde Beihilfe zum Mord an zwei russischen Journalisten vorgeworfen.
Im russischen Gefängnis lebte sie das Leben einer Märtyrerin und trotzte medienwirksam Moskau. Russlands Präsident Wladimir Putin begnadigte die Pilotin und forderte im Gegenzug, Kiew müsse zwei russische Gefangene freilassen. Nach zwei Jahren Gefangenschaft durfte sie in die Ukraine zurückkehren. Ebenfalls medienwirksam. Präsident Petro Poroschenko schlachtete ihre Rückkehr als eigenen politischen Sieg aus. Er sonnte sich genüsslich im Glanz seiner Heldin. Die eigenen Umfragewerte waren komplett im Keller.
Nach einigen Tagen in der Freiheit gelang es ihr, als Abgeordnete der „Vaterlandspartei“ von Julia Timoschenko eine Initiative gegen die Justizreform von Poroschenko auf den Weg zu bringen. Seitdem wütet sie gegen ihre Kollegen. Gerade deswegen ist die Stimmung gegen sie umgeschwungen. Trotz ihres mehrtägigen Hungerstreiks sei sie in erstaunlich guter Verfassung aus Russland zurückgekehrt, bemerkte ein Rada-Abgeordneter zynisch. Zudem verfüge die ehemalige Kampfpilotin plötzlich über ein einzigartiges Rednertalent. Klartext: Man verdächtigte Sawtschenko, eine Kreml-Spionin zu sein.
Timoschenko schloss sie deswegen aus ihrer Partei aus. Sie gründete im Zuge dieser Entwicklungen eine zivile Plattform mit der Abkürzung RUNA («Bewegung des aktiven Volks der Ukraine»).
Nadja Sawtschenko in Luxemburg
Nadja Sawtschenko war am vergangenen Wochenende (2.3 – 3.3.2018) auf Einladung der luxemburgischen Asbl «Pour la paix et contre la guerre» in Luxemburg. Das Tageblatt interviewte sie am Freitag in der Redaktion. Sie sprach ferner vor Schülern des «Lycée de garçons» in Esch. Am Samstag nahm sie an einer politischen Debatte mit luxemburgischen Politikern in Differdingen teil.
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