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Kersch zur 80-80-90-Regelung: „Keine Abschaffung vor 2019“

Kersch zur 80-80-90-Regelung: „Keine Abschaffung vor 2019“
„Frühestens beim nächsten Gehälterabkommen wird „80-80-90“ abgeschafft“, verkündete Dan Kersch, Minister für den öffentlichen Dienst

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Eigentlich dürfte es keine «atmosphärischen» Probleme zwischen der mitgliederstärksten Gewerkschaft im öffentlichen Dienst, der CGFP, und der Regierung geben. Gehälterabkommen und weitreichende Reform des öffentlichen Dienstes gingen zur allgemeinen Zufriedenheit des Sektors über die Bühne.

Trotz ursprünglich geplanter Nullrunde beim Staat erhielten die öffentlich Angestellten mehr Lohn und eine Prämie. Noch am Freitag schrieb die «Confédération générale de la fonction publique» zu den geplanten Zeitsparkonten im öffentlichen Dienst, zu den neu ausgehandelten Arbeitszeiten und den an den Privatsektor angepassten Sonderurlauben: «Eine Jahrhundertreform steht bevor» …

Bis auf einige punktuell geforderte Nachbesserungen, etwa die Angleichung der freien Tage bei Hochzeit und PACS, wertet die Gewerkschaft die Entwicklungen als Fortschritt – wäre da nicht die sog. 80-80-90-Regelung (die Prozentwerte des Lohnes für Berufsanfänger beim Staat während der drei ersten Jahre), deren Abschaffung in den letzten Wochen und Monaten zur Hauptforderung nicht nur der CGFP wurde. Während einer Protestversammlung in Dommeldingen schloss sich u.a. auch der FNCTTFEL-Landesverband der Forderung an.

Ebenfalls am Freitag erhielt die CGFP das von der Regierung geforderte Scheiben zu deren Position im Rahmen der Regelung. «Die Dreierkoalition zeigt sich gesprächsbereit», so die CGFP, die ausdrücklich begrüßt, dass die Regierung sich dem Dialog nicht verschließe.
Eine detaillierte Bestandsaufnahme des Schreibens werde am heutigen Montag vom Nationalvorstand durchgeführt und über die weiter Vorgehensweise werde befunden.
Wir sprachen mit dem zuständigen Minister für den öffentlichen Dienst, Dan Kersch, der gemeinsam mit Staatsminister Xavier Bettel den Brief an die CGFP unterzeichnet hat, über die Problematik.

Tageblatt: Es erschien in letzter Zeit so, dass die CGFP praktisch all ihre Forderungen an die Regierung ohne größeren Widerstand durchsetzen konnte. Wieso hakt es bei der 80-80-90-Regelung?

Dan Kersch: Ich sehe meinen Job nicht so, dass ich Lieblingskind der CGFP werden müsste. Allerdings glaube ich an die Notwendigkeit eines starken und funktionsfähigen Staatsdienstes, dies auch im Interesse von sozial Schwachen, die öffentliche Dienstleistungen in Anspruch nehmen können, statt auf teurere private Angebote zurückgreifen zu müssen.

Zur 80-80-90-Regelung ist zu sagen, dass sie 2011 zwischen der damaligen Regierung und der CGFP im Rahmen eines Gesamtabkommens entschieden und 2015 gemeinsam mit den ebenfalls abgemachten Gehaltserhöhungen vom Parlament mit großer Mehrheit verabschiedet wurde. Übrigens auf nachhaltigem Wunsch der CGFP, der es nicht schnell genug gehen konnte und die mich aufforderte, «Damp ze maachen».

Die 80-80-90-Regelung war eingeführt worden, einerseits um Geld zu sparen, andererseits weil der damalige Staatsminister sich innerhalb der Tripartite-Verhandlungen gegenüber den Arbeitgebern des Privatsektors dazu verpflichtet hatte, die Anfangsgehälter beim Staat zu kürzen. Schon nach kurzer Zeit konnte man erkennen, dass diese Regelung auf Kosten der jungen Menschen nicht sehr zielführend war. Insofern ist es normal, dass dies jetzt thematisiert wird.

Heißt das, dass Sie bereit sind, einzulenken?

Die Regierung hatte ja schon Anfang 2017 prinzipiell ihre Bereitschaft erklärt, die umstrittene Regelung abzuschaffen. Bei den Verhandlungen über das letzte Tarifabkommen vom Dezember 2016 war dies schon in Erwägung gezogen worden. So hat die Regierung aufgrund der geänderten Haushaltslage ihre ursprüngliche Absicht aufgegeben, eine Nullrunde zu verabschieden.

Geeinigt wurde sich auf eine Lohnerhöhung von 1,5 Prozent, die rückwirkend ausbezahlt wurde. Der Vertrag hat eine Laufzeit bis zum 31.12.2018. Schon damals hatte ich der CGFP vorgeschlagen, diese Lohnerhöhung mit einem Kostenpunkt von rund 36 bis 37 Millionen nicht linear, sondern prioritär an die unteren Lohngruppen zu verteilen. Dies war damals aber vom Verhandlungspartner abgelehnt worden.

Damit wäre die 80-80-90-Regelung aber noch nicht abgeschafft gewesen …

Das stimmt, aber es wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung gewesen. Kurz nachdem das neue Tarifabkommen unterschrieben war (Dezember 2016), forderte die CGFP weitere Zugeständnisse, vor allem die Abschaffung besagter Regelung.

Ich habe dann Anfang 2017 im Namen der Regierung der CGFP angeboten, auf die 1,5-prozentige Lohnerhöhung zu verzichten und im Gegenzug die 80-80-90-Regelung abzuschaffen (was das Staatsbudget in etwa in der gleichen Höhe belasten würde).
Dies wurde aber von der CGFP abgelehnt. Sie hätte es also in der Hand gehabt, schon 2017 das Problem aus der Welt zu schaffen. Doch 2017, genau wie 2011, hatte man sich für das Gießkannenprinzip entschieden.

Einerseits kann ich dies verstehen, weil es sicherlich nicht einfach gewesen wäre, allen Beteiligten zu erklären, weshalb eine schon in Aussicht gestellte Lohnerhöhung nun nicht erfolgen würde. Andererseits bedauere ich diese Haltung der CGFP, weil wir hier gemeinsam ein deutliches Signal gegenüber der jungen Generation hätten setzen können, auch wenn ich mir bewusst bin, dass ich dafür wohl einen hohen politischen Preis hätte zahlen müssen.

Sie hatten also nicht mit dem taktischen Geschick der CGFP gerechnet, die nun zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann?

Taktisches Geschick oder kontraproduktives Manövrieren, das sei mal dahingestellt. Man muss bedenken, dass die Gehälter der Staatsbediensteten aus öffentlichen Geldern bezahlt werden. Es gibt genügend Polemik gegen den öffentlichen Dienst, so dass wir uns weitere Neiddebatten eigentlich ersparen sollten. Die wütende Reaktion der Handwerkerföderation zeigt, dass wir immer noch sehr kritisch beäugt werden.

Die CGFP fordert nun ein schnelles Handeln noch vor den Wahlen. Wird 80-80-90 noch in diesem Jahr abgeschafft?

Das schließe ich aus. Das bestehende Abkommen läuft wie gesagt bis zum 31.12. dieses Jahres, also bis nach dem Ende dieser Legislatur. Die Entscheidung, ob die Regelung abgeschafft wird, liegt mit Sicherheit bei der nächsten Regierung und dem nächsten Parlament. So erhält auch der Wähler die Möglichkeit, sein Wörtchen mitzureden. Ich halte dies auch für eine Sache der politischen Fairness und der eigenen Seriosität.

Die DP stellte doch unlängst die Verkürzung des «Stage» auf ein Jahr in Aussicht. Damit wäre die 80-80-90-Regel ebenfalls automatisch vom Tisch.

Nicht unbedingt, da die DP sich meines Wissens ja nicht über die Besoldung ausgesprochen hat. Die Verkürzung der Stage-Zeit auf ein Jahr wurde ja auch darüber hinaus sofort von der CGFP als unrealistisch abgelehnt.

Ich teile die Haltung der CGFP. Was die Idee des Aufbaus einer regelrechten Verwaltungsschule angeht, etwa nach Schweizer Modell, so wurde sie schon mehrmals von mir und der CGFP ins Gespräch gebracht.

Dies greift allerdings wesentlich tiefer als nur als Mittel zum Zweck, eine leidige Gehaltsfrage zu klären. So kann sie nicht unabhängig von tiefgründigen Reformen im Unterrichtswesen gesehen werden. Außerdem muss die Frage der Lehrinhalte und der Lehrkräfte geregelt werden, die heute fast ausschließlich von den Verwaltungen gestellt werden.

Ist Ihr Verhandlungsspielraum gegenüber der CGFP nach den Aussagen der DP-Präsidentin nun nicht doch stark eingeengt?

Ich sehe das absolut nicht so. Der DP-Vorschlag ist ein willkommener Denkanstoß.
Bei der Dauer des „Stage“ setze ich persönlich aber eher auf eine differenziertere Sicht der Dinge. Es gibt sicherlich Bereiche, in denen ein zweijähriger «Stage» Sinn macht, in anderen Bereichen können auch drei Jahre von Nutzen sein, in wieder anderen würde bestimmt ein Jahr genügen.

Dann gibt es Bereiche, wie zum Beispiel bei den Grundschullehrern, in denen der jetzige «Stage» unabhängig von seiner Laufzeit nicht unbedingt zielführend ist. Wir sollten also den Mut haben, auf unterschiedliche Situationen mit unterschiedlichen Mitteln zu antworten, ohne aber das von der Verfassung vorgegebene Ziel der Gleichbehandlung aus den Augen zu verlieren. Außerdem für mich interessant ist nicht die Haltung der einen oder anderen Partei, sondern einzig und allein die Haltung der Regierung. Die ist unverändert, eindeutig und klar.

Die Regierung hat meine Position kürzlich einstimmig bestätigt und sie wurde auch der CGFP sowohl mündlich als auch schriftlich mitgeteilt. Wir bleiben unverändert der Meinung, dass eventuelle zusätzliche Forderungen der CGFP nur im Rahmen eines Gesamtabkommens getroffen werden können.

Das nächste Gesamtabkommen beginnt am 1.1.2019, und nicht jetzt. Dies verhindert nicht, dass die jetzige Regierung Verhandlungen führt und abschließt, darüber entscheiden kann aber nur das nächste Parlament.

Aber Sie waren schon genervt vom Vorpreschen der DP-Präsidentin?

Im Gegenteil. Es gibt mir mehr Freiraum für zukünftige Verhandlungen mit der CGFP.
Ich glaube, dass Sie diese Frage eher dem Finanzminister stellen müssten, zumal die DP ihre Vorschläge nach eigenen Angaben ja noch gar nicht berechnet hat.

Ich verstehe die Charme-Offensive der DP eher als Freibrief für mich, um gemeinsam mit der CGFP und den anderen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes gute Lösungen für einen starken öffentlichen Dienst auszuloten. Mich freut es, wenn ich in der Regierung neben meinen Parteifreunden weitere Mitstreiter finde, die den öffentlichen Dienst stärken wollen. Auch die CGFP wird dies freuen. Bei anderen wird die Freude nicht so groß sein. Aber das ist nicht mein Problem.

Leonie
26. Februar 2018 - 19.40

Nur ein kleines geheul vom grauen wolf und schon bricht panik unter der schafherde aus