Nach dem Verzicht des SPD-Vorsitzenden Martin Schulz auf das Amt des Außenministers in einer neuen großen Koalition fordert die Parteispitze ein Ende der öffentlichen Personaldebatten. «Damit muss jetzt Schluss ein», sagte SPD-Vize Ralf Stegner der «Welt». Es habe sich in den vergangenen Tagen einmal mehr gezeigt, «dass öffentliche Personaldebatten der Partei nur schaden».
Schulz hatte am Freitag nach massivem Druck aus seiner Partei den Verzicht auf ein Regierungsamt beim Zustandekommen einer neuen großen Koalition erklärt. Nach dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD am Mittwoch hatte er noch Anspruch auf den Posten des Außenministers erhoben. Dafür hätte der geschäftsführende Außenminister Sigmar Gabriel seinen Posten räumen müssen. Schulz kündigte am Mittwoch auch an, nach dem SPD-Mitgliedervotum über den Koalitionsvertrag den Parteivorsitz abzugeben. Nachfolgerin solle die Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles werden.
«Respektloser Umgang»
Gabriel warf daraufhin der SPD-Führung Wortbruch vor. «Was bleibt, ist eigentlich nur das Bedauern darüber, wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt», sagte er der Funke-Mediengruppe. Gabriel hatte vor einem Jahr zugunsten von Schulz auf den Parteivorsitz und die Kanzlerkandidatur verzichtet, um das Außenministerium zu übernehmen. In Berlin wurde kolportiert, Schulz habe ihm das Außenamt auch bei einer erneuten SPD-Regierungsbeteiligung versprochen.
Zur politischen Zukunft Gabriels sagte Stegner nun in der «Welt»: «Er ist gewählter Abgeordneter des Deutschen Bundestags.» Zum Vorwurf Gabriels, bei den Sozialdemokraten werde respektlos miteinander umgegangen, erwiderte der Parteivize: «Die SPD kämpft für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität, das ist wichtiger als Personen.» In den ARD-«Tagesthemen» antwortete Stegner am Freitagabend auf die Frage, ob Gabriel ein guter Außenminister sei: Gabriel «ist ein guter
Außenminister gewesen».
Bleib Gabriel Außenminister?
Der frühere SPD-Bundesminister Erhard Eppler geht davon aus, dass Gabriel nun Außenminister bleiben wird. «Ich bin sehr froh, dass Sigmar Gabriel nun seine Arbeit im Auswärtigen Amt fortsetzen kann. Die Idee, den populärsten Sozialdemokraten kaltzustellen, wäre eine raffinierte Form der Parteischädigung», sagte Eppler der «Welt am Sonntag». Der Ex-SPD-Vorsitzende Björn Engholm kritisierte Schulz wie Gabriel: «Ich finde beider Verhalten als unangemessen», sagte er der «Heilbronner Stimme» (Samstag).
Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert begann am Freitag seine Werbetour zur Ablehnung der großen Koalition durch die SPD-Mitglieder. Er zog sich Kritik der Hamburger Juso-Vorsitzenden Armita Kazemi zu. «Kevin Kühnert und viele andere Jusos waren schon vor ersten Ergebnissen per se dagegen», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Die Sondierer und Koalierer der SPD hätten so keine Chance gehabt, Teile der Jusos zu überzeugen. «Das finde ich schade, weil trotz inhaltlicher Kritikpunkte, die auch ich habe, nicht alles schlecht in dem Papier ist», sagte Kazemi. Grundsätzlich sei gut verhandelt worden.
«Die CDU hat verloren»
Die geschäftsführende Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) geht davon aus, dass die geplante Ressortaufteilung der SPD helfen wird, ihre Mitglieder von einer neuen großen Koalition zu überzeugen: «Eindeutig ja. Da hat die CDU verloren», sagte sie der «Rheinischen Post» (Samstag). Gerechnet habe sie damit nicht. «Ich habe mir nicht vorstellen können, dass wir das durchkriegen.»
Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner bezeichnete den Verzicht von Schulz auf ein Ministeramt als überfällig. «Schulz hat sehr spät eine richtige Entscheidung getroffen», sagte Lindner der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstag). Sein Vize Wolfgang Kubicki sagte: «Wir erleben gerade unglaubliche Chaostage in der SPD und der
kommenden GroKo insgesamt.»
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