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Es ist Zeit, Frauen am Erfolg teilhaben zu lassen

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In den öffentlichen Debatten weltweit wird die Stärkung der Frauen zunehmend als Priorität erkannt. Die Frage, wie man Frauen mehr wirtschaftliche Chancen bieten kann, nimmt auf der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in diesem Jahr in Davos einen festen Platz ein. Und langjährige Fürsprecher für Frauen verspüren neue Energie, während viele andere – Männer und Frauen gleichermaßen – inzwischen die Dringlichkeit der Aufgabe erkannt haben.

Von Erna Solberg und Christine Lagarde*

Frauen und Mädchen Erfolgschancen zu eröffnen, ist nicht nur moralisch richtig, es kann zudem Gesellschaften und Volkswirtschaften zum Wohle aller verändern. So würde es etwa, wenn der Frauenanteil an der Erwerbsbevölkerung dasselbe Niveau erreichen würde wie der der Männer, das BIP in Japan um bis zu 9% steigern, in Indien um 27%.
Der Internationale Währungsfonds hat noch viele weitere gesamtwirtschaftliche Vorteile dokumentiert, die mit der Stärkung der Frauen verbunden sind. So hat sich gezeigt, dass die Verringerung der Kluft zwischen den Geschlechtern bei Beschäftigung und Bildung Volkswirtschaften bei der Diversifizierung ihrer Exporte hilft.
Mehr Frauen in die Aufsichtsgremien der Banken zu berufen, kann ein kuscheliges Gruppendenken verhindern und so für größere Stabilität und Robustheit im Finanzsektor sorgen. Und die Verringerung der Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern verringert zugleich auch die Ungleichheit bei den Einkommen, was ein nachhaltigeres Wachstum ermöglicht.
Die Kluft zwischen den Geschlechtern zu schließen, mag wie eine große Aufgabe erscheinen, doch es ist unverzichtbar, um langfristig wirtschaftliche Entwicklung und Wohlstand zu gewährleisten. Die Herausforderung liegt für alle Länder daher darin, die Talente all ihrer Bürgerinnen und Bürger bestmöglich zu nutzen.
Gesellschaftlicher Wandel
Das Potenzial der Frauen auszuschöpfen, ist eine universale Mission. Doch sind einige der Hürden, die Frauen behindern, ebenfalls universeller Art. Erstaunlicherweise stehen in fast 90% aller Länder geschlechtsbedingte rechtliche Beschränkungen in den Gesetzbüchern. In einigen Ländern haben Frauen im Vergleich zu Männern noch immer eingeschränkte Eigentumsrechte; in anderen hat der Ehemann das Recht, seiner Frau eine Erwerbstätigkeit zu untersagen.
Über diese rechtlichen Hürden hinaus haben es Frauen zudem mit gesellschaftlichen und kulturellen Hindernissen zu tun, die ihren Zugang zur Bildung, Erwerbstätigkeit und zu Kapital beschränken. Dies gilt insbesondere für Länder mit instabilen politischen Systemen.

Angesichts des wachsenden öffentlichen Bewusstseins ist es Zeit, konkrete Maßnahmen voranzutreiben, um Frauen zu helfen, eine Erwerbsbeschäftigung aufrechtzuerhalten, während sie Kinder aufziehen. Einen Eindruck, wie das aussehen könnte, vermittelt Norwegen, wo eine preiswerte Kinderbetreuung und Elternzeitprogramme sich als erfolgreich dabei erwiesen haben, sowohl Müttern wie Vätern eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Derartige Programme kosten Geld. Aber sie sind angesichts des enormen Beitrages erwerbstätiger Frauen zum Wirtschaftswachstum die Investition wert.

Zudem ändern Programme, die Frauen helfen, weiter zu arbeiten, auch die Rolle der Väter. In Norwegen und anderen Ländern, die eine ähnliche Politik verfolgen, beteiligen sich die Väter inzwischen zu gleichen Teilen an der Elternzeit und der Kindererziehung. Infolgedessen können mehr Frauen Führungsrollen bei der Arbeit und im öffentlichen Leben verfolgen.
Natürlich stehen Länder, die noch nicht Norwegens Grad wirtschaftlicher Entwicklung erreicht haben, in der Regel vor anderen geschlechtsbedingten Herausforderungen, darunter dem eingeschränkten Zugang zu Wasser und Bildung. Leider gibt es, obwohl viele Länder beim Grundschulzugang Fortschritte bei der Verringerung der Kluft zwischen den Geschlechtern gemacht haben, auf der Ebene der weiterführenden Schulen und Hochschulen noch viel zu tun. Solange diese Unterschiede bestehen, wird es Frauen nicht möglich sein, gleichberechtigt nach politischer und wirtschaftlicher Macht zu streben. Entsprechend hat Norwegen die weibliche Bildung zu einer Spitzenpriorität bei seinen internationalen Entwicklungsprogrammen gemacht.

Über die Bildung hinaus ist es wichtig, sicherzustellen, dass Frauen in den Entwicklungsländern Zugriff auf Kapital haben, denn dies versetzt sie in die Lage, sich uneingeschränkt – auch als Unternehmerinnen – wirtschaftlich zu betätigen. Wenn Frauen in die Lage versetzt werden, ihre eigenen Unternehmen zu gründen, können sie die

Innovation vorantreiben und ihren Ländern zu mehr Wohlstand verhelfen.

Weil die Teilnahme aller Geschlechter am Arbeitsmarkt für das Wachstum so wichtig ist, engagieren sich Organisationen wie der IWF dafür, Frauen durch Zusammenarbeit mit Regierungen weltweit wirtschaftlich zu stärken. Vom IWF unterstützte Programme in Ägypten und Jordanien etwa umfassen unter anderem Maßnahmen, um die Investitionen in öffentliche Kindergärten und ein sicheres öffentliches Verkehrswesen zu steigern.

Zusätzlich zu konkreten politischen Maßnahmen konzentriert sich der politische Diskurs heute zunehmend auf die Notwendigkeit eines breiter angelegten gesellschaftlichen Wandels. Und nun, da Bewegungen wie #Equalpay und #MeToo eine derartige Dynamik erreicht haben, sieht es aus, als könne dieser Wandel tatsächlich eintreten. Es ist inspirierend, zu erleben, dass so viele Frauen und Mädchen – und auch Männer – ihre Stimme gegen rückständige Einstellungen gegenüber Frauen erheben, die unser aller
Fortschritt behindern.

Angesichts der derzeitigen Erholung der Weltwirtschaft sollten die Regierungen nun die Grundlage für langfristiges Wachstum legen, indem sie die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Frauen überall ihr Potenzial voll ausschöpfen können. Diskriminierung und Missbrauch sind nicht länger hinnehmbar. Es ist Zeit, dass Frauen am Erfolg teilhaben.

* Erna Solberg ist Ministerpräsidentin Norwegens und Co-Vorsitzende der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums 2018. Christine Lagarde ist Geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds und Co-Vorsitzende der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums 2018. Aus dem Englischen von Jan Doolan.

© Project Syndicate, 2018.