Von unserer Korrespondentin Barbara Barkhausen
Australische Altenheime arbeiten in der Therapie mit Hühnern, die als Haustiere sogar auf den Rollatoren der Senioren mitfahren. Seitdem die Hühner im Einsatz sind, sehen die Pfleger große Fortschritte bei Menschen mit Depressionen und Demenz.
Im ersten Moment ist es ein ungewöhnlicher Anblick: Eine Gruppe Senioren sitzt im Altenheim, um sie herum gackert und scharrt es. Ein paar Hühner haben es sich direkt auf den Rollatoren der Senioren gemütlich gemacht. Eines hat seinen eigenen Korb, ein älterer Herr streicht ihm liebevoll über den Kopf. Aubrey Lavis ist einer der Senioren, die ein Huhn als Haustier „adoptiert“ haben. Er nennt seine Priscilla liebevoll „mein Mädchen“ und sagt über sie: „Sie ist einfach etwas Besonderes.“
Hühner als Haustiere im Altenheim – diese Idee entwickelte zuerst die britische Organisation Equal Arts. Gelebt wird sie derzeit in Australien. Die Whiddon Group, die im Bundesstaat New South Wales 18 Altenheime betreibt, hat das Programm mit dem Namen HenPower nach einer erfolgreichen Testphase in ihren Seniorenheimen eingeführt.
Hühner liefern Gesprächsstoff und Beschäftigung
In dem Programm kümmern sich die Senioren um Hühner, sammeln Eier oder malen die Tiere im Rahmen eines Kunstprogramms, das die Altenheime ebenfalls anbieten. Die ersten Erfahrungen waren sofort positiv, heißt es von der Whiddon Group. Dank den Hühnern verbringen die Senioren mehr Zeit an der frischen Luft und die Tiere bringen die älteren Menschen einander näher, da diese durch die Interaktion Gesprächsstoff und Beschäftigung zugleich haben.
Auch Kindergärten und Schulen beteiligen sich inzwischen an dem Programm und tauschen sich mit den Senioren zum Thema Hühnerhaltung aus. Solche Beziehungen zu anderen Teilen der Gesellschaft seien für das Wohlergehen und die Gesundheit älterer Menschen wesentlich, sagte die Leiterin der Forschungsabteilung der Gruppe, Karn Nelson. Soziale Isolation und Einsamkeit gehörten zu den größten Problemen älterer Menschen. Laut Nelson sind rund 40 Prozent älterer Australier davon betroffen, während nur 10 Prozent der allgemeinen Bevölkerung darunter leiden.
Tiere werden inzwischen häufig im Rahmen von Therapien eingesetzt. Doch kommen eher Katzen und Hunde zum Einsatz. „Einer der wichtigsten physiologischen Vorteile von Tieren ist, dass wir einen Anstieg an Oxytocin oder einen Oxytocin-Schub bekommen“, sagte die australische Psychologin Melanie Jones dem australischen Sender SBS. „Das ist unser Wohlfühl- oder Bindungshormon, das unsere Stressreaktion und unsere Stressphysiologie einschränkt.“ Wenn Menschen nicht gestresst seien, könnten sie besser mit Schmerzen umgehen. Patienten mit einer geringeren Mobilität seien so beispielsweise motiviert, aufzustehen und zu gehen. Die Pfleger in den Altenheimen beobachten im Alltag, dass es deswegen auch Menschen, die an Depressionen, Angstzuständen und Demenz leiden, durch die Hühner besser geht.
Dorf für Demenzkranke auf Tasmanien geplant
Neben dem Programm HenPower gibt es auch noch andere Initiativen für Senioren in Australien: So plant die australische Pensionskasse Hesta als Investor das erste Dorf für Demenzkranke auf der Insel Tasmanien. Dafür wird ein Areal in einem Stadtteil von Hobart abgeriegelt. Das echte Leben soll dort so authentisch wie möglich nachgebildet werden. Neben einem Café wird es einen Supermarkt, ein Kino, einen Schönheitssalon und angelegte Gärten geben. Rund 90 an Demenz erkrankte Senioren werden dort bis vermutlich Anfang 2019 einziehen.
Das neue Dorf in Australien will an die Erfolge einer ähnlichen Einrichtung in den Niederlanden anknüpfen. Das Dorf De Hogeweyk im kleinen Ort Weesp in der Nähe von Amsterdam soll die Lebenserwartung der Patienten erhöht haben. Außerdem sollen die Demenzkranken, die in der realistischen Kulisse leben, im Alltag weniger Medikamente benötigen.
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