Die Erde fast ein Glutofen, Roboter beherrschen die Welt, Epidemien wüten rund um den Globus. Stephen Hawking malt ein düsteres Bild von der Zukunft der Menschheit. Im Alter wird er zum großen Mahner.
Wenn Stephen Hawking etwas sagt, dann lauscht die Welt. Urknall, Schwarze Löcher – sein brillanter Geist läuft immer auf Hochtouren, auch wenn er körperlich durch seine Erkrankung schon lange nahezu komplett hilflos ist. Auffällig: Seit einiger Zeit widmet sich das Genie immer düstereren Prophezeiungen. Die Zukunft der Menschheit sei in großer Gefahr, warnt Hawking, der am 8. Januar 76 Jahre alt wird.
Die Erde werde einfach zu klein für so viele Menschen, sagte der Astrophysiker vor wenigen Wochen in einer Videobotschaft für eine Technologiemesse in Peking. In den vergangenen 200 Jahren sei die Bevölkerung exponentiell gewachsen. «Falls es so weiter geht, werden die Menschen im Jahr 2600 Schulter an Schulter stehen und der Stromverbrauch wird die Welt rot glühen lassen.»
Ein «potenzielles Armageddon» ließe sich aber vermeiden. «Der beste Weg für uns ist es, in den Weltraum zu ziehen und nach Wegen zu forschen, andere Planeten zu besiedeln.» Mond und Mars seien die nächstgelegenen Ziele für mögliche Kolonien. Aber auch das Sternsystem Alpha Centauri müsse für seine Tauglichkeit auf eine mögliche Besiedlung erforscht werden. Dorthin will Hawking gemeinsam mit dem russischen Unternehmer Jurij Milner eine Armee etwa briefmarkengroßer Raumschiffe auf eine 20-jährige Reise schicken.
Abwanderung ins All
Nicht nur das Bevölkerungswachstum macht Hawking große Sorgen. Intelligente Roboter, Atomkrieg und durch Gentechnik hergestellte Viren könnten zur Gefahr für die Menschheit werden, warnt er immer wieder. Hawking nannte den US-Präsidenten Donald Trump einen Demagogen, dessen Klimapolitik der Erde den Todesstoß versetzen könnte. «Früher oder später müssen wir zu den Sternen schauen.»
Viele Experten sehen das anders, darunter Astronaut Alexander Gerst. Zwar sieht auch der Deutsche zum Beispiel den Klimawandel als eine große Bedrohung, aber die Besiedlung anderer Himmelskörper hält er für Science-Fiction. «Es geht darum, dass wir lernen, wie wir unseren Planeten erhalten. Es gibt keinen Planeten B», sagte Gerst.
Hawking, der am 8. Januar 1942 in Oxford als Sohn eines Tropenarztes und einer Wirtschaftswissenschaftlerin geboren wurde, begeistert die Fachwelt mit seinen Theorien zum Ursprung des Kosmos und zu monströsen Schwarzen Löchern. «Ich möchte das Universum ganz und gar verstehen», sagte er. «Ich möchte wissen, warum es so ist, wie es ist, und warum es überhaupt existiert.» Als kürzlich die Universität Cambridge erstmals Hawkings Doktorarbeit kostenlos online veröffentlichte, brachte der Ansturm die Website zum Absturz. Bei Laien machte ihn vor allem sein 1988 veröffentlichtes Buch «Eine kurze Geschichte der Zeit» populär.
Gegensätze
Das Genie argwöhnt, dass sein Erfolg auch an seiner Krankheit liege. «Ich bin der Archetypus eines behinderten Genies», sagte er dem Sender BBC. «Die Menschen sind fasziniert von dem Gegensatz zwischen meinen extrem eingeschränkten körperlichen Fähigkeiten und den gewaltigen Ausmaßen des Universums, mit dem ich mich beschäftige.»
Hawking leidet an der unheilbaren Muskel- und Nervenkrankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose). Er ist seit Jahrzehnten nahezu bewegungsunfähig und verständigt sich mit Hilfe eines Computers. Trotz seiner schweren Erkrankung wurde er 1979 Professor für Mathematik an der britischen Universität Cambridge. Mehr als 30 Jahre lang hatte er dort den berühmten Lucasischen Lehrstuhl für Mathematik inne.
1995 heiratete Hawking seine Pflegerin, die Ehe scheiterte nach elf Jahren. Zuvor war er 30 Jahre lang mit seiner Jugendliebe verheiratet, mit der er drei Kinder hat. Sie nannte ihn später einen Haustyrannen: «Sein Ruhm trug ihn aus dem Orbit unserer Familie.» Schwierigste Forschungsfragen konnte Hawking lösen. Doch Frauen seien ihm nach wie vor ein komplettes Rätsel, sagte Hawking einmal der Fachzeitschrift «New Scientist».
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können