Die Welt der Musik ist riesig. Es gibt Hunderte Musikrichtungen. Einige sind sehr präsent und uns geläufig, wie Jazz, Pop und Rock. Andere wiederum sind geradezu obskur.
Was ist Musik? Der Duden definiert Musik als die «Kunst, Töne in bestimmter (geschichtlich bedingter) Gesetzmäßigkeit hinsichtlich Rhythmus, Melodie, Harmonie zu einer Gruppe von Klängen und zu einer stilistisch eigenständigen Komposition zu ordnen; Tonkunst». Diese Definition ist naturgemäß sehr vage. Es geht darum, Töne auf eine (un)bestimmte Art und Weise anzuordnen. Was aber als Musik empfunden wird, ist von Person zu Person unterschiedlich. Selbst ein und dieselbe Person kann zu einem Zeitpunkt ihres Lebens etwas als Musik empfinden und zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr.
Zum Glück gibt es eine Unzahl verschiedener Musikgenres, aus denen wir auswählen können. Und: Das Internet ermöglicht es – vorausgesetzt, man verfügt über das Know-how –, Musik für andere bereitzustellen, auch wenn sie nicht massentauglich ist und damit nicht interessant für die großen Musikverlage.
Die folgenden Musikgenres sind denn auch v.a. im Internet zu finden, zum Beispiel auf der Video-Plattform Youtube, wo sie, egal wie obskur oder bizarr sie auch sein mögen, ein Millionenpublikum finden.
Nightcore
Man nehme einen Popsong (am liebsten aber Eurodance), beschleunige ihn um rund 20 Prozent und erhöhe dadurch die Tonhöhe. Man lege einen knackigen Bass darunter und mische es ab. Dann füge man ein Bild von Manga-Mädchen mit möglichst großer Oberweite hinzu und lade das Ganze ins Internet. Fertig ist ein Nightcore-Hit. Die Online-Enzyklopädie Wikipedia datiert die Entstehung von Nightcore auf die frühen 2000er-Jahre und führt sie auf ein Schulprojekt zweier norwegischer DJs zurück, die sich an der deutschen Techno-Band Scooter inspirierten.
Porngrind
Ah, Porngrind! Das verstopfte Klo unter den Musikrichtungen. Porngrind ist ein Subgenre des Grindcore und kam in den 1990ern auf. Es vermischt die kurzen, gitarre- und schlagzeuglastigen Stücke des Grindcore mit gegrunzten pornografischen Songtexten. Porngrind ist der vielleicht beste Grund, warum man die Frage nach der Lieblingsmusik nicht mit «Ich höre eigentlich alles» beantworten sollte.
Drone
Dank des Einflusses, den Drone auf die hohe Kunst der lauten Gitarrenmusik hatte, dürfte diese Musikrichtung vor allem Freunden des Metal ein Begriff sein (z.B. Sunn O)))). Drone ist ein minimalistisches Genre, das sich durch die Benutzung von sehr lange gehaltenen, oft tiefen, brummenden Tönen auszeichnet, und hatte bei seiner Entstehung in den 1960ern mit Metal überhaupt nichts am Hut. In den 60ern inspirierte sich La Monte Young für seine Drone-Musik bei der klassischen indischen Musik, und sogar John Cale von Velvet Underground experimentierte damit und veröffentlichte 1966 den Track «Loop» unter dem Namen seiner Band.
Musique concrète
Die Musique concrète ist die älteste und vielleicht außergewöhnlichste Musikrichtung dieser Liste. Die Komponisten verwendeten Alltagsgeräusche («das Konkrete») und manipulierten und arrangierten die Aufnahmen, etwa indem sie die Geschwindigkeit veränderten oder Schleifen erzeugten. Aus dem Konkreten wurde so etwas Abstraktes. Die ersten Musiker der Musique concrète nutzten hierzu noch Schallplatten. Die Musique concrète entwickelte sich in den 40er-Jahren des letzten Jahrhunderts in Paris, wo der «Club d’essai» des RDF (heute TF1) unter der Ägide von Pierre Schaeffer damit experimentierte.
Vaporwave
Dieses Musikgenre ist eine Kreuzung zwischen Fahrstuhlmusik, Smooth Jazz und dem Hintergrundgedudel in der Lobby eines Mittelklassehotels. Vaperwave-Künstler sind besessen von der Ästhetik der 80er und mehr noch der 90er. Die Videos zu den Musikstücken zeugen oft von den Anfängen der 3D-Animation in den frühen 90er-Jahren. Manch einer glaubt, im Vaporwave auch eine Kritik an Konsumerismus und Pop-Kultur zu sehen und das Magazin Pitchfork nannte Vaporwave sogar einen «satirischen Sprössling der Chillwave». Maßgeblich zur Verbreitung des Genres beigetragen hat die US-amerikanische Künstlerin Vektroid.
Witchhouse
Die Künstler dieses Genres machen es einem nicht gerade leicht, sie zu finden. Mit Vorliebe kodieren sie ihre Namen und die ihrer Lieder, indem sie lateinische Buchstaben durch Symbole oder Schriftzeichen anderer Schriftsysteme ersetzen, die den Original-Buchstaben optisch ähneln. So wird aus einem A ein griechisches Delta, aus einem E ein großes Sigma und aus einem R ein kyrillisches Ja. Die Musik selbst setzt sich zusammen aus «unheimlichen» elektronischen Melodien, mit denen man einen Horrorfilm vertonen könnte, und «verstümmelten» Hip-Hop-Elementen. Die dazu passenden Videos sind meist Kollagen aus okkulter und religiöser Symbolik. Kurz: Witchhouse ist nicht die Art von Musik, die man in den Ohren haben will, wenn man sich nachts im dunklen Wald verirrt.
Brostep
Spätestens seit dem kommerziellen Erfolg des US-amerikanischen Produzenten und DJ Skrillex dürfte Dubstep vielen Menschen ein Begriff sein. Dubstep entstand zur Jahrtausendwende in England. Das bekannteste Charakteristikum dieses Genres sind die sogenannten «Wobble-Effekte», mit denen der Bass moduliert wird. Brostep ist die kleine, ungezogene amerikanische Schwester des Dubstep: laut, aggressiv und intensiv … und das, was viele Menschen eigentlich meinen, wenn sie von Dubstep sprechen.
Chillwave
Wer es lieber ruhiger mag, für den könnte dieses Genre etwas sein. Mit seinen verträumten Retropop-Melodien, niedrigen Tempi und den hin und wieder gehauchten Textpassagen ist Chillwave die erotische Massage unter den Musikrichtungen. Wem das «Retro» von herkömmlichem Chillwave nicht ausreicht, der kann das Adjektiv «lo-fi» (low fidelity) davorsetzen und erhält noch das schöne – digital eingefügte – Knistern einer Schallplatte zu seiner Musik.
Nerdcore
Rapper sind fiese Typen, die mit Luxus-Autos, Waffen, Geldscheinen und Frauen posieren und darüber singen, wie taff sie sind? Ganz abgesehen davon, dass dieses Klischee nur auf die wenigsten Rapper zutrifft: Nerdcore ist das glatte Gegenteil. Hier geht es meistens um Computer, Videospiele, «Star Wars» und die Alltagsprobleme von Nerds. In den sehr frühen 2000ern veröffentlichte der Hip-Hop-Musiker MC Frontalot aus Brooklyn «Nerdcore Hiphop» und machte das Genre «bekannt». Frei nach dem Motto «Gangster schreibt sich mit -er am Ende» nehmen Nerdcore-Rapper seitdem sich selbst und den Hip-Hop auf die Schippe.
Diese Liste ist weit davon entfernt, komplett zu sein, und die Genres eher zufällig gewählt. Die sehr empfehlenswerte Internetseite everynoise.com liefert eine «Karte» mit 1.538 verschiedenen Musikrichtungen sowie den passenden Künstlern und Hörbeispielen, angeordnet nach ihrer Ähnlichkeit zueinander. Würden Sie sich vornehmen, jeden Tag einen neuen Musikstil kennenzulernen, wären Sie also mehr als vier Jahre beschäftigt.
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