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Slowenien und Kroatien segeln im Grenzstreit auf Crash-Kurs

Slowenien und Kroatien segeln im Grenzstreit auf Crash-Kurs

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Im Grenzstreit zwischen Slowenien und Kroatien in der Bucht von Piran auf der Halbinsel Istrien an der nördlichen Adria stehen die Zeichen auf Sturm und sogar auf bewaffnete Zusammenstöße. Von Freitag an will Slowenien ein Urteil des internationalen Schiedsgerichts vom letzten Sommer umsetzen, das dem Alpen-Adria-Land zwei Drittel der Bucht zuspricht. Die Polizei werde dann die Kontrolle über «unser Meer» übernehmen, hat Regierungschef Miro Cerar angekündigt. Kroatien dürfte sich zur Wehr setzen, weil es das Schiedsurteil als «null und nichtig» ansieht.

Die EU hatte viel Energie darauf verwendet, die beiden Streithähne vor acht Jahren in ein Schiedsverfahren zu zwingen, um den seit einem Vierteljahrhundert ausgetragenen Streit beizulegen. Weil Slowenien massiv gegen die Verfahrensregeln verstoßen hatte, war Kroatien bereits 2015 aus diesem Prozess ausgestiegen. Trotzdem fällte das Gericht im Sommer seine Entscheidung: Auf dem Meer bekam Slowenien weitgehend Recht und damit einen Zugang zum offenen Meer. Bei der Ziehung der Landesgrenze kam Kroatien dagegen besser weg.

Schikanen und Provokationen

«Slowenien hat die ganze EU auf seiner Seite, Kroatien ist allein», beschrieb das kroatische Nachrichtenportal «Index» die Lage. Und es könnte für Zagreb noch schlimmer kommen. Slowenien hat inzwischen angekündigt, den kroatischen Beitritt zum visafreien Schengenraum ebenso zu blockieren wie zur Eurozone oder zur Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD). An den Weihnachtsfeiertagen klagten auch viele ausländische Touristen über kilometerlange Staus vor der slowenisch-kroatischen Grenze. Zagreb spricht von Schikanen des Nachbarlandes, um dem Tourismus zu schaden.

Dabei wird hinter vorgehaltener Hand eine Lösung nach dem Beispiel des jahrhundertealten Grenzkonflikts zwischen den Niederlanden und Deutschland in der Emsmündung in Norddeutschland als Ausweg gehandelt. Den Haag und Berlin hatten 2014 einen Vertrag geschlossen, in dem die exakte Grenze in der Meeresbucht Dollart weiter offen bleibt. Beide Seiten kamen aber überein, alle Fragen einvernehmlich zu lösen. So gibt es beispielsweise eine eigene bilaterale «Schifffahrtsordnung Emsmündung». Eine solche Blaupause «wäre im allerbesten Interesse von Kroaten und Slowenen», schrieb «Index» in Zagreb.

Müssen Gerichte klären?

Slowenien pocht auf «europäisches und internationales Recht» und damit auf die Erfüllung des Schiedsspruchs. Es will jetzt in der Bucht von Piran die einige Dutzend kroatischen Fischer hindern, «slowenische Hoheitsgewässer» ohne Erlaubnis zu durchfahren. Gleichzeitig bietet Ljubljana einigen Dutzend Bürgern an, auf Staatskosten umzuziehen, weil ihre Häuser und Äcker nach dem Schiedsspruch Kroatien zugesprochen wurden. Sollte Kroatien nicht einlenken, will man den Nachbarn vor internationalen Gerichten verklagen.

Warum ist Kroatien so unbeweglich in der Grenzfrage, obwohl das Land allein auf dem Festland knapp 1 800 Kilometer Küste und Slowenien nur 47 Kilometer besitzt? Beobachter erklären das mit einem tiefen nationalen Trauma durch den Bürgerkrieg zwischen 1991 und 1995. Damals hatte die serbische Minderheit, die etwa 12 Prozent der Gesamtbevölkerung stellte, mehr als ein Drittel des Landes abgespalten. Seitdem gilt das Mantra «kein Zentimeter kroatischen Bodens darf aufgegeben werden».