Von John Dyer
Wenn der US-Kongress die Steuerreform verabschiedet, dann muss er sich auf eine Behörde verlassen, welche die Republikaner am liebsten abschaffen würden: die Steuerbehörde IRS. Diese ist nach vielen Budgetkürzungen schon heute überlastet.
Die Steuerreform der Regierung Trump steht kurz vor der Verabschiedung im amerikanischen Kongress. Um 1,5 Billionen Dollar (1,27 Billionen Euro) soll die Steuerlast reduziert werden. Die neuen Tarife mit allen dazugehörigen Ausführungsbestimmungen muss die nationale Steuerbehörde, der Internal Revenue Service (IRS), umsetzen. Mehr noch, er muss die neue Verfahrensweise auch seinen «Kunden», den Steuerzahlern, erklären und Handreichungen zu den neuen Steuerformularen ausarbeiten sowie veröffentlichen.
Nach einer Woche in Kraft
Kernstück der Steuerreform ist die Senkung der Unternehmenssteuer von 35 auf 21 Prozent. Aber auch für den einzelnen Steuerzahler wird alles anders. Steuerbefreiungen sollen zum Teil verschwinden, Grundfreibeträge ändern sich bei der Lohn- und Einkommenssteuer wie bei Freiberuflern.
Ist das Gesetz in beiden Häusern des Kongresses beschlossen und von Präsident Donald Trump unterzeichnet, soll es eine Woche später in Kraft treten. Doch noch weiß niemand beim IRS, was im neuen «Tax Code», dem Steuergesetz, wirklich drinstehen wird. Denn im Kongress wurden Einzelheiten so gut wie gar nicht debattiert. Das bedeutet, dass die neuen Verfahren erst erarbeitet werden können, wenn das Gesetz schon in Kraft ist. Und da sich so viel ändern wird, durfte fast jeder Beschäftigte in den USA ein neues Steuerformular für den Arbeitgeber ausfüllen.
Personalabteilungen in Panik
Die American Payroll Association, der Verband der Mitarbeiter in Personalabteilungen, ist besorgt. «Unsere Mitglieder geraten in Panik, wegen sich selbst, aber auch wegen Millionen von Angestellten, wenn sie daran denken, wie sich die Steuerabzüge 2018 vollziehen lassen nach einem Gesetz, das eine Woche nach Unterzeichnung in Kraft treten soll», erklärte der Berufsverband.
Die IRS-Mitarbeiter stehen vor einer Herkulesaufgabe. Und das mit zu wenig Personal. Die Steuerkritiker unter den Republikanern im US-Kongress haben in den vergangenen sieben Jahren durchgesetzt, dass der Haushaltsposten von IRS um 17 Prozent beschnitten wurde. Die Zahl der Mitarbeiter ist in dieser Zeit um 25 Prozent oder 21.000 Arbeitsplätze geschrumpft. In der gleichen Zeit hat die Zahl der Steuererklärungen um zehn Millionen zugenommen.
Reagan stellte mehr Beamte ein
Und Präsident Trump will den Haushalt des IRS noch weiter kürzen. Er mag den IRS nicht. Er bezahle «so wenig wie möglich», sagte Trump, als er sich weigerte, seine eigenen Steuererklärungen offenzulegen, wie es alle Präsidenten vor ihm getan hatten. Und er meinte, das sei eben «die amerikanische Art».
Die letzte große Steuerreform hatte Präsident Ronald Reagan auf den Weg gebracht. Er überblickte die Folgen und hob die Stellenzahl beim IRS um 2.100 Posten an. Wenn die Finanzausstattung der Steuerbehörde weiter gekürzt werde, die Mitarbeiter aber mehr arbeiten müssten, «dann kann der IRS ganz einfach nicht arbeiten», sagte John Koskinen, IRS-Chef, der im November zurücktrat. Schon jetzt habe man nicht genügend Personal für die anfallende Arbeit.
Nicht an Schlupflöcher gedacht
Die amerikanische Steuergesetzgebung ist so kompliziert, dass Firmeneigner und andere, die ihre Steuerklärung selbst einreichen müssen, daran verzweifeln. 60 Prozent dieser Erklärungen werden deshalb von Steuerberatern erstellt, berichtet der IRS. Den Steuerberatern geht es vor allem darum, zum Nutzen ihrer Kunden nach Möglichkeiten zur Steuervermeidung zu suchen.
Darüber habe man sich in der Regierung aber noch keine Gedanken gemacht, glaubt David Kamin, ehemaliger Obama-Berater und heute Jura-Professor an der Universität New York. Er gehe davon aus, dass die Steuer-Mindereinnahmen noch viel größer sein werden als veranschlagt.
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