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Auf in die zweite Etappe – aber wie?

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Die erste Etappe ist endlich geschafft – an diesem Freitag will die Europäische Union das Startsignal zur Ausweitung der Brexit-Verhandlungen geben. Allerdings dürfte die nächste Runde im neuen Jahr kaum einfacher werden als das Gezerre der vergangenen Monate. Denn bei wesentlichen Fragen reden die EU und Großbritannien mit Vorliebe aneinander vorbei. Wie soll es weiter gehen? Ein kleiner Leitfaden zu den Positionen beider Seiten:

Das erste Kompromisspapier – Liest jeder, wie er will

LONDON: Nach dem von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der britischen Premierministerin Theresa May verkündeten Durchbruch vorige Woche folgte sofort neuer Zwist. Brexit-Minister David Davis fuhr nach Hause und sagte, man werde die gerade zugesagten Zahlungen von bis zu 45 Milliarden Euro an die EU nur leisten, wenn ein Handelsvertrag zustande komme. Die Bedeutung der Zugeständnisse im Kompromisspapier spielte er herunter, heißt es doch darin: «Nichts ist abgemacht, bevor alles abgemacht ist.»

BRÜSSEL: Natürlich weiß auch die EU: Der Austrittsvertrag ist noch nicht fertig und er gilt erst, wenn er unterschrieben und ratifiziert ist. Trotzdem reagierte man in Brüssel verärgert. Davis› Äußerungen seien «nicht hilfreich und höhlen das Vertrauen aus», schäumte nicht nur der Brexit-Beauftragte des EU-Parlaments, Guy Verhofstadt. Die EU will nun so schnell wie möglich das Kompromisspapier in einen juristisch wasserdichten Vertragsentwurf übersetzen und damit die Briten so weit wie möglich festlegen.

Die Irlandfrage – Alles geklärt oder doch nicht?

LONDON: Die Briten garantieren eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland. Nur, wie sie das anstellen wollen, bleibt ein Rätsel. In dem Kompromisspapier werden drei Möglichkeiten genannt: London will alles mit dem gewünschten Handelsabkommen regeln; wenn das nicht klappt, will man «spezifische Lösungen» vorschlagen; wenn das nicht klappt, will Großbritannien, so weit zur Vermeidung der Grenze nötig, die Regeln des EU-Binnenmarkts und der Zollunion beibehalten, die man doch eigentlich verlassen will – die Rede ist auf Englisch von «full alignment».

BRÜSSEL: Auf der EU-Seite liest man Optionen eins und zwei als Wunschdenken und Option drei mit Verwunderung. Lässt das etwa die Möglichkeit offen, dass Großbritannien den Binnenmarkt und die Zollunion nur auf dem Papier verlässt? Einige in Brüssel interpretieren das so und werten es als große Blamage für die britische Regierung.

Die nächste Verhandlungsphase – Fahrt in den Nebel

LONDON: Rasch soll die künftige Partnerschaft geklärt werden, noch vor dem Brexit am 29. März 2019. «Dem Austrittsabkommen folgen, kurz nachdem wir raus sind, ein oder mehrere Abkommen, die verschiedene Aspekte der künftigen Beziehung abdecken», teilte Brexit-Minister Davis offiziell mit. Der BBC sagte er, er erwarte schon zum Austritt ein substanzielles und unterschriftsreifes Handelsabkommen. Die Gespräche darüber würden einfach, glaubt London. Denn alle Vorschriften seien ja auf beiden Seiten gleich. Auf langwierige Verhandlungen könne man daher verzichten.

BRÜSSEL: Die EU sieht das völlig anders. Davis «weiß sehr genau, was möglich ist und was nicht möglich ist», sagte EU-Unterhändler Michel Barnier. Vor dem Brexit werde es nur das Austrittsabkommen geben, flankiert mit einer «politischen Erklärung» zum Rahmen der künftigen Beziehungen. Der Abschluss eines detaillierten Handelsabkommens brauche «mehr Zeit». Will sagen: Jahre. Auch deshalb soll es eine Übergangsphase von etwa zwei Jahren geben. Politisch heißt das aber: Großbritannien müsste die Pflichten des Austrittsabkommens erfüllen, ohne dass ein konkreter Zukunftsvertrag steht.

Das künftige Verhältnis – Wie soll das aussehen?

LONDON: Nächste Woche will die Regierung erstmals umfassend darüber beraten, wie sie sich die künftige Beziehung zur EU vorstellt. Klar ist, dass Großbritannien den Binnenmarkt und die Zollunion verlassen will, um Zuwanderung selbst steuern und eigene Handelsverträge abschließen zu können. Trotzdem sollen Waren und Dienstleistungen ungehindert zwischen Großbritannien und dem Kontinent gehandelt werden. Das bezeichnet Davis in Anlehnung an den EU-Freihandelsvertrag mit Kanada als «Ceta plus plus plus» – also eine deutlich verbesserte, besondere Variante.

BRÜSSEL: Barnier sprach zuletzt ebenfalls von Ceta – allerdings ohne plus plus plus. Mehr als der kanadische Handelspakt sei durch die britische Abkehr von den Regeln des Binnenmarkts und der Zollunion ausgeschlossen. Die EU weckt vor allem Zweifel, dass sie britischen Finanzdienstleistern weiter Privilegien auf dem Binnenmarkt gewährt. In Brüssel gilt der Grundsatz: Ein Land außerhalb der EU kann nicht dieselben Vorteile genießen wie ein Mitglied. Der Austritt soll einen Preis haben.