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Moralisches Vorbild

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Robert Schneider fand in Jean Asselborns Äußerungen zum Tag der Menschenrechte viel Richtiges, hat aber auch einiges vermisst.

Zum Welttag der Menschenrechte nahm Außenminister Jean Asselborn an einer Konferenz von Amnesty International Luxemburg teil, die unter dem Motto «Défenseur-e-s des droits humains et politique étrangère» stattfand, und sprach bei dieser Gelegenheit ausführlich zum Thema.

Zu Recht verwies er darauf, dass der noch vor Jahren bestehende und sich ausbreitende Konsensus zur Anerkennung der Menschenrechte, wie sie z.B. von den Vereinten Nationen formuliert wurden (die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte wird sich übrigens zum 70. Mal jähren, was Anlass zu einer groß angelegten einjährigen Sensibilisierungskampagne bieten wird), also eine Dynamik, die hin zu einem emanzipatorischen Durchbruch zu führen schien, dabei ist, gebrochen zu werden und sich wieder in die andere Richtung entwickelt.

Asselborn dokumentierte diese These mit jüngsten Entwicklungen in Afrika, wo die spürbare demokratische Erneuerung durch Staatschefs, die sich mit allen Mitteln an die Macht klammern, zerstört wird, in Zentralasien, wo sich postsowjetische Gesellschaften in autoritäre Kleptokratien verwandeln, in Lateinamerika, wo sich das Phänomen der Unterdrückung durch Gewalt generalisiere … Er überging aber auch Europa nicht und verwies auf populistische, nationalistische und autoritäre Bewegungen, die nichts mit «unserem Verständnis einer demokratischen und offenen Gesellschaft gemein haben».
Und er verwies auf die Türkei, einen Staat, der die Kopenhagener Kriterien nicht erfülle (diese sehen u.a. stabile, die Demokratie garantierende Institutionen vor, über die Beitrittskandidaten zur EU verfügen müssen) und somit keine Chance auf einen Beitritt habe. Auch Mitgliedstaaten verschonte der Außenminister nicht in seiner Aufzählung von Negativbeispielen und erwähnte Ungarn und Polen, in denen mittlerweile die Pressefreiheit nicht mehr gewährleistet ist.

Besonders diese letztgenannten Beispiele schadeten der Union nach innen, durch verheerende Auswirkungen auf das tägliche Leben von Millionen verletzbaren Menschen: Asylbewerbern, sexuellen Minderheiten, Migranten …

Aber auch nach außen würde die Union an Glaubwürdigkeit, an moralischer Stärke verlieren. Auch wenn die oben zitierten Aussagen von Asselborn von einer gewissen Stichhaltigkeit sind, so darf zumindest die bisherige moralische Kraft und Größe mit Skepsis betrachtet werden. Verloren geht damit auch die Hoffnung zahlreicher Asylbewerber aus afrikanischen Kriegsgebieten, aus Ländern mit dramatischem wirtschaftlichen Notstand, die nach lebensgefährlicher und oft genug lebensnehmender „Reise“ entweder schon mit EU-Beihilfe in Libyen in menschenunwürdigen Lagern „aufgefangen“ werden, im Mittelmeer ertrinken oder – sollten sie ihr Ziel erreichen – meist in einer Schattenwelt leben müssen, die ihnen kaum bessere Perspektiven bietet als ihre Heimatländer.

Dass sie flüchten mussten, hat allzu oft mit europäischen Außenhandelspraktiken zu tun, durch die besagte Menschen zusätzlich ausgebeutet werden. Weitaus ärmere Staaten als die europäischen nehmen übrigens im Verhältnis weitaus mehr Flüchtlinge auf als die EU. Die Doppelmoral der Europäischen Union – auch außerhalb der beiden außenministerlich gescholtenen Staaten – anzusprechen, vermissten wir in Asselborns Statement.

Auch diese führte und führt zu Menschenrechtsverletzungen dramatischen Ausmaßes …