Der Dezember ist der Monat der wirtschaftlichen Ausblicke. Wie wird das neue Jahr? Welche Bereiche der Wirtschaft werden schneller drehen, welche langsamer? Diese Fragen stellen sich nicht nur Fondsmanager, die das Geld ihrer Kunden möglichst gewinnbringend anlegen wollen, auch Politiker brauchen diese Vorhersagen, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können.
In einem Punkt sind sich alle einig: Das abgelaufene Jahr war ein sehr gutes und die Zeichen stehen weiterhin auf Wachstum, nicht nur in Luxemburg und Europa, sondern in fast allen Gegenden der Welt. Die „große globale Finanzkrise“ der Jahre 2007-2008 scheint endgültig vorbei zu sein. Die Notenbanken schalten schrittweise aus dem Krisenmodus zurück. Für die kommende Woche wird in den USA eine weitere Leitzinserhöhung erwartet, in Europa denkt Mario Draghi daran, die Anleihenkäufe schrittweise zurückzufahren. „Wir befinden uns in der expansiven Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs“, meinte Serge Allegrezza, der Direktor des Statec, bei der Vorstellung der „Note de conjoncture“. Doch das Wachstum würde nicht ewig anhalten. „Die Bäume wachsen nicht in den Himmel.“
Dies sah auch der „Global Market Strategist“ des Vermögensverwalters JPMorgan so, als er in der vergangenen Woche nach Luxemburg kam. Auch er sprach davon, dass es „nach oben sehr wohl Grenzen“ gebe. „Eines Tages wird sich das Wachstum wieder abbremsen“, so der Experte. Und die Vermögensverwalter werden wieder „schmerzhafte Momente erleben“.
Doch so weit ist es noch nicht, auch wenn Ökonomen des Statec den „Wachstumspeak auf uns zukommen sehen“. Damit haben sie wohl recht. Dass eine erneute Rezession kommen wird, steht außer Frage, wann sie kommen wird, steht jedoch noch in den Sternen. Nachdem die globale Wirtschaft das Platzen der „Dotcom-Blase“ verkraftet hatte, sind die Börsenbarometer am Anfang des neuen Jahrtausends ebenfalls wieder gestiegen. Während der Jahre vor der „Großen Finanzkrise“ standen auch alle Zeichen auf Wachstum.
Daraus lässt sich eine ganz einfache Feststellung ableiten: Je weiter die letzte Krise zurückliegt, desto näher ist die nächste. Es wäre aber wünschenswert, dass der Aufschwung noch einige Zeit anhalten würde. Denn er ist noch nicht bis zu denen vorgedrungen, die ihn mit ihrer Arbeit geschaffen haben: den Lohnempfängern.
Die Arbeitslosigkeit ist zwar zurückgegangen und die Beschäftigung hat zugenommen. Immer mehr Menschen haben also ein Einkommen. Doch die Höhe der Löhne hinkt der wirtschaftlichen Entwicklung hinterher. Die Einstiegsgehälter sind nicht mehr so hoch wie früher.
Ehe die Börsen dieser Welt wieder auf Talfahrt gehen, sollten die Gehälter steigen. Mehr Geld unter den Leuten wirkt so wie ein Konjunkturprogramm der Zentralbanken. Das zusätzliche Geld wird in die Wirtschaft gepumpt oder landet bei den Banken, die es an Unternehmen weiterreichen können. Wenn die Krise erst mal wieder da ist, ist es für Lohnerhöhungen zu spät. Denn die Ersten, die bei einer Krise „schmerzhafte Momente“ erleben, sind die Lohnempfänger.
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